Der letzte Robotron-Computer

Geschrieben am 05.12.2016 von

Auch in der DDR liefen kleine Rechner. In den 1980er-Jahren fertigte das Kombinat Robotron Heim- und Personalcomputer an unterschiedlichen Orten. Das Büromaschinenwerk Sömmerda schuf den 16-bit-Computer EC 1834. Nach der Wende in der DDR verschwand Robotron. Das Werk in Sömmerda entwickelte aus dem EC 1834 den Soemtron PC 286. Der allerletzte entstand vor 25 Jahren.

In den 1980er-Jahren erfasste die Mikrocomputer-Revolution auch die DDR. Zwei große Volkseigene Betriebe fertigten Chips und Rechner. Die Zentrale des Kombinats Mikroelektronik saß in Erfurt; hier entstanden 8-bit- und 16-bit-Prozessoren. Das Kombinat Robotron baute Computer; es wurde von Dresden aus geleitet. Bis zum Ende der DDR wurden vielleicht 100.000 Kleinrechner aus eigener Produktion installiert. Die doppelte Zahl soll auf privater Basis aus dem Westen eingeströmt sein.

8-bit-Rechner Robotron 1715

8-bit-Rechner Robotron 1715

Zu den Robotron-Orten zählte auch die Kreisstadt Sömmerda nördlich von Erfurt. Hier stand das Büromaschinenwerk „Ernst Thälmann“ Sömmerda, kurz BWS, und produzierte Büromaschinen, Drucker und Computer. Das nach dem früheren KPD-Vorsitzenden benannte Werk besaß eine lange Tradition der Rechentechnik. Schon in den 1920er-Jahren stellte es Rheinmetall-Rechenmaschinen mit Staffelwalzen her. In der Nachkriegszeit kamen Fakturierautomaten und elektronische Tischrechner hinzu. Hier ist ein Film über das Werk in den späten Achtzigern.

Unser Eingangsbild stammt aus dem Bundesarchiv und wurde am 4. Juli 1987 von Thomas Uhlemann in Ost-Berlin geknipst. Es zeigt Robotron-1715-Computer aus Sömmerda beim Fest zum 750. Geburtstag der Hauptstadt. Der PC 1715 war der erfolgreichste kleine Rechner der DDR; sein U880-Prozessor orientierte sich am US-Chip Zilog Z80. Von den gefertigten 93.000 Geräten wurden 50.000 in die Sowjetunion exportiert.

Bürocomputer Robotron EC 1834

Bürocomputer Robotron EC 1834

1986 entwickelte das BWS einen 16-bit-Computer mit dem Namen EC 1834. Ausgesprochen wird er „ES“, denn das C ist ein russisches S. Das hängt mit der Einordnung in das von der UdSSR bestimmte „Einheitliche System Elektronischer Rechentechnik“ zusammen: hier gehörte der EC1834 zu den kleinen Modellen. (Ein großes befindet sich im HNF.) Er war kompatibel zum IBM PC XT und enthielt einen sowjetischen Chip, der den Prozessor Intel 8086 kopierte. Bis zum Ende der DDR liefen in Sömmerda und Chemnitz 34.000 Exemplare des EC 1834 vom Band.

Nachfolger der EC1834 war der ähnlich aussehende Personal Computer EC 1835. Die Ingenieure und Techniker in Sömmerda schraubten 1990 zwanzig Rechner zusammen und zeigten einen auf der Leipziger Frühjahrsmesse. Der EC 1835 nutzte den 16-bit-Mikroprozessor U80600, die DDR-Ausgabe des Intel 80286. Zur Serienfertigung kam es nicht mehr. Am 1. Juli 1990 trat die Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion zwischen der Bundesrepublik und der DDR in Kraft. Eine Folge war die Auflösung des Kombinats Robotron und die Umbildung seiner Teilfirmen.

Der letzte Robotron-Soemtron-PC mit schwarzen Gehäuse (Foto Stadt Sömmerda/Museum)

Der letzte Robotron-Soemtron-Computer erhielt ein schwarzes Gehäuse (Foto Stadt Sömmerda/Museum)

Das Büromaschinenwerk „Ernst Thälmann“ Sömmerda mutierte zur Robotron Büromaschinenwerk Sömmerda AG. In der Produktpalette erschien der 16-bit-Rechner Soemtron PC 286. Er besaß im Wesentlichen das Gehäuse des alten EC 1834, aber anstelle des Russen-Chips einen Prozessor des Typs Intel 80286. Angeboten wurden außerdem die Modelle PC 386 und 486. Überliefert sind Plakate einer Werbekampagne von 1991. Sie hoben die „Leistung der Löwen-Klasse“ hervor – die Raubkatze ist das Wappentier von Thüringen.

Ende 1991 endete die Robotron- Ära mit der Liquidation des Werks. Es hatte insgesamt 9.400 Soemtron-PCs ausgeliefert. Der letzte, ein tiefschwarzer PC 286, wurde am 5. Dezember 1991 fertig; er wanderte ins Stadtarchiv. Am 1. Januar 1992 waren 13.000 Menschen arbeitslos. Ein Neustart gelang durch die deutsch-taiwanesische ASI GmbH, die in Sömmerda ihre Rechner montierte. Es folgten noch andere IT-Firmen, zuletzt Fujitsu Siemens. Heute ist die Computerherrlichkeit vorbei und eine über hundertjährige Industriegeschichte weitgehend beendet.

Poster der Soemtron-Werbekampagne 1991

Eingangsbild: Bundesarchiv, Bild 183-1987-0704-077 / CC-BY-SA 3.0

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3 Kommentare auf “Der letzte Robotron-Computer”

  1. Sehr geehrte Damen und Herren und Freunde der Rechentechnik,

    eigentlich bin ich Bauing. und habe mit meinem Büro bis Ende 2022 erfolgreich
    gearbeitet.
    Das Sammeln von alter Computertechnik, war für mich immer ein Nebenprodukt
    meiner Tätigkeit als Statiker von DDR – Zeiten an.
    Ich suche zum Kauf einen Robotron EC 1835. Vielleicht haben Sie für mich
    eine kleine weiterführende Idee um an so etwas zu kommen.
    Danke!
    Mit dem Wunsch einen schönen Tag noch für Sie verbleibe ich
    mfG
    Günter Hempel

    1. An was für Fragestellungen haben Sie zur DDR-Zeit in der Statistik gearbeitet ?

  2. Heiko T. sagt:

    Hallo Herr Hempel,
    vielleicht geht es mir ebenso wie Ihnen, der die Erinnerungen
    an „die gute alte Zeit“ der Robotron-Technik noch im Kopf
    und für interessierte Menschen erhalten möchte.
    Leider besitze ich keine echte Robotron-Technik mehr.
    Übriggeblieben sind nur ein paar Hand-Bücher und Literatur vom
    Verlag Technik.
    Aber ich habe mir auf meinen selbst aufgebauten Tischrechner
    den Schriftzug robotron ec1836 aufgeklebt, damit das schwarze Gehäuse
    etwas aufgelockert wirkt. Ist quasi die Verwirklichung von robotron in der Neuzeit
    nach ec1834, ec1835 und ???

    Mit herzlichen Grüßen
    Heiko T.

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