Happy Birthday, Donald Knuth
Geschrieben am 10.01.2018 von HNF
Er schrieb Tausende von Seiten über die Kunst des Programmierens und erfand ein weit verbreitetes System für das Desktop-Publishing. 1974 war er der jüngste Gewinner des Turing-Preises, des Nobelpreises der Informatik. Er ist auch ein hervorragender Organist und vertonte die Offenbarung des Johannes. Am 10. Januar wird der amerikanische Computerwissenschaftler Donald Knuth 80 Jahre alt.
In den 1950er-Jahren rief die Süßwarenfabrik Ziegler in Milwaukee einen Wettbewerb für Schüler aus. Sie suchte alle Worte, die sich aus den Buchstaben von „Ziegler’s Giant Bar“ bilden ließen. Der Schokoriegel war das Hauptprodukt der Firma. Nach einigen Wochen stand der Sieger fest. Der junge Mann hatte 4.500 Begriffe ermittelt. Zum Lohn erhielt seine High School einen Fernseher und „Giant Bars“ für alle Schüler.
Das war die erste wissenschaftliche Großtat von Donald Knuth. Geboren wurde er am 10. Januar 1938 in Milwaukee. Hier betrieb sein Vater eine kleine Druckerei und unterrichte an einer lutheranischen Schule; außerdem spielte er die Orgel im Gottesdienst. Donald erwog zunächst einen musikalischen Beruf, lernte Klavier und Orgel und blies die Tuba im Schulorchester. Ab 1956 studierte er aber Physik und dann Mathematik in Cleveland/Ohio. Dort entdeckte er auch den Computer.
Knuths technische Hochschule besaß einen Röhrenrechner vom Typ IBM 650. 1958 schrieb er ein Programm, das die Basketballspieler der Uni bewertete und siegreiche Mannschaften zusammenstellte. Es brachte Donald einen Auftritt in der Wochenschau und ein PR-Foto von IBM ein. 1960 setzte er sein Studium am California Institute of Technology in Pasadena fort. 1963 machte er seinen Doktor in Mathematik und blieb als Dozent. Daneben hatte er einen Beratervertrag mit der Computerfirma Burroughs.
1968 ging Knuth für ein Jahr an ein Forschungsinstitut in Princeton, wo er vor allem als Kryptologe arbeitete. Von 1969 lehrte er als Informatikprofessor an der Stanford-Universität, der Hochschule des Silicon Valley. Seit 1998 ist er emeritiert, er verbringt aber noch viel Zeit auf dem Campus. 1972/73 war er Gastprofessor in Oslo, von 2002 bis 2006 und zwischen 2011 und 2017 wirkte er in ähnlicher Funktion in Oxford. Ehrungen und Auszeichnungen besitzt er fast hundert; die wichtigste ist ohne Zweifel der Turing-Preis, den er 1974 als bisher jüngster Forscher erhielt.
1962 begann Donald Knuth die Arbeit an einem Fachbuch über Software. Daraus wurde „The Art of Computer Programming“, eine monumentale Einführung in die Kunst der Algorithmen. Knuth widmete das Werk seinem ersten Elektronenrechner, der IBM 650 in Cleveland. Band 1 erschien 1968, die nächsten zwei Bände folgten 1969 und 1973. 2011 kam Band 4A heraus. Daneben existieren diverse Ergänzungen zu 1 und 4A; Band 5 soll im Jahr 2025 fertig werden. Ursprünglich dachten Knuth und sein Verlag an sieben Teile.
Von 1977 bis 1986 entwickelte Knuth das digitale Satzsystem TeX; Anstoß dafür war seine Unzufriedenheit mit dem Fotosatz. Der Mathematiker Leslie Lamport erstellte aus TeX das benutzerfreundlichere LaTeX; dieses beherrscht mittlerweile das Desktop-Publishing im Wissenschaftsbereich. Eine weitere Großtat war 1973 Knuths Buch über surreale Zahlen. Er brachte es in einer Woche zu Papier, nachdem er den Erfinder jener Zahlen, den englischen Mathematiker John Conway, getroffen hatte. Conway stellten wir im Blog bereits mit dem Spiel Life vor.
Neben der Informatik pflegt Donald Knuth das Spiel an der Orgel. In seinem Haus in Kalifornien hat er ein solches Instrument installiert. Er komponiert auch; am 10. Januar wird seine „Fantasia Apocalyptica“ über die Offenbarung des Johannes in Schweden uraufgeführt. Knuth ist gläubiger Christ. Zu seinen künstlerisch-philosophischen Werken zählt eine Sammlung von Bibeltexten. Hierfür suchte er für jedes Buch des Alten und des Neuen Testaments den 16. Vers des 3. Kapitels heraus und kommentierte ihn.
Im September 1988 nahmen Donald Knuth und seine Frau Jill an einer Konferenz über Software im Schloss Eringerfeld teil. Es liegt nur 30 Kilometer von Paderborn entfernt, dem Sitz der damaligen Nixdorf Computer AG, die Knuths zu einem Besuch einlud. Donald diskutierte vor allem mit Nixdorf-Forscher Stuart Savory und seinen Mitarbeitern über Künstliche Intelligenz. Anschließend konnte er im Paderborner Dom Orgel spielen. Im Oktober 2001 sprach er auf einer Tagung der Fachhochschule München; dazu sind einige Fotos überliefert.
Zum Netz hat Donald Knuth ein gespaltenes Verhältnis. Seit 1990 liest er nur die E-Mails, die ihm seine Sekretärin ausdruckt und überbringt. Da er aber gelegentlich im Internet surft, möchten wir ihm heute herzlich zum 80. Geburtstag gratulieren und weitere erfolgreiche Schaffensjahre wünschen.
Vor 10 Jahren hieß es im Netz: Today is the 70th birthday of Donald E. Knuth: Priest of Programming, Titan of Typesetting, Monarch of MMIX, intellectual heir to Turing and von Neumann, greatest living computer !
Ein schönes Beispiel für Knuths Bearbeitung origineller Fragestellungen ist seine Lösung zur Darstellung der Zahl 64 durch eine einzige 4. Unter Nutzung der Multiplika-tion, der Quadratwurzel (sqrt), der unteren Gauß-Klammer (l_ _l) und der Fakultät (!) zeigt Knuth:
64 = sqrt sqrt sqrt sqrt sqrt sqrt sqrt sqrt sqrt |_ sqrt sqrt sqrt sqrt sqrt sqrt sqrt sqrt sqrt |_ sqrt sqrt sqrt sqrt sqrt sqrt sqrt sqrt sqrt sqrt sqrt sqrt sqrt |_ sqrt sqrt sqrt sqrt sqrt sqrt sqrt sqrt |_ sqrt sqrt sqrt sqrt sqrt sqrt sqrt sqrt sqrt sqrt sqrt |_ sqrt |_ sqrt |_ sqrt sqrt sqrt sqrt sqrt (4!)! _| ! _| ! _| ! _| ! _| ! _| ! _| ! _|.
(Conjecture:“Representing Numbers Using Only One 4″, Donald Knuth, [Mathematics Magazine, Vol. 37, Nov/Dec 1964, pp.308-310]).