Hallo Weltraum, bitte melden!
Geschrieben am 12.11.2024 von HNF
Am 16. November 1974 verschickte das Radioteleskop von Arecibo auf der Insel Puerto Rico einen digitalen Funkspruch. Er umfasste 1.679 Bit und wurde in Richtung des Sternhaufens M13 abgestrahlt; dort kommt er in 25.000 Jahren an. Die Arecibo-Nachricht entwarf der amerikanische Astronom Frank Drake. Sie war die erste, die sich an mögliche außerirdische Empfänger wendete.
Der Grundidee hatte wohl der serbisch-amerikanische Erfinder Nikola Tesla. Anfang 1901 schrieb er für eine New Yorker Zeitschrift den Artikel Mit den Planeten sprechen. Darin ging er auf Funksignale für Marsmenschen ein. Das gleiche Thema behandelte 1913 auch der deutsche Science-Fiction-Autor Hans Dominik in der Erzählung Ein Experiment.
In den späten 1950er-Jahren entwickelten Astronomen das Konzept der interstellaren Kommunikation. Im Mittelpunkt standen nicht mehr Marsbewohner, sondern intelligente Lebewesen draußen im Weltall. Ein Pionier des Fachs war der 1930 in Chicago geboren und 2022 in Kalifornien verstorbene Frank Drake. 1960 horchte er mit einem Radioteleskop nach Signalen zweier Fixsterne in 10,5 und zwölf Lichtjahren Entfernung. 1961 organisierte er eine wissenschaftliche Tagung zur Suche nach außerirdischen Zivilisationen, abgekürzt SETI.
Später verteilte Drake unter den Tagungsteilnehmern und anderen an SETI Interessierten ein Rätsel. Es bestand aus 551 Nullen und Einsen und sollte eine aus dem Weltraum stammende Nachricht sein. Die Lösung fand nur Barney Oliver, Forschungsdirektor der Firma Hewlett-Packard; die Ziffernfolge entsprach einem Bild aus 19 mal 29 Pixeln. Es ist hier dargestellt und ebenso in Drakes Buch „Is Anyone Out There?“ von 1992; nach Anmeldung im Internet Archive kann man es hier lesen. Das Pixelbild beschreibt in mathematischer Form einen Menschen und seine Lebenswelt.
1966 lehrte Frank Drake Astronomie an der Cornell-Universität im US-Bundesstaat New York; außerdem leitete er das Radioteleskop von Arecibo auf der amerikanischen Karibikinsel Puerto Rico. Wir sehen die Anlage in einem Schwarzweiß-Film; Drake erscheint bei Minute 3:20. Das Teleskop war nicht frei beweglich, sondern ein feines Drahtgitter mit 305 Meter Durchmesser. Ein astronomisches Objekt peilte man durch eine Gondel mit Empfängern und Sendern an, die man hoch über dem Teleskop bewegte. Unser Eingangsbild lässt das Prinzip erkennen (Foto National Science Foundation).
Ab 1971 wurde das Teleskop gründlich renoviert und das Drahtgitter durch perforierte Aluminiumplatten ersetzt. Im November 1974 sollte der Betrieb wieder starten. Frank Drake suchte nun eine spektakuläre Aktion, um die Einweihung zu feiern. Die entscheidende Idee kam seiner Sekretärin Jane Allen: eine Funkbotschaft an Außerirdische. Drake fiel sein Rätsel aus den 1960er-Jahren ein, und er machte sich an eine erweiterte Version des Pixelbilds. Statt 551 erhielt es 1.679 Nullen und Einsen, die 73 Zeilen mit 23 Zeichen füllten.
Am 16. November 1974 um 13 Uhr – bei uns war es 18 Uhr – beamte das Arecibo-Teleskop Drakes Botschaft ins All. Die Sendeleistung betrug 450 Kilowatt, die Sendefrequenz lag bei 2,388 Gigahertz. Die Nullen und Einsen wurden durch Frequenzmodulation dargestellt und mit 10 Bit pro Sekunde übertragen, die Nachricht dauerte zwei Minuten und 48 Sekunden. Die Gondel mit dem Sender war so über der Alu-Schüssel platziert, dass die Funkwellen dem Sternhaufen M13 im Sternbild Herkules zustrebten und es noch immer tun.
Erreichen werden sie M13 erst in 25.000 Jahren. Hoffen wir, dass dann ein außerirdischer Astronom das Signal empfängt und seine Bedeutung versteht. Wir setzten hierbei voraus, dass er die 1.679 Bit korrekt auf 73 Zeilen zu 23 Zeichen verteilt und nicht auf 23 Zeilen mit 73 Ziffern. Über weitere Signale ins All berichtet die Wikipedia. Im Folgenden wollen wir die Arecibo-Botschaft genauer aufschlüsseln. Wer möchte, kann sie auch als Techno-Stück genießen – wir danken Professor Ehrhard Behrends von der FU Berlin für die Idee.
Die Arecibo-Botschaft führt zu Beginn die Binärzahlen von 1 bis 10 ein. Jede Zahl hat unten ein zusätzliches Pixel, das als Startpunkt dient. Die Zahlen 8, 9 und 10 sind geknickt.
Die nächste Pixelgruppe stellt binär 1, 6, 7, 8 und 15 dar. Das sind die Ordnungszahlen der chemischen Elemente Wasserstoff, Kohlenstoff, Stickstoff, Sauerstoff und Phosphor.
Diese zwölf Gruppen symbolisieren die Bausteine der menschlichen DNA. Die fünf Spalten jeder Gruppe nennen binär die Zahl der enthaltenen chemischen Elemente.
Der nächste Abschnitt skizziert den Aufbau der DNA. Der Balken steht für 4.294.441.822, die von Frank Drake verwendete Zahl der DNA-Bausteine des menschlichen Genoms.
Links liegt um 90 Grad gekippt die binäre 14 zwischen zwei Balken. Aus 14 x 12,6 cm – die Wellenlänge des Signals – folgt die Größe der daneben stehenden Figur: 176,4 cm. Der Block rechts ist die gekippte Dualzahl 4.292.853.750, die Erdbevölkerung im Jahr 1974.
Unser Sonnensystem mit der Erde als dritter Planet. 1974 wurde der ganz rechts befindliche Pluto noch mitgezählt.
Die Botschaft endet mit einer Darstellung des Teleskops; das „M“ deutet die Funkwellen an. Unten ist der Durchmesser des Teleskops angegeben: 2.430 x 12,6 cm, die Wellenlänge. Die binäre 2.430 muss von rechts nach links und von unten nach oben gelesen werden.
Die Stiftung Herbert W. Franke hat das Ereignis zum Anlass genommen, einen Open Call an Generative Künstler aus der ganzen Welt zu machen. 155 Teilnehmer aus 46 Ländern haben isch beteiligt. Die 3 Gewinner sowie 32 Finalisten werden am 16. November in einer Matinee im Planetarium Hamburg vorgestellt. Eintritt frei.
https://www.planetarium-hamburg.de/de/veranstaltungen-tickets/details/kontaktversuch-zum-50-j%C3%A4hrigen-jubil%C3%A4um-der-arecibo-botschaft
Und am 18. November wird zu Ehren der 50. Wiederkehr die Weltpremiere „The Message“ von Sasha Stiles und ihrem AI-Alter Ego uraufgeführt. Eintritt 6 €
https://www.planetarium-bochum.de/de_DE/program/kontaktversuch-mit-fremden-intelligenzen.1367691