CharlesStanhope

Charles Earl Stanhope (1753-1816)

Geschrieben am 19.12.2025 von

Vor 250 Jahren entstand die erste echte Rechenmaschine in England, sie enthielt eine Eingabeeinheit mit abgewandelten Staffelwalzen. Konstruiert hatte sie Charles Stanhope, Spross einer Adelsfamilie aus der Grafschaft Kent. Danach erdachte er ein weiteres Gerät für die vier Grundrechenarten sowie einen Addierer. Er schuf außerdem mehrere Exemplare einer kleinen Maschine, die logische Schlüsse ziehen konnte.

Der erste Earl Stanhope hieß James, lebte von 1673 bis 1721 und brachte es bis zum „Chief Minister“ des aus Hannover stammenden Königs Georg I. Philip Stanhope, der Earl Nummer Zwei,  wurde 1714 geboren und starb 1786. Er interessierte sich für Mathematik, vor allem für die Wahrscheinlichkeitsrechnung. Er publizierte nichts dazu, doch seine Papiere blieben erhalten; das ist eine Einführung.

Am 3. August 1753 kam sein zweiter Sohn Charles zur Welt. Nach dem Tode seines älteren Bruders und des Vaters erbte er den Adelstitel. Charles Stanhope besuchte die Schule von Eton und studierte Mathematik in Genf; 1779 schrieb er ein Buch über Elektrizität. Danach erfand er eine Druckerpresse, eine Unterart der Stereotypie und ein Mikroskop, schon mit neunzehn gehörte er der Royal Society an. Von 1780 bis 1786 saß er im Unterhaus, doch wegen seiner radikalen politischen Ansichten hatte er nur wenig Einfluss. Er war zweimal verheiratet; am 15. Dezember 1816 starb er im Familiensitz Chevening.

Die erste Stanhope-Rechenmaschine aus dem Jahr 1775. Bitte zum Vergrößern anklicken. (Foto Science Museum Group CC BY-NC-SA 4.0)

England verdankt dem dritten Earl Stanhope die erste Rechenmaschine, die diesen Namen verdiente. Zwar schuf Samuel Morland bereits 1666 ein Multiplizier-Instrument, aber es konnte bloß Additionen ausführen und besaß keinen Zehnerübertrag. Charles Stanhope konzipierte dagegen 1775 – also vor 250 Jahren – ein Gerät, das den ersten Faktor einer Multiplikation speicherte und ihn gemäß dem zweiten Faktor und mit Stellenverschiebung aufsummierte. Realisiert wurde es vom Londoner Uhrmacher James Bullock.

Ansichten der Maschine liefert obiges Foto und das Schaltorgane-Buch von Stephan Weiss, bitte zu PDF-Seite 24 gehen. Die Speicherung erfolgte durch mehrere Staffelwalzen, die in Ringe mit zunehmender Zahl von Zähnen unterteilt wurden. Das Bild unten zeigt die zweite Rechenmaschine von Stanhope und Bullock aus dem Jahr 1777. Sie enthielt eine Walze mit ausfahrbaren Sprossen, die man hier – bitte etwas scrollen – sehen kann. 1780 entstand noch eine Addiermaschine, die sich im Museum of the History of Science in Oxford befindet. Zu ihr produzierte das Bonner Arithmeum ein schönes Video.

Das Nachfolgemodell von 1777 (Foto Science Museum Group CC BY-NC-SA 4.0)

Neben seiner Rechenmaschine entwickelte Stanhope 1775 auch den Demonstrator, was man mit „Beweiser“ im Sinne der Logik übersetzen kann. Er war zehn Zentimeter breit und elf Zentimeter lang und besaß ein quadratisches Fenster; von links und recht sowie von oben ließen sich Schieber einführen, die man dann im Fenster sah. Der Demonstrator löste Aufgaben aus der klassischen Logik, bei denen aus zwei Prämissen ein bestimmter Schluss folgt. Er bewältigte außerdem Aussagen zu Wahrscheinlichkeiten.

Ein Beispiel: Aus „Primzahlen größer als 2 sind ungerade“ und „7 ist eine Primzahl größer als 2“ folgt logisch „7 ist ungerade“. Dies können wir in ein Problem für den Demonstrator umwandeln. Das Fenster repräsentiert die Primzahlen über der 2 und ein helles Plättchen, das von links kommt, die ungeraden Zahlen. Von rechts führen wir eine Glasscheibe ein, die für die 7 steht, und sehen im Fenster unter ihr den hellen Schieber. Das beweist, dass die 7 zu den ungeraden Zahlen gehört. Martin Gardners Buch Logic Machines and Diagrams schildert das Arbeitsprinzip etwas genauer. Das ist eine ältere Erläuterung.

Stanhope-Beweiser aus den 1800er-Jahren (Foto Science Museum Group CC BY-NC-SA 4.0)

Stanhope beschäftigte sich jahrelang mit dem Gerät und schuf auch eine runde Version. Logische Maschinen mechanischer und elektrischer Art entstanden bis ins 20. Jahrhundert; ab 1965 brachte uns die Künstliche Intelligenz Algorithmen für Beweise der Prädikatenlogik. Wer Latein versteht, mag das Buch Inventvm Novvm Qvadrati Logici Vniversalis studieren, das der deutsche Gelehrte Johann Christian Lange 1714 veröffentlichte. Es beschrieb eine barocke Logikmaschine, wir wissen aber nicht, ob sie je gebaut wurde. Leichter lesbar ist auf jeden Fall The Life of Charles, Third Earl Stanhope, das 1914 in London erschien.

Nicht vergessen dürfen wir den vierten Earl, Philip Henry Stanhope. Er studierte in Erlangen, interessierte sich für Botanik und stand 1831 in Kontakt zu dem mysteriösen Kaspar Hauser. Über ihn verfasste er auch ein Buch in deutscher Sprache. Der siebte und letzte Vertreter des Hauses, James Richard Stanhope, starb 1967, wie man sich denken kann, kinderlos.

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