Der letzte IBM-Klassiker: AS/400
Geschrieben am 13.06.2023 von HNF
Die späten 1980er-Jahre waren die Zeit der PCs und Workstations, die auf den Schreibtisch passten. Am 21. Juni 1988 stellte die Firma IBM aber eine neue Computerfamilie vor, deren Größe an Anlagen der Siebziger erinnerte. Das „Application System“ AS/400 wurde ein weltweiter Erfolg. Im Jahr 2000 ging es dann in der eServer-Serie von IBM auf.
Der Computerfilm „23 – Nichts ist so wie es scheint“ von 1998 enthält eine kurze Szene, in der der Held, der Hacker Karl Koch, einen Rechner kauft. Er sieht so aus wie das Modell oben im Eingangsbild (Reprint Courtesy of IBM Corporation ©) – das Drehbuch spricht von einer PDP-11 der Digital Equipment Corporation. Tatsächlich zeigen Bild und Film Hardware aus der Computerfamilie AS/400, die IBM vor 35 Jahren auf den Markt brachte.
In den frühen 1980er-Jahren war das Produktangebot von Big Blue eine bunte Mischung aus kleineren und größeren Systemen. Ab 1982 arbeiteten die Entwickler an einer einheitlichen Minicomputer-Familie; bei IBM sagte man „Midrange“. 1985 wurde das Projekt Fort Knox aber aufgegeben. Im Dezember des Jahres startete am IBM-Standort Rochester/Minnesota ein neuer Versuch unter dem Codewort Silverlake. Die Grundlage bildeten das 1978 eingeführte System/38 und das System/36 von 1983.
Das Projekt Silbersee beanspruchte 32 IBM-Standorte und rund 1.500 Programmierer. Das Resultat wurde am 21. Juni 1988 im Ballsaal des New Yorker Sheraton-Hotels präsentiert. Es hieß AS/400 – das AS steht für „Application System“ – und umfasste mehrere Versionen vom kleinen Typ B10 bis zum fünfteiligen B60. Die Zielgruppe bestand aus kleineren und mittleren Unternehmen. Neben der Hardware stellten IBM und ihre Partnerfirmen mehr als 1.000 Anwendungsprogramme vor. Die Pressemitteilung der IBM nannte das Ereignis „die umfangreichste Software-Ankündigung der Computergeschichte“.
Technisch gehörte die AS/400-Familie zur 32-Bit-Welt; die Zykluszeit lag je nach Version zwischen 60 und 120 Nanosekunden. Bei der Elektronik kamen Megabit-Chips zum Einsatz. Das Betriebssystem trug den Namen OS/400 und bestand aus einer Hardware-spezifischen und einer Hardware-unabhängigen Schicht. Es füllte 6.9 Millionen Befehlszeilen und 250 Megabyte. Die kleinste AS/400-Version konnte 630 Megabyte speichern. Eine Besonderheit war die relationale Datenbank, bei der Datensätze in Tabellen abgelegt werden.
Bei der Verkleidung griffen die Ingenieure auf eine schon vorhandene Maschine zurück, die IBM 9370. Sie erschien 1986 und wurde als Super-Minicomputer angeboten. Die IBM 9370 richtete sich gegen die VAX-Systeme der Digital Equipment Corporation, sie ging aber am Markt unter. Dem AS/400 passierte das nicht. Bis Ende 1990 setzte Big Blue über 100.000 Einheiten ab, was in jenem Jahr 14 Milliarden Dollar einbrachte. Bis 1997 wurde eine halbe Million verkauft oder vermietet. In Deutschland liefen 2004 etwa 5.000 AS/400-Rechner.
Die Mitglieder der allerersten AS/400-Familie trugen Namen von B10 bis B60. Es folgten die D-, E- und F-Serie und danach eine Reihe mit Nummern. Aus AS/400 wurde 1997 AS/400e und zur Jahrtausendwende die eServer-iSerie. Das IBM-i ist also zwei Jahre jünger als das von Apple. Ab 2006 hieß die Serie IBM System i. Zwei Jahre später fusionierten das System i und das System p zu den IBM Power Systems. In ihrem Inneren laufen mittlerweile die gleichnamigen Mikroprozessoren.
Man darf wohl sagen, dass das System AS/400 der letzte klassische IBM-Rechner war, auch weil es komplett in der Firma entwickelt wurde. Wer Details zur Computerfamilie benötigt, findet sie sicher in dieser IBM-Broschüre von 1988. Zu den Vätern des AS/400 zählt der Informatiker Frank Soltis. Er verfasste 1996 ein Buch Inside the AS/400; man kann es nach Anmeldung im Internet Archive lesen. Schließen möchten wir mit einem längeren und ausführlichen Werbefilm und zwei kürzeren Commercials. We thank the IBM Corporation for the permission to use the AS/400 image.