Von Andy Warhol getestet: 30 Jahre Amiga-Computer
Geschrieben am 23.07.2015 von HNF
Am 23. Juli 1985 stellte die Computerfirma Commodore in einer Festveranstaltung in New York ihren neuen Amiga vor. Dieser Rechner besaß für einen Heimcomputer ungeahnte Grafik- und Multimedia-Fähigkeiten, die der Pop-Art-Künstler Andy Warhol an Ort und Stelle dem Publikum vorführte. Legendär wurde später der Konkurrenzkampf zwischen dem Amiga und dem Anfang 1985 vorgestellten neuen Atari-Computer.
Wer sich für die jüngere IT-Geschichte interessiert, denkt beim Namen Commodore wohl zuerst an den C64, den erfolgreichsten Heimcomputer aller Zeiten. Seit 1983 in Westdeutschland erhältlich, lockte er Millionen männlicher Teenager in die Welt der Computertechnik und zu den Freuden des Computerspiels. Neben dem 8-bit-Klassiker fertigte die Firma aus West Chester im US-Bundesstaat Pennsylvania aber noch andere bahnbrechende Produkte: die Rechner der Marke Amiga.
Die Amigas entsprangen dem Wandel der amerikanischen Computerbranche in den 1980er-Jahren. Im Januar 1984 verließ Commodore-Gründer Jack Tramiel sein altes Unternehmen, und mit ihm gingen weitere wichtige Mitarbeiter. Das Management in West Chester übernahm daraufhin im Sommer 1984 eine junge Firma namens Amiga, die auf Computermessen den Prototypen eines von ihr entwickelten 32-bit-Rechners zeigte. Er besaß phänomenale Multimedia-Kapazitäten, besonders verblüffte die Animation eines springenden Balls.
Vater des Geräts war der in Arizona geborene Ingenieur Jay Miner, der in den 1970er Jahren zunächst Chips für den Videospiel- und Computerhersteller Atari entwarf. In den frühen Achtzigern machte sich Miner mit einigen Kollegen selbständig und schuf ein völlig neues System mit Decknamen Lorraine, das auf dem Mikroprozessor Motorola 68000 basierte. Neben dem 32-bit-Prozessor umfasste es drei Chips Agnus, Denise und Paula, welche die Audio-, Grafik- und Videofunktionen beisteuerten.
Mit dem Geld von Commodore entstand die erste kleine Serie eines „richtigen“ Computers, des Amiga. In der Grundversion besaß er eine Taktfrequenz von 7,16 Megahertz für NTSC-Monitore bzw. 7,09 MHz für PAL und einen Arbeitsspeicher von 256 Kilobyte, den man durch eine Erweiterungskarte auf 512 Kilobyte aufstocken konnte. Mit allem Drum und Dran kostete der Amiga 1600 Dollar, später auf dem deutschen Markt rund 5.500 DM.
Die Präsentation des Rechners fand am 23. Juli 1985 in einem Theater des piekfeinen Lincoln Center in New York statt. Nach Vorführung der zu jener Zeit überwältigenden Multimedia-Fähigkeiten traten Andy Warhol und Debbie Harry („Blondie“) auf die Bühne, und der Pop-Art-Star unterzog ein schnell geknipstes Digitalfoto der Sängerin der künstlerischen Bearbeitung. Den Abschluss des Festes bildete ein Ballett, bei dem synchron eine Amiga-Animation der Tänzerin auf die Wand projiziert wurde.
Im Anschluss an die geglückte Präsentation lief die Vermarktung nur langsam an. Bis Ende 1985 hatten gerade einmal 35.000 Amigas einen User gefunden; 1986 pendelten sich die Verkäufe zwischen 10.000 und 15.000 im Monat ein. Der Durchbruch kam mit dem verbesserten und verbilligten Modell Amiga 500; 1989 setzte Commodore weltweit eine Million Stück ab. Die Urversion von 1985 trug inzwischen den Namen Amiga 1000.
Die deutsche Einführung des Amiga geschah im März 1986 in der Alten Oper in Frankfurt. Danach zog der Computer in Scharen die Besucher der CeBIT an. Wie spätere Statistiken zeigen, fanden die verschieden Typen in Europa mehr Freunde als in den USA, Commodore konnte in Deutschland anderthalb Millionen verkaufen. 1989 wurde der Amiga 500 zum Computer des Jahres gewählt und galt landauf, landab als beste Spieleplattform überhaupt.
Keine Amiga-Geschichte wäre vollständig ohne den „heiligen Krieg“ zwischen Amiga- und Atari-Fans. Der Atari 520 ST erschien 1985 auf der Hannover Messe und verblüffte mit seinem Preis-Leistungs-Verhältnis. Wie der Amiga enthielt er den 68000-Prozessor. Während der eine bei Multimedia und Multitasking glänzte, punktete der andere mit der MIDI-Schnittstelle. Hinter dem Atari stand niemand anderer als Jack Tramiel, der die alte Firma neu gegründet hatte und „Business is War“ verkündete.
Die 1990er-Jahre brachten das Ende des Krieges und beider Firmen. Tramiel starb 2012. Die Zukunft gehörte dem PC und seinen Klonen mit Intel-Chips und Mikrosoft-Betriebssystem sowie der Firma Apple. Die Amiga-Kunst von Andy Warhol blieb uns jedoch erhalten. Sie lagerte jahrzehntelang in dem ihm gewidmeten Museum in Pittsburgh und wurde vor wenigen Jahren wieder zum Laufen gebracht. Es folgen noch drei Amiga-Grafiken von Warhol (courtesy of The Andy Warhol Museum). Das Eingangsbild wurde von Kaivv aufgenomen und von Pixel8 bearbeitet, CC BY-SA 3.0.