Mail von der Queen

Geschrieben am 24.03.2016 von

Die Keimzelle des Internets ist das ARPANET, das 1969 mit vier Knoten in den USA startete. 1973 kamen Anschlüsse in Norwegen und England hinzu. Vom Knoten im University College London wurde später eine Leitung zum staatlichen Forschungsinstitut für Radartechnik in Malvern gelegt. Hier schickte Königin Elisabeth II. am 26. März 1976 ihre erste E-Mail ab.

Zu Beginn sei an den am 5. März 2016 verstorbenen Ray Tomlinson erinnert, den Erfinder der E-Mail. Er wurde 1941 im Städtchen Amsterdam im US-Bundesstaat New York geboren. Nach dem Studium arbeitete er in Boston in der Firma Bolt, Beranek and Newman, die das digitale Netzwerk ARPANET entwickelte. Die erste Leitung stand am 29. Oktober 1969, die ersten vier Knoten waren am 5. Dezember 1969 verknüpft. Ende 1971 benutzte Tomlinson das neue Netz, um von einem Computer seiner Firma zu einem zweiten eine elektronische Nachricht zu übermitteln.

Mit der Zeit wurde aus dem ARPANET das globale und allseits vertraute Internet. In den Anfangsjahren verband es noch kühlschrankgroße Minicomputer, die IMPs und die TIPs. An einen IMP oder Interface Message Processor konnten dann weitere Rechner angeschlossen werden, an einen TIP oder Terminal Interface Processor ganz analog mehrere Terminals. Sie sahen schon so aus wie die späteren Personal Computer, dienten aber nur dem Eingeben und Anzeigen von Texten.

Ray Tomlinson (1941-2016)

Ray Tomlinson (1941-2016)  (Foto http://web.mit.edu/)

Der Text der ersten Mail ist unbekannt, er war wohl eine zufällige Kombination von Buchstaben. Die elektronische Post belegte in den ersten Jahren drei Viertel der Kapazität des ARPANET, welches sich stetig vergrößerte. Im Herbst 1973 war es von den vier Knoten von 1969 schon auf 41 angewachsen. Zwei davon lagen in Europa, der ARPANET-Zugang in der norwegischen Stadt Kjeller und der im University College der englischen Hauptstadt London.

Der Anschluss in Kjeller 25 Kilometer östlich von Oslo wurde im Juni 1973 freigeschaltet. Er übertrug seismologische Daten des Forschungsverbunds NORSAR und ebenso, was weniger publik gemacht wurde, Informationen zu unterirdischen Atombombentests der Sowjetunion. Wir sollten nicht vergessen: Das ARPANET gehörte dem Militär. Die wissenschaftlichen und die heimlichen ARPANET-Meldungen strömten zu einer Satelliten-Bodenstation in Schweden und von dort über einen geostationären Nachrichtensatelliten in die USA.

Schon 1970 entstand die Idee eines Abzweigs nach England, der über ein Kabel durch die Nordsee führen sollte, doch es dauerte noch bis zur Realisierung. Am 25. Juli 1973 ging aber das erste Datenpaket vom University College London über einen Terminal Interface Processor an das Institut für Informationswissenschaften der Universität von Südkalifornien. Möglich gemacht hatte es der Informatiker Peter Kirstein, der 1933 in Berlin geboren wurde und als kleiner Junge mit der Familie nach Großbritannien kam.

Kirstein schilderte in einem lesenswerten Aufsatz seinen Kampf gegen die Bürokratie Ihrer Majestät und für die Einführung des neuen Computernetzes in England. 1973 wurde das Rutherford-Atomlabor in der Grafschaft Oxfordshire hinzugefügt, später folgten die British Library in London und ein staatliches CAD-Forschungsinstitut in Cambridge. Auch die Post machte mit sowie das Science Research Council, das britische Gegenstück zur DFG. Und das britische Verteidigungsministerium schloss seine Standorte Aldermaston und Malvern an.

Königin Elisabeth II.

Königin Elisabeth II.

Während in Aldermaston ähnlich wie in Kjeller Seismographie betrieben wurde, arbeitete in Malvern im ländlichen Worcestershire das Royal Signals and Radar Establishment. Dieses widmete sich der analogen Funk- und Radartechnik, besaß aber Digitalrechner, darunter Minicomputer des Typs GEC 4080. In Malvern kehrte vor vierzig Jahren, am 26. März 1976, Königin Elisabeth II. ein, um das Institut ans ARPANET anzuschließen. Dies geschah durch Versenden einer Mail des folgenden Inhalts:

This message to all ARPANET users announces the availability on ARPANET of the Coral 66 compiler provided by the GEC 4080 computer at the Royal Signals and Radar Establishment, Malvern, England. Coral 66 is the standard real-time high level language adopted by the Ministry of Defence. The message was transmitted over the ARPANET by Her Majesty The Queen on the occasion of her visit to Malvern on 26th March 1976.

Die oben erwähnte Programmiersprache Coral 66 war zu jener Zeit im britischen Militär und in der Industrie verbreitet. Die Königin musste ihre Mail wohl nicht in voller Länge eintippen, sondern nur mit dem Usernamen „HME2“ einen schon präparierten Text abschicken. Wer der Krone heute eine Nachricht senden möchte, kann dies über die Adresse www.royal.uk oder über den Twitter-Kanal @RoyalFamily tun.

Peter Kirstein, der das Vereinigte Königreich ins Internet brachte, erhielt 2003 den Orden des British Empire im Range eines Commanders. Seit 2012 ist er Mitglied der Internet Hall of Fame und seit 2015 Träger des Marconi-Preises. Er ist auch in diesem Video zu sehen. Wir bedanken uns herzlich bei ihm für das Eingangsbild, das die Queen beim Abschicken der Mail zeigt, und für die Erlaubnis, es im Blog nutzen zu können.

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