Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag, Herr von Bechtolsheim!
Geschrieben am 30.09.2015 von HNF
In Bayern, Rom und am Bodensee aufgewachsen, ist der am 30. September 1955 – also vor 60 Jahren – geborene Andreas „Andy“ von Bechtolsheim der wohl erfolgreichste deutsche Ingenieur im Silicon Valley. Er war Mitgründer und technischer Direktor des Computerbauers Sun und später der erste Investor von Google. Heute ist der mehrfache Milliardär Chefentwickler der Netzwerkfirma Arista.
Die Familie zählt zum deutschen Uradel, doch der genau heute vor 60 Jahren geborene Andreas von Bechtolsheim verbrachte seine Kindheit nicht im Schloss, sondern auf einem einsamen Bauernhof in Bayern, südlich des Dorfes Entraching unweit des Ammersees. Er besuchte zunächst die örtliche Zwergschule, wo alle Kinder in einem einzigen Klassenzimmer saßen, zog aber als Siebenjähriger nach Rom um. In der Ewigen Stadt hatte der Vater, der von Beruf Lehrer war, eine neue Stelle erhalten.
1968 stand der nächste Umzug an, diesmal zum Bodensee, und 1973 machte von Bechtolsheim sein Abitur in Lindau. Schon ein Jahr vorher entwarf er für eine Elektronikfirma in der Nachbarschaft eine Maschinensteuerung, die auf dem gerade erfundenen Mikroprozessor Intel 8008 basierte; sie brachte ihm auch erste Lizenzerträge ein. 1974 wurde er Bundessieger im Wettbewerb „Jugend forscht“, nicht in Informatik, sondern in Physik; den Preis gab es für eine Strömungsmessung mit Ultraschall.
Zu diesem Zeitpunkt studierte Andreas von Bechtolsheim schon an der TU München. Allerdings bewog ihn der mangelhafte Zugang zu Rechenanlagen dazu, mit einem Stipendium an die amerikanische Carnegie-Mellon-Universität zu wechseln; hier erwarb er 1976 den Master in Computertechnik. 1977 setzte er das Studium an der Stanford University in Kalifornien fort. Damit befand er sich im Silicon Valley, dem Zentrum der Chip- und Computerbranche, und hatte außerdem Zugang zum legendären IT-Forschungszentrum Xerox PARC.
Sein Professor in Stanford, Forest Baskett, brachte von Bechtolsheim dazu, eine netzwerkfähige Workstation zu entwickeln, die den 32-bit-Mikroprozessor Motorola 68000 nutzte. Diese trug den Namen SUN – die Abkürzung von Stanford University Network – und von ihr wurde 1981 und 1982 zehn Exemplare in der Universität gebaut. Danach suchte von Bechtolsheim vergeblich eine Firma, die bereit war, seinen Rechner in Serie zu fertigen, und schließlich wählte er einen anderen Weg.
Mit den fast gleichaltrigen Stanford-Absolventen Vinod Khosla und Scott McNealy gründete er im Februar 1982 eine eigene Computerfirma, Sun Microsystems, zu der noch der Informatiker William Joy von der Universität von Kalifornien stieß. Das nötige Geld kam von Risikokapitalgebern. Der erste Rechner, Sun-1, basierte noch auf dem SUN-Konzept, doch es folgten Hardware- und Software-Produkte, die Sun zu einer der innovativsten Computerfirmen der Welt machten. Zu nennen sind etwa die SPARC-Chips, die Programmiersprache Java und das Betriebssystem Solaris.
Die preiswerten und leistungsfähigen Sun-Workstations waren die richtigen Computer zur richtigen Zeit, und 1988 kletterte der Jahresumsatz des Unternehmens über die Milliardenschwelle. Andreas von Bechtolsheim, der technische Direktor, verließ Sun aber 1995, um neue Projekte anzugehen. In den folgenden Jahren startete er unter anderem die Netzwerk-Firmen Granite, Kealia und Arastra, die sich später in Arista Networks umbenannte – hier ist er heute noch der Chefentwickler. Von 2004 bis 2008 war er auch erneut für Sun tätig.
Daneben zählt von Bechtolsheim zu den erfolgreichsten Investoren im Silicon Valley. Berühmt wurde sein Scheck über 100.000 Dollar, den er im August 1998 für die noch gar nicht juristisch vorhandene Firma Google Inc. ausstellte. Als Folge seiner selbstlosen Tat erhielt er 2004 nach dem Börsengang von Google Aktien, die nicht unwesentlich zu seinem Vermögen von geschätzten 4,2 Milliarden Dollar beitragen. Da gratuliert man doch gerne zum 60. Geburtstag, und hier ist noch ein Video zum Fest.
Als Andreas von Bechtolsheim bei seinem Besuch im HNF gefragt wurde, wieviel
Zeit er als ‚venture capitalist‘ einer (guten)Idee gebe, bei ihm anzudocken, sagte er: „Unter 60 Sekunden“.