LC80 – der erste Heimcomputer der DDR

Geschrieben am 04.10.2024 von

1984 gab es in der DDR den Frühling der Computer. Im März erschienen auf der Leipziger Messe der Bürorechner PC 1715, die Kleincomputer Z 9001 und HC 900, der Chess-Master für das Schachspiel und der LC80 zum Lernen. Im Sommer 1984 gelangte er für 720 Mark in den Handel. Er war der erste ostdeutsche Heimcomputer.

Sein Ursprung ist mysteriös. Angeblich kam der Anstoß zur Entwicklung des Lerncomputers LC80 aus England; die fertigen Modelle sollten von West-Berlin aus vertrieben werden. Das Geschäft zerschlug sich aber. Die Premiere erfolgte 1984 auf der Leipziger Frühjahrsmesse, auf der mehrere ostdeutsche Acht-Bit-Rechner als Prototypen zu sehen waren, zum Beispiel der PC 1715, der Z 9001 und der HC 900. Im Sommer war der LC80 regulär in der DDR erhältlich; er kostete 720 Mark.

Der Lerncomputer ging aus der Beratungs- und Informationsstelle Mikroelektronik des VEB Mikroelektronik hervor, des früheren Funkwerks Erfurt. Chefentwickler war Werner Kämpf. Die Serienfertigung erfolgte im erwähnten volkseigenen Betrieb. Er bildete den Kern des Kombinats Mikroelektronik und war eine Säule der DDR-Hochtechnologie. Der Betrieb widmete sich vor allem der Chip-Produktion. Hier entstand der Acht-Bit-Mikroprozessor U880, ein Nachbau des amerikanischen Zilog Z80.

Lerncomputer LC80 mit Netzteil und Bedienungsanleitung

Der U880 steckte auch im LC80, in unserem Eingangsbild sitzt er links oben auf der DIN-A4-großen Grundplatine. Sie trägt zudem die Chips für den Arbeits- und den Festwertspeicher; ersterer fasste ein Kilobyte, in das ROM passte das Doppelte. Als Massenspeicher ließ sich ein Kassettenrekorder anschließen. Rechts unten befinden sich die 25 Eingabetasten, die an einen Taschenrechner erinnern; an der Stelle des Resultats prangt der Name „LC80“. Direkt darüber erkennen wir die sechsstellige Output-Anzeige, die im Foto ausgeschaltet ist.

Programmiert wurde der LC80 mit der Maschinensprache des U880-Prozessors, die Befehle tippte man im Hexadezimal-Code ein. Für alles Weitere empfehlen wir die Internet-Seite zum Computer; die Downloads führen zu Handbüchern und Programmen. Offiziell sollte der LC80 die zitierte Maschinensprache trainieren, doch dürften Spiele sicher mehr Interesse erweckt haben. Wer den Rechner technisch erweiterte, konnte erstaunliche Resultate erzielen. So schuf ein Schüler aus Frankfurt an der Oder eine „Raketenabwehr“ mit Ton-Effekten.

Poly-Computer 880 im vornehmen Diplomatenkoffer

Als Lernsystem galt 1983 auch der Poly-Computer 880 des VEB Kombinat Polytechnik und Präzisionsgeräte Karl-Marx-Stadt; heute heißt die Stadt wieder Chemnitz. Entwickelt hatten ihn Forscher der örtlichen Technischen Hochschule. Während den LC80 eine Mappe aus Kunstleder schützte, kam der Poly-Computer im Diplomatenkoffer und kostete 3.449 Mark. Er war aber nur für Schulen und Berufsschulen gedacht. Der Rechner operierte ebenfalls mit dem U880-Chip und einem Kilobyte freien Speicher und wurde mit Maschinensprache programmiert. Hier und hier steht mehr zu ihm.

Wer fleißig lernt, ist bald gebildet und braucht einen Bildungscomputer. Ein solcher erschien auf der Leipziger Frühjahrsmesse 1988 unter der Bezeichnung A5105. Von Juli 1989 bis April 1990 wurden 5.000 Stück vom Kombinat Robotron in Dresden hergestellt. Im Inneren wirkte noch immer der Mikroprozessor U880, doch bot der Arbeitsspeicher jetzt 64 Kilobyte an. Der Grafik-Chip U82720 – ein Nachbau des japanischen NEC 7220 – brachte 640 × 200 Pixel mit sechzehn Farben auf den Monitor. Eine spätere Vermarktung im Westen scheiterte.

Ein Robotron-Bildungscomputer, aufgenommen im alten Computermuseum Hoyerswerda

Damit endet unser Ausflug in die pädagogische Informatik der DDR. Die Anregung dazu gab das Buch Von Robotron bis Poly-Play des Leipziger Computerjournalisten René Meyer, das im Juli 2024 im Verlag Das Neue Berlin erschien. Es ist eine überarbeitete und wesentlich erweiterte Ausgabe von Meyers „Computer in der DDR“ aus dem Jahr 2019: hier geht es zu einer Leseprobe. Auf YouTube findet sich ein Filmbericht von 1987 über die Chipherstellung in Erfurt; das ist der erste und das der zweite Teil.

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