Vom Imitationsspiel zum Lovelace-Test

Geschrieben am 18.09.2015 von

Wie lässt sich zeigen, dass ein Computer bzw. ein Computerprogramm Intelligenz besitzt oder denken kann? 1950 beschrieb der englische Mathematiker, Kryptologe und Computerpionier Alan Turing einen möglichen Nachweis, das Imitationsspiel. Seitdem diskutieren Forscher den „Turing-Test“ und wandten ihn auch schon auf reale Software an. 2001 wurde ein neues Kriterium für maschinelles Denken vorgeschlagen: der Lovelace-Test.    

Das Oktoberheft 1950 der englischen Philosophiezeitschrift Mind enthielt einen 28 Seiten langen Artikel Computing Machinery and Intelligence“, was man etwa mit „Rechentechnik und Verstand“ übersetzen kann. Er stammte vom englischen Computerpionier Alan Turing und ging der Frage nach, wie sich die geistigen Fähigkeiten einer Maschine ermitteln lassen. Turing schlug einen Test vor, das Imitationsspiel: Falls die Maschine im Dialog mit einem Prüfer, am besten per Fernschreiber, mit Erfolg einen Menschen vortäuscht, dann muss man ihr Denken zubilligen.

Alan Turing starb 1954 vermutlich durch Selbstmord. Zu jener Zeit konnte noch kein Computer das Imitationsspiel – das zu Ehren seines Erfinders auch Turing-Test genannt wird – auch nur ansatzweise spielen. Diese Möglichkeit ergab sich 1966, als der in Berlin geborene und am Massachusetts Institute of Technology lehrende Joseph Weizenbaum das Dialogprogramm ELIZA vorstellte. Die Software war der erste Chatbot der Informatik: Sie nahm Aussagen entgegen, die ein Mensch an einem Terminal eintippte, und zeigte am Monitor eine Antwort an.

ELIZA reagierte vor allem mit vorgefertigten Sätzen auf bestimmte Schlüsselwörter, und eine Version simulierte einen Psychologen. Weizenbaum sah mit Schrecken, dass manche Benutzer dem Programm Vertrauen entgegenbrachten und ein echtes Verständnis für ihre Sorgen und Nöte annahmen. Die Fachleute sprechen auch vom ELIZA-Effekt. Wer ihn einmal selbst erleben möchte, kann eine der vielen Installationen von Weizenbaums Geniestreich im Internet aufrufen.

Ab 1991 bewarben sich Schöpfer von Chatbots um einen Preis, den der Amerikaner Hugh Loebner für das menschenähnlichste Dialogprogramm ausgelobt hatte. 2014 gewann ihn sein Landsmann Bruce Wilcox mit dem Programm Rose und kassierte 4.000 Dollar. Die 25.000 Dollar für ein Programm, das einen Menschen imitiert, ohne als Kunstprodukt entlarvt zu werden, müssen aber noch gewonnen werden. Im Juni 2014 richtete die englische University of Reading einen Turing-ähnlichen Test aus, den ein russisches Programm bestand, das sich als der 13-jährige Eugene Goostman ausgab.

Viele Experten bezweifelten aber, dass das Programm das Imitiationsspiel wirklich gewann, und einige schlugen schon 2001 eine andere Prüfung für maschinelles Denken vor, den Lovelace-Test. Er ist nach der oben abgebildeten Ada Lovelace benannt, die das HNF seit dem 2. September in einer großen Sonderausstellung würdigt. Der neue Test verlangt den Nachweis einer kreativen Tätigkeit, zum Beispiel die Produktion einer Kurzgeschichte nach inhaltlichen Vorgaben. Wer glaubt, eine solche Software auf der Festplatte zu haben, findet hier die Regeln des Tests in seiner letzten Version.

Allerdings: Warum muss eine Maschine eigentlich einen Menschen imitieren, um als intelligent oder vernünftig zu gelten? Könnte es nicht eine „arteigene“ Form von Denken geben, die nur Computern zukommt, quasi ein Silizium-Bewusstsein? Autos haben keine Beine, sondern Räder, aber sie kommen dennoch vorwärts und viel schneller als Menschen. Vielleicht mal drüber nachdenken…

 

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