Commodore aus Braunschweig
Geschrieben am 27.09.2019 von HNF
Im April stand in der Presse, wie vor 25 Jahren Commodore schloss. In der Tat meldete der amerikanische Computerhersteller am 29. April 1994 Konkurs an. Die Tochterfirmen in England und Deutschland machten jedoch weiter. Die Commodore Büromaschinen GmbH hörte erst im September 1994 auf. Ihre Zentrale saß in Frankfurt am Main, produziert wurde in Braunschweig.
Einst zählte sie zu den bekanntesten Computerfirmen der Welt: Commodore. Gegründet wurde sie 1954 vom gebürtigen Polen Jack Tramiel; sie baute zunächst Schreibmaschinen und Taschenrechner in Kanada. Nach dem Umzug in die USA bescherte sie uns 1977 den PET 2001, einen der ersten Acht-Bit-Rechner. 1982 kam der immens erfolgreiche C64.
1985 brachte Commodore den Amiga heraus; seine grafischen Fähigkeiten begeisterten die User. Bis 1993 schrumpfte der Marktanteil der Firma aber auf weniger als zwei Prozent. Im Juni des Jahres wurde im Stammwerk West Chester die Hälfte der Belegschaft entlassen. Am 25. April 1994 folgten die übrigen Angestellten mit Ausnahme der Top-Manager. Vier Tage später gab die Muttergesellschaft Commodore International – sie saß aus Steuergründen auf den Bahamas – die Insolvenz bekannt.
Zugleich teilte sie mit, dass die Maßnahme nicht die Tochterfirmen betreffe. Die machten also weiter, so gut es ging. Als profitabel galt neben dem englischen der deutsche Commodore-Zweig. Er startete 1971 als reine Vertriebsgesellschaft in Dreieich bei Frankfurt am Main. 1979 erklärte die Commodore Büromaschinen GmbH, auch eine Fertigung aufbauen zu wollen. Diese nahm 1980 den Betrieb auf, jedoch nicht in Hessen, sondern in Braunschweig.
Dort belegte Commodore ein leeres Fabrikgebäude im westlichen Ringgebiet, dem alten Industrieviertel der Stadt. Bei der Standortwahl spielte auch die Nähe der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt eine Rolle. Sie war ein guter Kunde und setzte in den frühen 1980er-Jahren rund vierhundert Rechner mit dem großen C ein. Commodore unterhielt in Braunschweig eine Entwicklungsabteilung, die Hauptarbeit entfiel auf das Einsetzen der Platinen, die aus Hongkong geschickt wurden, und den Zusammenbau von Computern und Disketten-Laufwerken.
Eindrücke aus dem Betrieb vermittelt ein Video; es ist Teil eines längeren PR-Films. Wir sehen die runden Formen des Modells CBM 8032-SK und den neuen Commodore C64. Die Montage nahmen Frauen vor; Männer saßen vor allem in der deutschen Hauptverwaltung. Sie zog 1982 in das Frankfurter Computerviertel Niederrad. Auch dazu hat ein Videoclip überlebt, ein weiterer zeigt das kleine Firmenmuseum. Die Braunschweiger Fertigung wurde 1987 vom Ring in ein Gewerbegebiet am nördlichen Stadtrand verlegt.
Hier erlebten zweihundert Mitarbeiter im April 1994 das Ende der Mutterfirma. Im Mai 1994 berichtete der SPIEGEL; er konzentrierte sich auf die fünfzig Angestellten in Frankfurt. Mitte September musste dann die Commodore Büromaschinen GmbH Konkurs anmelden. Aus Asien kamen keine Chips mehr, und es gab nichts, was man zusammensetzen konnte. Die englische Niederlassung hielt noch bis August 1995 durch. Die Reste von Commodore übernahm die deutsche Escom AG, ein Jahr später schloss sie ebenfalls.
Mittlerweile gehört das Commodore-Gebäude der Verpackungsfirma Streiff & Helmold. Am 24. Februar 2017 eröffnete sie eine Ausstellung zur Braunschweiger Computergeschichte. Sie kann an jedem ersten Freitag im Monat von 15 bis 17 Uhr besucht werden, sofern er nicht auf einen Feiertag fällt. Der Eintritt ist frei; hier ist sie im Video zu sehen. Wer mehr über die PET- und C64-Zeit wissen will, dem empfehlen wir 8-BIT GENERATION The Commodore Wars – der lange Dokumentarfilm von 2016 liegt seit März mit deutschen Untertiteln vor.
Eine Frage klärt der Film nicht: Warum heißt Commodore eigentlich Commodore? Nach Aussage von Jack Tramiel sah er bei einem Berlin-Besuch in den 1950er-Jahren einen Opel Commodore, und der Name gefiel ihm. Allerdings erschien der Autotyp erst 1967. Möglich wäre, dass Tramiel auf einen Opel Kapitän traf und ihn zum Commodore machte. Vielleicht sah er aber wirklich einen Commodore. Durchs alte West-Berlin fuhren viele Ami-Schlitten, und es gab den Commodore der Firma Hudson. Für die Millionen C64-Fans folgt ein Bild:
Einfach nur schön… nicht nur die Autos, sondern auch der Text … von den Erinnerungen an die alten Zeiten ganz zu schweigen…
Leider sind die deutschen Untertitel des Films „8-BIT GENERATION – The Commodore Wars“ anscheinend mit Hilfe des Google-Übersetzers entstanden. Die Qualität der Übersetzung ist, naja, leider bescheiden. ;-(
Könnte sich nicht ein sprach- und sachkundiger des HNF der Überarbeitung der „Übersetzung“ annehmen? Das wäre super!
Das wäre doch etwas aufwendig. Da lauschen wir lieber dem Originalton.
Danke für die Anregung, werde mich mit dem Film beschäftigen und mit meinen Erfahrungen abgleichen.