Die Mutter der Pixel

Geschrieben am 15.09.2015 von

1983 begann die junge Designerin Susan Kare ihre Arbeit in dem Team der Firma Apple, das die Software des Computers Macintosh entwickelte. Hier schuf sie Schrifttypen und Bildsymbole für die grafische Benutzeroberfläche. 1985 folgte sie Steve Jobs zu dessen Neugründung NeXT. Seit 1989 freiberuflich tätig, ist Susan Kare heute die vermutlich einflussreichste Gestalterin der Softwarebranche.

Die Geschichte der grafischen Benutzeroberfläche oder GUI („Graphical User Interface“) begann in den 1970er Jahren im Forschungszentrum PARC der Bürotechnik-Firma Xerox, das in Kalifornien die Zukunft des Computers suchte. Hier entstand unter anderem der Rechner Alto, der schon mit Maus und Monitor-Menüs bedient werden konnte. Das GUI-Konzept ging 1981 in die Workstation Xerox Star und 1983 in den Computer Apple Lisa ein, die aber beide auf dem Markt durchfielen. Der weltweite Erfolg kam erst 1984 mit dem revolutionären Apple Macintosh.

Zu den Software-Entwicklern des Macintosh zählte der 1953 in Philadelphia geborene Andy Hertzfeld. Als Hertzfeld Ende 1982 jemanden für die Gestaltung der gepixelten Monitorgrafiken suchte, rief er eine frühere Klassenkameradin an, die es wie ihn nach Kalifornien verschlagen hatte. Susan Kare arbeitete nach Schulzeit, Grafikstudium und Promotion in Kunstgeschichte in einem großen Museum in San Francisco. Sie war aber nicht recht glücklich in ihrem Job und stellte sich bei Apple vor, wobei sie Skizzen auf Rechenpapier mitbrachte.

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Ihre Skizzen überzeugten, sodass sie blieb und mit der Arbeit begann. Zu ihren ersten Macintosh-Entwürfen zählten die Schriften Elefont, Overbrook, Merion, Ardmore und Rosemont, die allerdings nach Einspruch von Apple-Chef Steve Jobs nach Chicago, London, New York und anderen Weltstädten benannt wurden. Danach nahm sich Susan Kare der „Icons“ zur Bedienung des Computers an, wobei sie an kunstgeschichtliche Vorläufer wie zum Beispiel Mosaiken anknüpfte.

Legendär sind der lächelnde Mac, die Bombe mit der Zündschnur, die Uhr, die Diskette und der Papierkorb. Das Schleifenquadrat für die Apple-Befehlstaste fand sie aber in einem Symbollexikon; es stammt aus dem alten Skandinavien und diente später als Kennzeichen für Sehenswürdigkeiten. Für ihre Schriften schuf sie eine Fülle von „Dingbats“, darunter ein putziges Tiersymbol, das Merkmale von Hund und Rind vereint. Als Clarus die Hundekuh hat es inzwischen eine eigene Fangemeinde.

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Schon aus den 1980er Jahren sind Videos mit Susan Kare überliefert, so ihr Auftritt in der TV-Serie „Computer Chronicles“ (ab Minute 15:30) oder ein Apple-Werbespot; der junge Mann neben ihr ist Bill Atkinson, der unter anderem die Software MacPaint schrieb. In einem sehenswerten Film aus dem letzten Jahr berichtet sie über die wichtigsten Stationen ihrer Karriere, die sie von Apple zunächst zu der neuen Firma NeXT führte, die Steve Jobs 1985 nach seiner Trennung von Apple gründete.

1989 machte sich Susan Kare selbstständig und war anschließend für viele bedeutende Unternehmen aus dem IT-Bereich tätig. Für Microsoft zeichnete sie die Karten des Patience-Spiel „Klondike“, das zum ersten Mal mit dem Betriebssystem Windows 3.0 ausgeliefert wurde. Für ihr Werk erhielt sie 2001 den Chrysler Design Award; 2015 erwarb das Museum of Modern Art in New York ihre oben erwähnten Skizzenblätter und stellte sie in der Sonderschau „This Is For Everyone“ aus. (Der Titel geht auf den World-Wide-Web-Erfinder Tim Berners-Lee zurück.)

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Indirekt wirkte Susan Kare auf das Microsoft-Betriebssystem Windows 95 und seine Nachfolger ein (außer Windows 8 natürlich :-), womit ihr GUI-System mehr oder weniger einen Weltstandard schuf. Und zu Recht wird sie seit 2004 in der „Wall of Fame“ im 2. Obergeschoss des HNF aufgeführt, neben den männlichen Kollegen Alan Kay und Ivan Sutherland bei den Pionieren für Benutzeroberflächen.

Die Macintosh-Symbole in unserem Blogtext wurden www.kare.com entnommen.

 

 

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