40 Jahre Apple II
Geschrieben am 13.04.2017 von HNF
1977 starteten drei Rechner in den USA die Mikrocomputer-Revolution. Commodore enthüllte im Januar den PET; in den Handel kam er im Oktober. Im August stellte Radio Shack den Tandy TRS-80 vor; ab Dezember wurde er verkauft. Im April 1977 zeigte Apple in San Francisco den Apple II. Er setzte den Aufstieg der Firma in Gang.
Wir schreiben Samstag, den 16. April 1977. Um 8 Uhr früh scheint die Sonne vom blauen kalifornischen Himmel, aber Hunderte von Leuten denken nicht ans schöne Wetter. Sie stehen gegenüber dem Rathaus von San Francisco und warten vor einem Kassenhäuschen. Es verkauft Tickets für eine Computermesse, die sich einzig und allein kleinen Systemen widmet. Um 9 Uhr öffnet die West Coast Computer Faire ihre Pforten, und die Massen strömen in die unterirdische Brooks-Halle.
Hier warten rund 180 Aussteller an ihren Ständen. Sie bieten Bauteile aller Art, aber auch den einen oder anderen Rechner an. Gleich hinterm Eingang hat sich eine Firma aus dem Silicon Valley – den Ausdruck gibt es schon – platziert, Apple Computer aus Cupertino. Ihre Leiter Steve Jobs und Steve Wozniak sind 22 und 26 Jahre alt. 1976 brachten sie in Handarbeit den Einplatinenrechner Apple I hervor. Er kostete 666 Dollar, 200 Stück wurden verkauft. Nun zeigen sie den Prototypen des Nachfolgemodells, den Apple II.
Apple war der Garage entwachsen. Die beiden Steves hatten am 1. April 1976 eine einfache Personengesellschaft gegründet. Ron Wayne, der Dritte im Bunde, verließ nach zwölf Tagen das Unternehmen wieder. Seit 3. Januar 1977 stand Apple Computer mit dem Zusatz „Inc.“ im Handelsregister. Als Teilhaber und Geschäftsführer kam Mike Markkula hinzu, ehemaliger Manager des Chipherstellers Intel. Er war erst 35, aber schon Millionär und suchte eine sinnvolle Aufgabe. Die fand er dann in Cupertino.
Markkula brachte weitere Investoren mit, sorgte für eine ordentliche Buchhaltung und ein zielbewusstes Marketing. Die Firma verließ die sprichwörtliche Garage und bezog normale Büros. Vor allem stand genug Geld zur Verfügung, um nach der Entwicklung des Prototyps den Apple II von professionellen Kräften fertigen zu lassen. Das erste Serienmodell kam im Juni 1977 heraus. Die Grundversion mit 4 Kilobyte Arbeitsspeicher kostete 1.298 Dollar. Das nackte Motherboard gab es schon für 798 Dollar.
Wer den Apple I nutzen wollte, musste selbst für die Peripheriegeräte sorgen. Dagegen besaß der Nachfolger eine Tastatur und einen Anschluss an den Fernseher. Sensationell war, dass auch Farbbilder angezeigt wurden. Wie sein Vorgänger verwendete der Apple II den 8-bit-Mikroprozessor 6502 von MOS Technology, ein Entwurf des Chipdesigners Chuck Peddle. Der Rechner besaß eine offene Architektur und Platz für Erweiterungskarten; 1978 bot Apple externe Diskettenlaufwerke an.
Ab 1979 verkaufte die Firma Software Arts für den Apple II die Tabellenkalkulation VisiCalc. Sie gewann viele Kunden aus der Privatwirtschaft. Es entstanden aber auch Programme wie die Textverarbeitung EasyWriter von John Draper und der Flugsimulator von Bruce Artwick. Hardware und Software halfen sich gegenseitig am Markt und machten Apple zum Global Player bei kleinen Computer. In der Krise der späten 1980er- und frühen 1990er-Jahre hielten die Verkäufe des Apple II und seiner Nachfolger die Firma am Leben.
Die Apple-II-Serie endete 1993; insgesamt wurden zwischen fünf und sechs Millionen Stück hergestellt. Der Apple II war 1977 nicht der einzige der neuen Mikrocomputer; in jenem Jahr erschienen auch der Commodore PET und der Tandy TRS-80 von Radio Shack. Von den Ur-Mikros war er aber sicher der beste und langlebigste. Und neben Hewlett-Packard – seit 2015 auf das Kürzel HP geschrumpft – ist Apple der einzige überlebende Computerbauer im Silicon Valley.
Als die West Coast Computer Faire am 17. April 1977 die Pforten schloss, hatten über 12.000 Besucher den Beginn einer neuen Zeit erlebt. 1999 wurde die Messe im Film nachgestellt; erhalten sind ebenso historische Schwarzweiß-Fotos. Man erkennt die zwei Steves sowie Chuck Peddle und Software-Pionier Gary Kildall. Steve Jobs gibt es auch in Farbe. Die beste Beschreibung des Apple II stammt aber von seinem Schöpfer Steve Wozniak. Und der beste Platz für ihn – siehe unser Eingangsbild – war damals noch die Küche.
Für den italienischen Weltautor und Sprachwissenschaftler Umberto Eco war es 1994 eine konfessionelle Frage, wofür man sich im alten Kampf der Betriebssystem-Welten des Apple Macintosh und von Microsoft DOS-Computern entschied. Eco zufolge war der Macintosh katholisch: er sei lebensfroh und versöhnlich und leite den Gläubigen Schritt für Schritt auf seinem Weg – wenn nicht ins Himmelreich, so wenigstens zum Ausdruck seines Dokuments. DOS-Computer dagegen, so Eco, seien klassisch evangelisch: DOS erlaube die freie Interpretation des Schrifttums, erlege dem Anhänger schwierige persönliche Entscheidungen auf und …nehme hin, dass nicht jeder das Seelenheil erlangen kann.