Das war der Schneider Euro PC
Geschrieben am 09.05.2023 von HNF
Ab 1984 bot der Computerbereich der Schneider Rundfunkwerke Türkheim Acht-Bit-Rechner der englischen Firma Amstrad an. 1986 und 1987 kamen 16-Bit-Modelle heraus. Im März 1988 endete die Beziehung; es erschien danach eine eigene Entwicklung von Schneider, der Euro PC. Er enthielt eine Siemens-Kopie des Intel-8088-Prozessors und kostete weniger als 2.000 DM. Das machte ihn zum Erfolg.
Nein, unser Eingangsbild zeigt keinen Euro PC, sondern den oder die Joyce, die deutsche Ausgabe des Amstrad PCW 8256. Der Acht-Bit-Computer erschien 1985 und enthielt einen Prozessor vom Typ Zilog Z80; er wurde gerne zur Textverarbeitung gekauft. Hier symbolisiert er die Zusammenarbeit des englischen Herstellers und seines deutschen Distributors, der Schneider Computer Division. Sie war eine Abteilung der Schneider Rundfunkwerke AG im bayrisch-schwäbischen Türkheim.
Die Kooperation dauerte von 1984 bis 1988; wir haben sie in unserem Blog geschildert. Sie brachte mehrere Acht-Bit-Rechner sowie die 16-Bit-Geräte PC 1512 und PC 1640 hervor. Im Oktober 1987 stellte die Schneider Computer Division auf der Münchner Technikmesse Systems den PC 2640 vor. Er war kompatibel zum IBM PC AT und im Unterschied zu den Vorläufern eine Eigenentwicklung. Wie die Firma mitteilte, entstand in Türkheim eine neue Fertigungshalle. Dort wollte man den PC 2640 und weitere Personal Computer produzieren.
Am 29. Februar 1988 verkündete Schneider die betreffenden Modelle: Euro PC, Tower PC und Target PC. Das erste hatte die Siemens-Ausgabe des Intel-Prozessors 8088; zusammen mit der restlichen Elektronik und dem Disketten-Laufwerk steckte er im Tastaturgehäuse. Die zwei anderen Typen gehörten zur AT-Klasse und enthielten Intel-80286-Chips. Der Tower PC war, wie der Name schon sagte, ein Türmchen-Rechner, der Target PC ein Laptop mit Plasma-Bildschirm. Uns interessiert aber hauptsächlich der Euro PC.
Der europäische Personal Computer kostete samt Monochrom-Monitor 1.298 DM, mit einem Farbbildschirm betrug der Preis 1.798 DM. Mitgeliefert wurden das Microsoft-Betriebssystem MS-DOS 3.3, die Sprache BASIC und ein Paket mit Bürosoftware. Der Hauptspeicher fasste 512 Kilobyte, dazu gab es einen Grafik-Chip. Anschließen ließen sich weitere Disketten-Laufwerke und eine Festplatte mit zwanzig Megabyte; das Netzteil befand sich außerhalb der Tastatur. Der 8088-Chip war nicht mehr so neu, doch die Schneider-Ingenieure brachten ihn auf eine Taktrate von fast zehn Megahertz.
Der Euro PC bot also viel Computer für wenig Geld. Nach der Bekanntgabe im Februar 1988 wurde er im März auf der CeBIT gezeigt. Kurz vorher hatten sich die einst kooperierenden Firmen Schneider und Amstrad endgültig getrennt. In Hannover baute die neue Amstrad Deutschland GmbH einen eigenen Stand auf und warb mit Sprüchen wie „Es geht auch anders“ oder „Think aber richtig“. Sie zeigte auch Computer des Typs Sinclair Spectrum; bekanntlich schluckte Amstrad den etwas älteren britischen Hersteller im Jahr 1986.
Im Sommer 1988 wurde der Euro PC an die Kunden geliefert. Zur gleichen Zeit erschienen Testberichte in unabhängigen Computermagazinen. Wir fanden den Artikel von „Happy Computer“, der des Lobes voll war. Zitat: „Endlich ein Computer, der für den Einstieg in die PC-Welt wie geschaffen ist.“ Erhalten ist auch eine Fernsehwerbung von Anfang 1989 mit einem netten Science-Fiction-Touch. Der Euro PC erreichte jedenfalls auf Anhieb Platz 3 in der Liste der in Deutschland verkauften PC.
Leider nicht lange. Die Zeiten wurden schwieriger, die Gewinne gingen zurück, vor allem wegen der hohen Produktionskosten. Die Nachfolger Euro PC II, XT und AT halfen wenig. Im Dezember 1991 räumte Vorstandschef Bernhard Schneider das Feld, 2002 war Schneider Technologies, wie die Firma inzwischen hieß, insolvent. Dem früheren Partner Amstrad gelang 1997 ein Neustart, 2008 kam das Aus. Es bleibt die Erinnerung an die Computer-Antike – siehe den Werbespot – und an eine erfolgreiche deutsche PC-Produktion.