Heinz Nixdorf im „Spiegel“
Geschrieben am 09.04.2024 von HNF
Heute ist der 9. April: An diesem Datum kam Heinz Nixdorf zur Welt. Zur 99. Wiederkehr seines Geburtstags erinnern wir an einen Artikel, der 1984 im SPIEGEL stand. Im Sommer des Jahres besuchte der Redakteur Joachim Preuß Nixdorf und seine Firma in Paderborn. Das führte zu dem vermutlich ersten Portrait des Computerindustriellen in der Presse.
Vor vierzig Jahren war ein Sommer noch richtig sommerlich. Die Politik machte Pause, das Fernsehen sendete ein Notprogramm, die Bürger urlaubten an der See oder in den Bergen. Im Dienst verblieben einige Journalisten, etwa Joachim Preuß. Er war Wirtschaftsredakteur beim SPIEGEL, stellvertretender Ressortchef und ein Hamburger wie aus dem Bilderbuch.
Im Juni oder Juli 1984 fuhr Preuß von der Waterkant nach Paderborn, um Heinz Nixdorf zu treffen. Der Computerindustrielle eilte von Erfolg zu Erfolg, das US-Wirtschaftsmagazin „Fortune“ hatte ihn gerade zu den zehn besten Managern in Europa gewählt. Seine Firma setzte im Jahr mehr als drei Milliarden DM um und beschäftigte 18.000 Menschen. Anfang Juni 1984 ging sie an die Börse. Der Artikel, der nach der Begegnung in Paderborn entstand, zählt zu den wohl größten Lobeshymnen, die Heinz Nixdorf zu Lebzeiten empfing.
„Man wird das beklemmende Gefühl nicht los, wieder in der Schule zu sein. Heinz Nixdorf mustert den Besucher mit jener knapp gezügelten Ungeduld, die Mathematiklehrer ihren peinigenden Fragen mitzugeben pflegten.“ So begann die Reportage von Joachim Preuß, die am 30. Juli in Heft Nr. 31/1984 erschien. Sie füllte drei Seiten und war frei von Anzeigen, außerdem wurde der Autor genannt. Das bedeutete eine besondere Auszeichnung; der normale SPIEGEL-Beitrag verschwieg damals den meist männlichen Verfasser.
Der Artikel ist vor allem ein Lebensbild und zeigte den Menschen Heinz Nixdorf – 1984 gab es noch keine Biografie. Wir erfahren einiges über seine Herkunft und seinen Werdegang, über seinen Charakter und seine Eigenarten. Preuß berichtete über seine Eltern, seine Söhne, Nixdorfs Liebe zum Sport und dass er einen Herzinfarkt überstand: „Selbstzweifel sind dem Mann […] auch in längeren Gesprächen nicht abzulauschen. Seit 30 Jahren hat Heinz Nixdorf nahezu ununterbrochen geschäftlichen Erfolg. Das poliert die Seele.“
Die Basis des Erfolgs waren die Computer, und der SPIEGEL-Redakteur begleitete Heinz Nixdorf, als er mit raschen Schritten durch seine Paderborner Fabrikhallen eilte. Joachim Preuß sah ihn dabei als ein Produzent kleiner Rechner: „Während die großen Computer-Firmen der Welt, allen voran die allmächtige IBM, immer größere Rechen-Wunderwerke bauten, fertigte Nixdorf kleine und billige Geräte, die nicht in einer Computer-Zentrale stehen sollten, sondern auf dem Tisch des einzelnen Mitarbeiters.“
Die oft diskutierte Frage, ob Heinz Nixdorf die Mikrocomputer ignorierte, stellte Joachim Preuß also nicht. Nixdorfs Streben nach immer höheren Umsätzen fand der Journalist völlig in Ordnung; der Artikel trug den Titel „Wir müssen wachsen, wachsen, wachsen“. Dass die Firma einige Jahre später an die Grenzen des Wachstums stoßen würde, ahnte 1984 noch niemand. Auch das Orwell-Jahr wurde an der Pader – oder von der Wirtschaftsredaktion des SPIEGEL – nicht wahrgenommen.
Anderthalb Wochen nach dem Nachrichtenmagazin brachte die ZEIT ein ebenso positives Portrait. Der knorrige Patriarch der Elektronik stammte von Nina Grunenberg. Der nächste Heinz-Nixdorf-Artikel des SPIEGEL erschien im März 1986 aus einem traurigen Grund: Es war der Nachruf. Der Autor wurde nicht genannt, es könnte Preuß gewesen sein. Sein Kollege Michael Schmidt-Klingenberg schrieb 1990 eher bissig über den Paderborner Patriarchen. Der Titel seines Beitrags lautete: Vieles war nur schön erfunden
Spieglein, Spieglein an der Wand! Nicht erfunden ist die Biographie, die HNF-Bereichsleiter Dr. Christian Berg vor einiger Zeit vorlegte. Auch im neuen HNF-Museumsführer widmen sich zwanzig Seiten dem Leben und Werk von Heinz Nixdorf. Kostenlos herunterladen lassen sich die Lebensbilder; sie erschienen 2004. Auf YouTube kann man sich zwei Fernsehberichte über den Computerbauer aus den Jahren 1986 und 2015 anschauen.
Vielleicht die erste Biographie über Heinz Nixdorf erschien 1986: Klaus Kemper, Heinz Nixdorf – eine deutsche Karriere, Verlag moderne Industrie. Sie enthält viele Bezüge zu der damaligen Büromaschinen-Industrie.