Roboter des Wirtschaftswunders

Geschrieben am 03.02.2023 von

Am 2. Februar 1959 meldete die Markes & Co. KG aus Lüdenscheid ein Patent für eine „Auf einer Ebene frei bewegliche Roboterfigur“ an. Im November kam sie als DUX-Astroman in den Handel. Die Figur zählt zu den wenigen menschenähnlichen Robotern aus deutscher Produktion. 1952 wurde der Roboter Roberto bekannt, den die Post zur Werbung nutzte.

In den Nachkriegsjahren regierte Sabor das Reich der Roboter. Den künstlichen Menschen aus der Schweiz stellten wir ebenso im Blog vor wie seinen Assistenten Nico. Sabor-Konstrukteur August Huber erhielt 1954 für Nico sogar ein Patent. Sabor bereiste die Länder Europas und trat im Fernsehen auf. Hier erleben wir ihn 1962 auf einer Erfindermesse.

Ganz unangefochten war seine Herrschaft nicht. 1952 baute der Werbefachmann Bernhard Kollwitz für die Bundespost den Roboter Roberto. Er wog fünfzig Kilogramm und hatte eine Höhe von zwei Metern; er ist unten und im Eingangsbild zu sehen. Roberto wurde mit einem Kabel gesteuert; „Zoll um Zoll ging er seinen bedächtigen Weg“, schrieb eine Zeitung. Sein Innenleben zeigte wenig maschinelle Intelligenz, den Gang verdankte er wohl Rädern in den Füßen. Immerhin war er der erste mobile und humanoide Roboter aus Deutschland – die Filmroboter zählen wir dabei nicht mit.

Begeistert wirkte Roberto nicht, als er 2022 im Berliner Museum für Kommunikation stand. Der Text neben ihm sprach von „gescheiterten und verkannten Ideen“.

Den nächsten Roboter konnte man ab November 1959 im Laden kaufen. Der Astroman maß von Kopf bis Fuß 35 Zentimeter und kostete 34,50 DM. Der Name versetzte ihn in die Welt der Raumfahrt, die Gebrauchsanweisung beschrieb einen Einsatz auf dem Mond. Ein Kabel verband den Astroman mit dem Steuergerät, das auch die Batterien enthielt. Er bewegte sich vorwärts, bückte und streckte sich, hob und senkte die Arme und konnte Objekte ergreifen. Der Hersteller nannte ihn ein „Wunderwerk des Spielzeugbaus gleich reizvoll für Vater und Sohn“.  Mütter und Töchter spielten damals nicht mit der Technik.

Die Produktion des Roboters fand bei der Markes & Co. KG in der Stadt Lüdenscheid statt. Die Elektromotoren und die Mechanik lieferte die in Nürnberg ansässige Gebrüder Bühler Nachfolger GmbH, von Markes kam vor allem der Kunststoff-Körper. Die Firma wurde 1904 gegründet; sie fertigte Werkzeuge und Kugellager und ab 1916 Teile für Metallbaukästen. 1932 begann sie mit der Herstellung von Auto-, Flugzeug- und kompletten Baukästen der Marke DUX. Von 1935 an verkaufte sie den kleinen Filmprojektor DUX Kino samt Filmen. Heute sitzt Markes westlich von Lüdenscheid im Ort Halver und macht Metallwaren.

Eine Grafik aus dem amerikanischen Astroman-Patent Nr. 3.128.575 von 1960. In der Zeichnung fehlen die beiden Elektromotoren.

Am 2. Februar 1959 meldete die Firma die „Auf einer Ebene frei bewegliche Roboterfigur“ zum Patent an. Es wurde 1966 mit der Nummer 1.193.846 erteilt. Als Erfinder nannte die Markes & Co. KG Lothar Stanetzki aus Bonn. Stanetzki war Ingenieur und nach dem Zweiten Weltkrieg aus Schlesien nach Westen geflüchtet. In Bonn veröffentlichte er Bilderbücher mit verschiebbaren Bildteilen, die Lebenden Märchen. 1950 stellte er ein in zehn Sekunden auswechselbares Autorad vor. Später erdachte Stanetzki Kinderspiele, bei denen man Figuren mit Magneten unter der Spielfläche lenkte.

Die letzten Erfindungen, eine Alarmanlage und ein Gerät zum Öffnen von Getränkedosen, meldete er im Januar 1990 an. Danach verliert sich seine Spur. Den DUX-Astroman bot die Firma Markes bis 1964 an. Schon vorher erschien in Japan der freie Nachbau Mr. Mercury, der in die USA exportiert wurde. Lothar Stanetzkis Original hat immer noch Fans. Hier findet sich ein YouTube-Film im Hochformat, dieses Video ist breiter und länger, und es wirft einen Blick auf die Mechanik unter der Plastik-Verkleidung.

DUX-Astroman von der Seite: Man beachte die rudimentären Hände. (Foto Tilmann Fuchs)

Wir bedanken uns beim Astroman-Experten Tilmann Fuchs für die Erlaubnis, sein Foto in unserem Blog zu veröffentlichen, sowie bei Jörg Sellnow für das Bild unten. Wir empfehlen außerdem die umfangreiche Internetseite von Klaus Lemper, der einiges über den Roboter und seinen Schöpfer herausfand. In den 1960er- und 1970er-Jahren eroberten künstliche Menschen aus Japan die Kinderzimmer. 1986 eröffnete in Yokohama für sie ein Museum, eine kleinere Robotervitrine legte 2017 das Deutsche Technikmuseum in Berlin an.

Wir wenden uns noch einmal den größeren Show-Robotern zu. In der Retro-Mediathek trafen wir schon den schweizerischen Sabor; das ist ein Bericht über den Bastler Gerd Rauch. Er lötete vor sechzig Jahren einen Robby in Wiesbaden zusammen, von den beiden überlebte auch ein Pressefoto. Im Oktober 1964 trat Symbolek in Halle vor die Kamera. Die drehende Antenne wurde vielleicht durch den Science-Fiction-Streifen Planet der Stürme inspiriert, in dem ein Astro-Mann namens John agierte. Roboter gehören eben in den Weltraum.

Diesen Astroman machte Jörg Sellnow vom Plastik-Modellbauverein Augsburg wieder fit. Bitte den Karton beachten!  (Foto Jörg Sellnow)

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2 Kommentare auf “Roboter des Wirtschaftswunders”

  1. Astroman looks like the robot in Forbidden Planet.
    Or was it chronologically the other way around?

    1. HNF sagt:

      The German version of „Forbidden Planet“ with the title „Alarm im Weltall“ came out in 1957, so it is possible that Astroman’s inventor Lothar Stanetzki saw it.

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