Happy Birthday, Pac-Man!
Geschrieben am 22.05.2020 von HNF
22. Mai 1980: In einem Kino in Tokio installiert die Firma Namco einen Automaten für einen Publikumstest. Er bringt das Videospiel Puck Man. Dabei futtert sich ein gelber Kugelkopf durch ein Labyrinth. Im Juli 1980 war das Programm in Japan verfügbar, ab Oktober lief es als Pac-Man in Amerika. Es wurde ein Klassiker der Computerspielgeschichte.
I got a pocket full of quarters, and I’m headed to the arcade. Das trällerten die Amerikaner Jerry Buckner und Gary Garcia im Dezember 1981. Und warum trugen sie Vierteldollarmünzen zur Spielhalle, wie die arcade bei uns heißt? Ganz einfach: sie waren vom Pac-Man Fever gepackt. So lautete der Titel ihres Liedchens, das zu einem Millionenhit wurde.
Pac-Man ist, wir ahnen es, ein Videospiel für Automaten, Konsolen und Heimcomputer. Es zählt zu den bekanntesten Vergnügen der Technikgeschichte; heute feiert es den vierzigsten Geburtstag. Am 22. Mai 1980 hieß es noch Puck Man. An jenem Tag stellte die Firma Namco eine Anlage in einem Kino in Tokio auf. Sie wollte zunächst ermitteln, wie die Konsumenten auf das neue Spiel reagierten. Als Zielgruppe hatte Namco weniger die jungen und meist männlichen Gamer als vielmehr Normalverbraucher und -verbraucherinnen im Visier.
Erfunden hatte Puck Man der Namco-Designer Tōru Iwatani. Er wurde 1955 in Tokio geboren und studierte dort Ingenieurwissenschaften. 1977 trat er in die Automatenfirma ein. Er wollte gerne Flipper bauen, seine Chefs setzten ihn aber auf Videospiele an. Namco besaß die japanischen Rechte an den Produkten von Atari und verdiente nicht schlecht daran. Nun plante das Unternehmen eigene Spiele. 1978 schufen Iwatani und sein Team Gee Bee, das Elemente von Flipperautomaten und dem populären Atari-Spiel Breakout vereinte.
1979 erschienen die ähnlich strukturierten Spiele Bomb Bee und Cutie Q. In diesem finden wir kleine Gespenster, die wir in anderer Form noch wiedersehen werden. Im gleichen Jahr begann Tōru Iwatani mit der Arbeit an einem neuen Spiel. Es sollte auf Schießereien und Gewalt verzichten, wie sie in den Arkaden üblich waren, und Frauen ansprechen. Früh kam er auf die Idee, als Grundlage das Essen zu nehmen. Vielleicht kannte er auch Head On von der Firma Sega: hier sausen Autos über Rundstrecken und sammeln Punkte ein.
Das Ergebnis der Arbeit lag im Mai 1980 vor. Es war der Puck Man, ein runder gelber Kopf mit großem Maul. Er wurde per Joystick durch ein Labyrinth gelenkt und futterte die Punkte in den Gängen; hatte er alle gefressen, rückte er ein Level auf. Insgesamt gab es 255 Ebenen. In Acht nehmen musste sich Puck Man vor vier Gespenstern, wie wir sie in Cutie Q trafen. Wenn der gelbe Kopf eine Kraftpille zu sich nahm, konnte er die Geister zurückschlagen. Der Verzehr von speziellen Früchten brachte dem Spieler einen Bonus. Unterlegt war alles von jaulenden Techno-Klängen.
Im Laufe des Tests wurde das Spielprogramm geringfügig verändert; im Juli führte Namco Puck Man in ganz Japan ein. Namcos Partnerfirma Midway startete das Spiel im Oktober in den amerikanischen Arkaden. Hier lief es unter dem Namen Pac-Man; die Geister hießen Inky, Blinky, Pinky und Clyde. 1981 mampfte sich der gelbe Kopf durch die Bundesrepublik – der SPIEGEL stellte ihn im August als hilflos-sympathisches Ballmännchen vor. Die Gamer der DDR erhielten 1986 die reduzierte Form Hase und Wolf für den Automaten Poly-Play.
Sehr bald stellte sich heraus, dass Pac-Man eine Geldmaschine war. In den ersten achtzehn Monaten brachten 350.000 verkaufte Automaten den beteiligten Firmen eine Milliarde Dollar ein. Bis zur Jahrtausendwende wurde das Spiel rund zehn Milliarden Mal aktiviert. Nachahmungen und Ableitungen blieben nicht aus. So machte die Firma Midway aus der zugekauften Pac-Man-Kopie Crazy Otto in Windeseile eine Ms. Pac-Man. Es folgten unter anderem Super Pac-Man und Pac-Man Plus und natürlich die Versionen für Spielkonsolen und Heimcomputer.
Pac-Man war das erfolgreichste Spiel der Goldenen Ära; es überstand auch die große Videospielkrise von 1983/84. Es gilt als Meilenstein der Game-Geschichte, vor allem durch die Hauptfigur mit eigener Persönlichkeit. Selbst Pac-Mans Gegenspieler Inky, Blinky, Pinky und Clyde haben unterschiedliche Naturen. Der Pizzakopf kam 2012 ins New Yorker Museum of Modern Art und in das Smithsonian American Art Museum in Washington. Aus diesem Haus stammt unser Eingangsbild (Foto Blake Patterson CC BY 2.0 seitlich beschnitten).
An Pac-Mans 30. Geburtstag feierte ihn eine bekannte Suchmaschine: zum Spielen bitte die Pfeiltasten drücken. Die schönste Weiterentwicklung ist wohl der First Person Pac-Man, kurz FPS-Man. Er zeigte 2013 zum ersten Mal die Welt aus der Sicht des Haupthelden; Autor war der Spielentwickler Tom Davies. Schließen wollen wir aber mit der deutschen Fassung des „Pac-Man Fever“. Es singt der junge Berliner Gerald Mann. Ich hab das Pac-Man-Fieber, das macht mich tierisch an, ja das Pac-Man-Fieber nimmt mir den Verstand. Game over.