Subor SB 486-D: der Jackie-Chan-Computer
Geschrieben am 21.01.2025 von HNF
Der erste Mikrocomputer aus der Volksrepublik China war 1977 der Rechner DJS-050. In den frühen 1980er-Jahren erschienen digitale Spielautomaten und Konsolen. Ab 1989 kopierte die Elektronikfirma Nihwa in der Stadt Zhongshan das japanische Famicom-System. Unter dem neuen Namen Xiaobawang entwickelte sie daraus den Spiel- und Lerncomputer Subor. Das Modell SB-486D konnten wir uns näher anschauen.
Der erste Computer in China – damit meinen wir stets die Volksrepublik – lief im September 1958. Es handelte sich um den Nachbau des russischen M-3. Die erste Eigenentwicklung des Landes, der Röhrenrechner 107, operierte im April 1960. Die Situation von 1978 beschreibt ein amerikanischer Artikel – Achtung, dicke Datei! Aus dem Jahr 1982 stammt eine Artikelsammlung, dieser Rückblick entstand 1998.
Über den ersten chinesischen Acht-Bit-Computer, den DJS-050 von 1977, wissen wir wenig, hier und hier geht es aber zu Texten in der Landessprache. 1982 lag die Spielkonsole YQ-1 mit einem Prozessor aus den USA vor. 1983 folgten Automaten ähnlich denen in westlichen Arkaden. 1985 erschien der zum IBM PC kompatible Rechner Great Wall 0520CH. Zwei Jahre später machten die chinesischen Gamer einen großen Sprung nach vorn, denn sie erhielten Zugriff auf das Nintendo Entertainment System alias Family Computer oder Famicom.
Vom Famicom war es ein kleiner Schritt zum Famiclone; so wurden in der Computerspiel-Banche legale oder halblegale Kopien der japanischen Konsole genannt. Das bringt uns zur Elektronikfirma Nihwa in der chinesischen Stadt Zhongshan; sie liegt zwischen Macao und Guangzhou – ältere Landkarten sagen meistens Kanton. Nihwa baute zunächst Arkaden-Automaten, 1989 produzierte sie Famiclones mit der Bezeichnung Xiao Bà Wáng, zu Deutsch kleiner Kaiser. Die Idee hatte der kurz vorher eingestellte Firmenchef Duan Yongping.
Der Nachbau war weit billiger als das importierte Original und verkaufte sich blendend. 1991 wurde auch Nihwa in Xiaobawang umbenannt. 1993 war ein neues Produkt erhältlich. Es kombinierte Hardware der in Hongkong sitzenden Video Technology Ltd., besser bekannt als Vtech, mit einem Famicom-Prozessor. Die Firma bezeichnete es als Subor SB-218 – Subor war der Markenname. Danach kamen die ganz ähnlichen Modelle SB-286 und SB-486. Im Folgenden schildern wir den Subor SB-486D von 1994; er ist das Gerät unten im Foto.
Auf der Tastatur sieht man links oben einmal groß und einmal klein den Namen Xiaobawang und das Firmenlogo, zwei Boxhandschuhe. Glaubt man diesem Video, dann symbolisierten sie Qualität und Service. Rechts oben stehen die Bezeichnung „Computer-Lernmaschine für Chinesisch und Englisch“ und SB-486D. In der Mitte ist der Platz für das Programm-Modul. Zur Markteinführung des Rechners startete eine Werbekampagne mit dem in Hongkong geborenen Action-Star Jackie Chan, siehe das Video vom Anfang dieser Sammlung.
Das Einsteckmodul speicherte elf Programme. Drei waren Spiele zum Erlernen der Tastatur, zwei erzeugten Melodien. Daneben gab es zwei Textverarbeitungen, ein Rechenprogramm und zwei BASIC-Varianten. Außerdem enthielt das Modul das Spiel Dr. Mario. Xiaobawang schaute bei den Copyrights weg und verklagte stattdessen andere Hersteller von Famiclones wegen angeblicher Urheberrechtsverletzung. Nach einem Einspruch von Nintendo ersetzte es aber Dr. Mario durch Xiangqi, das chinesische Schach.
Der Rechner von unten; der NES-Mikroprozessor sitzt auf der Rückseite der mittleren Platine (Foto Karl-Ludwig Butte).
Der Subor SB-486D war also ein Mittelding zwischen Spielkonsole und Heimcomputer. 1995 folgte das Modell SB-926; im selben Jahr verließ Duan Yongping die Firma und gründete ein neues Unternehmen namens BBK; mit ihm wurde er zu einem der reichsten Männer Chinas. 1998 erschien die letzte Xiaobawang-Konsole SB-2000. Von 2000 bis 2015 unterlagen solche Geräte einem staatlichen Verbot, PC- und Online-Spiele blieben jedoch erlaubt. Die Firma wich in andere Felder der Elektronik aus und schuf mehrere Tochtergesellschaften.
Damit verlassen wir den „kleinen Kaiser“ und die chinesische IT-Geschichte; heute ist das Reich der Mitte eine Großmacht der Spielebranche und das dort erfundene Videoportal TikTok allgegenwärtig. Der Subor erfreut aber immer noch die chinesischen Retro-Fans. Zum Schluss bedanken wir uns bei Karl-Ludwig Butte und Frau Dr.-Ing. Ling Butte für den Hinweis auf das Thema, für Fotos des SB-486D und für fachliche Informationen.