
Als Büros zu Großräumen wurden
Geschrieben am 11.04.2025 von HNF
Die Kaiserzeit kannte den Schreibsaal, ab 1960 verbreitete sich bei uns das aus den USA kommende Großraumbüro. Ein Grund dafür war die Zunahme von Firmen mit 500 und mehr Beschäftigten im Wirtschaftswunder. In der heutigen Form weisen jene Büros eine lockere Struktur ohne Wände auf. In Amerika werden eher geometrisch ausgerichtete Kabinen oder „cubicles“ geschätzt.
„Das Wort ‚Großraumbüro‘ hat Schockwirkung. Es weckt grausige Erinnerungen an die Sünden des frühen Kapitalismus‚ und es bewegt Kulturkritiker ebenso wie Gewerkschaftler, junge Mädchen an der Schreibmaschine und auch jene Leute, die – nicht ohne Grund – allen Importen aus den USA mit gehöriger Skepsis gegenüberstehen.“
Das schrieb die ZEIT am 2. März 1962. Damals wurden hierzulande immer mehr Büros des genannten Typs eingerichtet, weil, wir zitieren die ZEIT, „in den Jahren 1952 bis 1960 die größeren Unternehmen mit fünfhundert und mehr Beschäftigten um fast 40 % gewachsen sind, Kleinbetriebe mit fünf bis fünfzig Menschen hingegen nur um 6,2 %“. Großraumbüros waren billiger als die des traditionellen Typs, und viele Leute schätzten das, was aus den Vereinigten Staaten zu uns herüberschwappte.
Großflächige Büros waren nicht neu. Vor dem Ersten Weltkrieg gab es Schreibsäle; ab den 1920er-Jahren saßen Frauen an exakt ausgerichteten Tischreihen und tippten, bis die Finger glühten. Das ist ein Filmclip mit Musik von 1931. Mega-Büros finden wir auch in den frühen Sechzigern in den Streifen Das Apartment und Der Prozess. 1939 schuf der Architekt Frank Lloyd Wright für eine Firma im US-Bundesstaat Wisconsin eine humane Arbeitsumgebung; das ist der Film dazu. Solche Konzepte hießen in den USA open plan oder action office; sie erreichten in den 1960er-Jahren Westdeutschland.
Frühe Ausführungen besaßen in Düsseldorf die Horten-Zentrale und das Thyssen-Hochhaus; andere Beispiele stehen hier. 1963 verglich ein Fernsehbericht die alten und neuen Ansätze; der Büro-Großraum von Ludwigsburg erschien bei Minute 3:50. Dem geometrischen Stil folgte 1965 noch die Unilever-Verwaltung in Hamburg, bitte zu Minute 4:15 der Wochenschau gehen. Der SPIEGEL griff im September des Jahres das Thema auf; zu jenem Zeitpunkt arbeiteten bei uns 20.000 Menschen in Mammut-Kanzleien.
1972 hatte auch die neue Zentrale der Nixdorf Computer AG Großraumbüros. 1988 erstellte die für Baumaßnahmen zuständige Tochtergesellschaft Nixdorf Infratec eine Broschüre mit einem Gebäude-Konzept. Es betraf alle Nixdorf-Standorte und gab die Grundrisse für Büros und Großraumbüros vor. Auffällig sind die um 45 Grad gegen die Wände orientierten Tische. Wieviel von dem Programm realisiert wurde, wissen wir nicht; das 1996 völlig umgestaltete HNF besitzt auch größere Räume, aber keine klassischen Großraumbüros.
In den 2020er-Jahren schocken sie nicht mehr wie 1962, das Für und Wider wird aber noch immer erforscht, wie dieser Film von 2020 beweist. Wenig später entstand die Terra-X-Folge Büro, Büro, die ab Minute 24:00 solche aus Großräumen betrachtete. Wir sehen dort den HNF-Kurator Dr. Stefan Stein, einen Experten für die Bürogeschichte. Hierzu folgen nun noch einige Bilder, darunter eins mit original amerikanischen cubicles, was Kabine oder auch Zelle heißen kann.

Zentrale der Firma S. C. Johnson & Son, die 1939 der berühmte Architekt Frank Lloyd Wright entwarf. (Foto Lauuuu88 CC BY-SA 4.0)

Großraumbüro in den 1980er-Jahren