Ein vergessener Pionier der Schreibmaschine

Geschrieben am 25.10.2024 von

Das Wort „Pterotype“ bedeutet geflügelte oder schnelle Schreibmaschine; so nannte der 1831 geborene amerikanische Rechtsanwalt John Pratt ein Gerät, das er 1863 erfand. Er baute mehrere Versionen davon und führte eine im Mai 1867 in London vor. Später kam es zur Zusammenarbeit von Pratt mit dem New Yorker Schreibmaschinen-Fabrikanten James Hammond. John Pratt starb 1905.

John Pratt gilt eigentlich als Nebenfigur der Schreibmaschinen-Geschichte. Man weiß, dass die Zeitschrift „Scientific American“ 1867 seine Konstruktion schilderte und dass der Artikel von Latham Sholes, Samuel Soule und Carlos Glidden gelesen wurde. Die drei bauten dann in der Stadt Milwaukee ein eigenes Gerät; dieses führt später zur Schreibmaschine, wie wir sie kennen.

John Pratt um 1890

Tatsächlich war John Pratt ein kreativer Kopf und ein echter Technikpionier. Geboren wurde er am 13. April 1831 – manche Quellen nennen den 14. April – im US-Bundesstaat South Carolina. Er studiert in seiner Heimat und im Staat Alabama Jura und heiratete die Tochter seines Professors. Ab 1853 lebte er im Städtchen Centre und arbeitete als Rechtsanwalt, Lehrer und Herausgeber einer Zeitung. In den 1860er-Jahren begann er mit der Entwicklung von Schreibmaschinen. Im Frühjahr 1863 stellte er ein funktionsfähiges Exemplar fertig.

Ein Patent erwerben konnte er nicht. Alabama zählte zu den Südstaaten, die damals mit den Nordstaaten Krieg führten, und das Patentamt lag in der US-Bundeshauptstadt Washington. 1864 reiste John Pratt nach Schottland, um weitere Modelle seiner Maschine zu bauen. Das erste enthielt ein Typenrad, das zweite Stifte mit Buchstaben, die auf das Papier gedrückt wurden. Klaviertasten dienten der Bedienung. Ein drittes Modell meldete Pratt in England zum Patent an; er erhielt es am 14. Mai 1867 unter dem Namen Type-writing Machine. Er nannte sie auch Pterotype – „ptero“ ist das griechische Wort für geflügelt oder schnell.

Patentgrafik zum Pterotyp: links oben ist das Täfelchen mit den Drucktypen

Am 1. Mai 1867 stellte Pratt in London zwei seiner Flügelmaschinen bei einem Treffen der Gesellschaft der Künste vor. Darüber berichtete am 24. Mai die Zeitschrift Engineering und am 6. Juli der Scientific American. Demnach besaß die Maschine eine Tafel mit Typen, die durch zwei Sätze Druckknöpfe verschoben wurde. Der Bediener platzierte einen Buchstaben zwischen einem Hammer und einem Blatt Kohlepapier und schlug zu; so ließen sich Texte schreiben. Es war dieser Artikel, den Latham Sholes und seine Freunde lasen, ihre Maschine sah jedoch etwas anders aus.

John Pratt erstellte noch verbesserte Versionen des Pterotyps. Eine gelangte ins Londoner Science Museum – bitte zum Ende der Seite scrollen. Sie besitzt 36 Druckknöpfe und wieder ein Typenrad. 1868 kehrte Pratt in die USA und nach Alabama zurück. Am 11. August 1868 erhielt er für den Mechanical Typographer ein amerikanisches Patent, das dem englischen glich. Unser Eingangsbild oben zeigt ein Patentmodell; die Öffnungen deuten 28 Tasten an (Foto National Museum of American History, Smithsonian Institution).

Das letzte Modell der Schreibmaschine: Das kleine Typenrad oben kann man nur erahnen.

1876 zeigte John Pratt die Schreibmaschine auf der Weltausstellung von Philadelphia. 1879 verkaufte er sein Patent an den 1839 in Boston geborenen Journalisten und Geschäftsmann James Hammond; im Gegenzug zahlte dieser eine Jahresrente. Hammond meldete nun selbst ein Patent an und entwickelte Pratts Konzept weiter; dabei konzentrierte er sich auf das Typenrad. 1880 gründete er eine Fabrik für Schreibmaschinen in New York, die 1885 das erste Modell herausbrachte. Auffällig war die ringförmige Tastatur.

Pratt reichte weitere Patentanmeldungen ein, jetzt im Dienst der Hammond Typewriter Company. Er starb am 24. Juni 1905 in Chattanooga im US-Bundesstaat Tennessee; sein Grab befindet sich in seinem früheren Wohnort Centre. James Hammond beendete sein Leben 1913 auf seiner Yacht vor der Küste von Florida. Seine Firma schloss 1922; sie lebt in Gestalt einer informativen Internetseite weiter. Erhalten sind Hammond-Schreibmaschinen in Sammlungen und Museen, darunter auch eine – siehe unten – im HNF.

Eine Hammond 1A aus den 1880er-Jahren – Draufklicken macht das Bild größer

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