Latham Sholes – Vater der Schreibmaschine
Geschrieben am 08.02.2019 von HNF
Seit Beginn des 19. Jahrhunderts entstanden in Europa und Nordamerika mechanische Schreibhilfen. Die erste, die auf dem Markt Erfolg hatte, kam von der amerikanischen Firma Remington. Sie erschien 1874 und definierte die Schreibmaschine, wie wir sie kennen. Der Haupterfinder Latham Sholes wurde vor zweihundert Jahren, am 14. Februar 1819, in Mooresburg im US-Bundesstaat Pennsylvania geboren.
Es ist die einzige Fotografie, auf der er jünger aussieht – bitte anklicken, da wir sie aus rechtlichen Gründen nicht direkt zeigen können. Sie wurde wohl in den späten 1840er-Jahren aufgenommen, als Christopher Latham Sholes auf die dreißig zuging. (Der erste Vorname wird meist weggelassen.) Er blickt melancholisch in die Welt, ein Kinnbart dringt aus dem Stehkragen hervor. Später wurde das Haar grau und der Kinn- zum Vollbart. So kennen wir ihn aus Büchern über seine bekannteste Erfindung, die Schreibmaschine.
Geboren wurde Latham Sholes am 14. Februar 1819 in einem Blockhaus im Dorf Mooresburg. Dieses liegt im US-Bundesstaat Pennsylvania nahe dem Fluss Susquehanna. Die Familie hatte englische Wurzeln – Scholes ist ein britischer Ortsname. Ein Vorfahre zählte zu den Pilgervätern, die 1620 mit der „Mayflower“ nach Amerika segelten. Lathams Vater Orrin betrieb eine Schreinerei im Nachbarort Danville, wohin die Familie bald umzog. Latham Sholes beendete mit vierzehn die Schule und begann eine Lehre als Drucker.
Als er achtzehn war, stand der nächste Umzug an. Diesmal ging es weit in den Westen nach Wisconsin. Die Region am Michigansee war ein Territorium, ein provisorischer Bundesstaat, bevor sie 1848 in die Union aufgenommen wurde. Unterstützt von seinem älteren Bruder machte Latham Sholes Karriere als Journalist und Zeitungsverleger; zudem betätigte er sich in der Politik. 1840 heiratete er, und im Laufe der Zeit stellen sich zwölf Kinder ein. Zwei starben früh. Er engagierte sich politisch gegen die Todesstrafe, die 1853 in Wisconsin abgeschafft wurde. Das Gesetz gilt noch heute.
Ab 1860 lebte Latham Sholes in der Stadt Milwaukee; neben der Verlagstätigkeit leitete er zeitweise die Postverwaltung, das Baudezernat und das Zollamt. Außerdem bastelte er gerne. Schon in den 1840er-Jahren hatte er ein Gerät erfunden, das Zeitungen mit Adressen versah. 1864 erdachte er eine Maschine zum Paginieren von Buchseiten und erhielt zusammen mit dem Drucker Samuel Soulé ein Patent. Danach befasste er sich mit einem Thema, das damals in der Luft lag: einer Maschine zum Schreiben.
Das erste Schreibmaschinen-Patent erhielt 1714 der Engländer Henry Mill. 1821 erfand Karl von Drais im Großherzogtum Baden ein Schreibklavier, 1829 eine Schnellschreibmaschine. Im gleichen Jahr baute William Burt den ersten amerikanischen Schreibapparat. In den 1850er-Jahren legten Giuseppe Ravizza in Turin und Samuel Francis in New York schreibende Pianos vor. Von 1864 bis 1869 fertigte der Südtiroler Peter Mitterhofer fünf Maschinen aus Holz. 1865 schuf Rasmus Malling-Hansen in Dänemark die erste Schreibkugel.
Im Juli 1867 las Latham Sholes einen Artikel in der Zeitschrift „Scientific American“ über eine Type Writing Machine. Er beschrieb die Vorführung einer Schreibmaschine in London; gebaut hatte sie der Amerikaner John Pratt. Sholes überlegte und bastelte ein Modell für einen Buchstaben, siehe obige Zeichnung. Nach der Grundidee konstruierte er mit seinen Freunden Carlos Glidden und Samuel Soulé eine größere Maschine. Sie war im Spätherbst 1867 fertig. Am 1. Mai 1868 beantragte das Trio ein Patent und erhielt es am 23. Juni.
Der im Ölgeschäft reich gewordene James Densmore, ein entfernter Bekannter von Sholes, stieg als Geldgeber und Berater ein. Er ließ Kopien des Urmodells bauen und gab sie an eine Telegraphisten-Schule in Chicago. Im praktischen Einsatz entstand aus der ursprünglich alphabetischen Tastatur die vertraute QWERTY-Reihe, die später auch auf den Computer übersprang. Latham Sholes verbesserte seine Maschine immer weiter, bis sie sich dem vertrauten Schreibmaschinen-Design annäherte. Im August 1872 widmete der „Scientific American“ ihr ebenfalls einen großen Artikel. Ihm entnahmen wir das Eingangsbild.
Am 1. März 1873 schloss James Densmore einen Vertrag über die Fertigung der Maschine mit der Firma Remington und Söhne. Sie saß im Bundesstaat New York und war durch Waffen groß geworden; sie baute aber auch Nähmaschinen. Latham Sholes profitierte davon wenig; er hatte die Patentrechte für 12.000 Dollar an Densmore veräußert. Was ihm blieb, war der Name Sholes and Glidden Typewriter, mit dem Remington die Schreibmaschine versah. Der dritte Erfinder, Samuel Soulé, war einige Jahre zuvor ausgestiegen.
Am 1. Juli 1874 kam das erste Remington-Modell auf den Markt. Bis zum Jahresende wurden nur 400 Exemplare verkauft, aber es war der Start einer neuen Industrie. Die Erfinder ruhten nicht, neue Firmen wurden gegründet, und die Maschinen entwickelten sich schnell weiter. Ein großer Sprung nach vorn gelang dem amerikanischen Hersteller Underwood in den 1890er-Jahren mit der sichtbaren Schrift. Die Technik basierte auf Patenten des pfälzischen Einwanderers Franz Xaver Wagner.
Zwei Söhne von Latham Shole konstruierten gleichfalls Schreibmaschinen. Er selbst starb am 17. Februar 1890 in Milwaukee. Sein Grab blieb zunächst unmarkiert; 1917 wurde Geld gesammelt und ein Denkmal errichtet. Neben Bescheidenheit und Erfindergeist besaß Sholes Sinn für Humor und Selbstironie. Überliefert ist der Ausspruch: „Ich versuchte mein Leben lang, nicht Millionär zu werden, und ich glaube, es ist mir hervorragend gelungen.“ Am kommenden Donnerstag würde Latham Sholes zweihundert Jahre alt.
Die Schreibmaschine hat mehrere Väter
Neben Sholes müsste man mindestens auch Peter Mitterhofer aus Partschins erwähnen (1864). Vom Südtiroler Erfinder sind Maschinen in Bozen, Dresden und Wien erhalten, vgl. dazu
Meilensteine der Rechentechnik, Band 1
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Meilensteine der Rechentechnik, Band 2
https://www.degruyter.com/view/product/503373