Stimmen vom Himmel
Geschrieben am 06.04.2015 von HNF
Vor 50 Jahren, am 6. April 1965, erfolgte der Start des Intelsat I, des ersten geostationären Nachrichtensatelliten über dem Atlantik. Er übertrug Telefonate und Fernsehsendungen von Amerika nach Europa und umgekehrt. 1967 ermöglichte er mit anderen TV-Trabanten die globale Live-Sendung „Our World“. Inzwischen werden Satelliten wie der Intelsat aber immer mehr durch transatlantische Glasfaserkabel verdrängt.
Setzt man durch Zauberei oder Technik ein größeres Objekt knapp 36.000 Kilometer über den Äquator und verleiht ihm eine Geschwindigkeit von 3,07 Kilometern pro Sekunde auf einem Kurs parallel zu jener Linie, so kreist es nach der Regeln der Physik in 24 Stunden genau einmal um die Erde. Da sich auch die Erde in dieser Zeit einmal um ihre Achse dreht, scheint das Objekt für jeden Beobachter, der es vom Boden aus sehen oder anpeilen kann, am Himmel stillzustehen.
Das ist das Grundpinzip der geostationären Raumstation, das schon in den 1920er Jahren unter Weltraumvisionären wie dem Slowenen Herman Potočnik kursierte. 1945 veröffentlichte der englische Autor Arthur C. Clarke ein Konzept, um die ganze Erde mit Rundfunk und Fernsehen zu versorgen. Dabei schicken starke Sender die Programme an drei erdumkreisende Stationen, die sie empfangen und nach unten zurücksenden. Auf bemannte Stützpunkte in solcher Entfernung warten wir noch immer – die Raumstation ISS kreist nur rund 400 Kilometer hoch – aber seit einem halben Jahrhundert gibt es geostationäre Satelliten für Wetterbeobachtung und für Kommunikation.
Der erste Trabant dieser Art war der amerikanische Syncom 3, den die NASA im August 1964 über dem Pazifik stationierte; er übertrug im Oktober Fernsehaufnahmen der Olympischen Sommerspiele von Tokio in die USA. Von dort aus gelangten Magnetbänder mit den TV-Aufzeichnungen auch per Flugzeug nach Europa, was immer noch schneller war als der Luftweg von Japan über Asien. Der zylinderförmige, mit Solarzellen besetzte Syncom 3 hatte einen Durchmesser von 71 Zentimetern, eine Länge von 58 Zentimetern und kam von der Raumfahrtabteilung der Firma Hughes.
Eine verlängerte und verbesserte Version des Syncom war der Early Bird, den Hughes für die amerikanische Communications Satellite Corporation oder COMSAT baute. Er wurde vor genau 50 Jahren am 6. April 1965 mit einer Delta-Trägerrakete in Cape Kennedy gestartet – in Deutschland schrieb man zu diesem Zeitpunkt schon den 7. April. Draußen im All ging der Frühaufsteher in den Besitz des International Telecommunications Satellite Consortium über, in dem die COMSAT die führende Rolle spielte, und erhielt den Namen Intelsat I. Der Betrieb des Satelliten, der über dem Äquator auf Position 28° West kreiste, begann Ende Juni 1965.
Seine Bedeutung liegt hauptsächlich darin, dass er der erste privatwirtschaftliche geostationäre Nachrichtensatellit war. Da auch die Bundesrepublik einen kleinen Anteil am Konsortium hielt, durfte sie zwölf der 240 Fernsprechkanäle des Intelsat nutzen sowie ab und zu Fernsehberichte empfangen. Die Bodenstation oder Erdfunkstelle lag beim bayrischen Dorf Raisting unweit von Weilheim und umfasste in der ersten Ausbaustufe eine Parabolantenne mit 25 Meter Durchmesser. Die terrestrische Zuleitung erfolgte über eine Richtfunkstrecke zur Zugspitze, und von dort aus gelangten Telefonate wie TV-Sendungen in die Netze der Post.
Im März 1967 erhielt Intelsat I Gesellschaft durch den doppelt so großen geostationären Satelliten Intelsat II F-3, der bei 15° West geparkt wurde. Am 25. Juni 1967 übertrug der Veteran aber seine bis heute bekannteste Sendung, die weltumspannende und live ausgestrahlte Fernsehshow „Our World“, an der unter anderem die ARD mitwirkte. Höhepunkt war der Beitrag der BBC, die Premiere des Songs „All You Need Is Love“ durch die Beatles. (Die ARD zeigte eine Richard-Wagner-Probe in Bayreuth.) Im Januar 1969 beendete Intelsat I den Regelbetrieb.
Syncom 3 und Intelsat I waren der Beginn einer technischen Entwicklung, die letztlich zu den Zigtausenden von Satellitenschüsseln führte, die unsere Hausfassaden schmücken – global sind es sicher Millionen. Parallel dazu wuchsen aber ebenso die terrestrischen Kommunikationsnetze. Der Internetverkehr auf der ganzen Erde läuft primär durch Glasfaserkabel, und einige davon liegen natürlich auch auf dem Boden des Atlantiks.
Ein Kommentar auf “Stimmen vom Himmel”