Der PC wird 35

Geschrieben am 12.08.2016 von

Am 12. August 1981 präsentierte IBM den Personal Computer. Er war nicht der erste Kleinrechner der Firma, doch er prägte am meisten die Entwicklung des Mikrocomputers. Sein Betriebssystem kam von Microsoft; mit ihm begann der Aufstieg der Firma. Der PC, seine Nachfolger und Kopien führten zur Aufteilung der Welt in das Microsoft-Intel- und das Apple-Reich.

Am Morgen des 12. August 1981, einem Mittwoch, versammelten sich an die hundert Medienvertreter in einem Saal des New Yorker Waldorf-Astoria-Hotels. IBM hatte zu einem Pressetermin geladen. Der baumlange IBM-Manager Don Estridge enthüllte das neue Produkt der Firma, den Personal Computer alias Modell 5150. Estridge führte ein kleines Programm vor, beantwortete ein paar Fragen, danach ging man wieder auseinander.

In den nächsten Tagen erfuhr die Welt vom kleinen Rechner. „IBM debütiert im Personal Computer-Markt“, berichtete die „Computerwoche“ am 21. August und verwies „auf das enorme Potential, das IBMs Schreibmaschinen-Kundschaft darstellt“. Der SPIEGEL steckte am 24. August die „Minis vom Riesen“ in den Kulturteil, gleich hinter die Theaterkritik. Zitat: „Bedient wird das Gerät mittels einer Tastatur mit 83 Tasten, die abnehmbar und so leicht ist, daß der Benutzer sie bequem im Sessel auf den Knien halten kann.“

Auch die Konkurrenz meldete sich. Apple, mit 23 Prozent Anteil der Marktführer bei Mikrocomputern, schaltete eine berühmte Anzeige: Welcome, IBM. Seriously. Die ernst gemeinte Botschaft gratulierte Big Blue, erinnerte aber daran, dass das Unternehmen mit dem Apfel das „first personal computer system“ erfand. Dass IBM nicht der einzige Lieferant für im Büro oder zuhause genutzte Rechner war, zeigt ebenso die Podiumsdiskussion über die Zukunft des Personal Computer, die im Oktober 1981 in Boston stattfand. Das Video dazu stellten wir in unserem Blog vor.

Dennoch war der IBM PC auf gewisse Weise einmalig. Er wurde in der Rekordzeit von einem Jahr in der IBM-Abteilung für Einstiegssyteme in Florida entwickelt. Wichtige Hardware- und Software-Elemente kamen von Fremdfirmen. Herz des Computers war der 16-Bit-Prozessor Intel 8088, das passende Betriebssystem lieferte Microsoft im fernen Seattle. Wobei die Firma von Bill Gates es nicht selbst schrieb, sondern in der lokalen Computerszene erwarb. Die Textverarbeitung EasyWriter stammte vom ehemaligen Telefon-Hacker John Draper.

"Datamaster" vom Juli 1981 (Foto IBM)

Der „Datamaster“ vom Juli 1981 (Foto IBM)

IBM hatte schon kleine Systeme gefertigt wie die Modelle 5100, 5110 und 5120. Einen Monat vor dem PC präsentierte man den „Datamaster“ mit dem 8-Bit-Chip Intel 8085. Die Geräte waren aber für Normalverbraucher zu teuer; so kostete der Datenmeister 9.000 Dollar. Dagegen gab es die Grundversion des Personal Computer für 1.565 Dollar, der auch besser aussah als die Vorläufer. Er wurde nicht nur von IBM-Filialen, sondern ebenso von Computerläden und einem großen Versandhaus angeboten.

Es dauerte bis 1982, doch dann wurde der PC ein Erfolgsmodell. 1983 produzierte die Fabrik in Florida 40.000 Stück pro Monat, was die Nachfrage nicht befriedigen konnte. Ende 1983 überschritt der IBM-Mikro die Schwelle von 750.000 verkauften Geräten und überholte den Apple II. Er schuf einen Industriestandard; kleine Software-Firmen schrieben Hunderte von Anwendungsprogrammen. Im März 1983 erschien das verbesserte Modell XT, das über eine Festplatte mit 10 Megabyte verfügte.

Westdeutschland erreichte der Personal Computer Anfang 1983. Die kleinste Konfiguration kostete 8.500 DM, bei den anspruchsvollen war man schnell im fünfstelligen Bereich. Einen Commodore C64 gab es zur gleichen Zeit für 1.495 DM und am Ende des Jahres für einen dreistelligen Betrag. Auf diese Weise teilte sich der Markt in preiswerte „Heimcomputer“ und teure „Personalcomputer“. Daneben hielten sich die Apple-Systeme und für kurze Zeit die Amigas und die Ataris.

Der PC wurde ein Opfer des Erfolgs. Seine Popularität und die Tatsache, dass Bill Gates wesentliche Rechte am Betriebssystem behielt, führten zu einer Fülle funktionsgleicher Nachbauten. Sie leisteten mehr, kosteten weniger und verdrängten die IBM-Originale. Big Blue gelang es bei den späteren PC-Typen nicht, den Markt zurückzuerobern. Das Ergebnis war die Wintel-Welt mit Computern, die mit Windows-Betriebssystemen und Intel-Chips oder kompatiblen Prozessoren laufen.

In den frühen 1990er-Jahren machte IBM eine schwere Krise durch. Der neue Chef Lou Gerstner führte ab 1993 die Firma wieder auf die Gewinnstraße. Sein Nachfolger Sam Palmisano verkaufte 2005 die gesamte PC-Sparte an den chinesischen Computerhersteller Lenovo. Die 1,25 Milliarden Dollar, die die Chinesen hinblätterten, gelten heute wahrscheinlich als Schnäppchenpreis.

Das Eingangsbild zeigt einen IBM PC (Foto: Jan Braun, HNF).

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3 Kommentare auf “Der PC wird 35”

  1. Ulrich Klotz sagt:

    Die Darstellung ist ergänzungsbedürftig. Wesentlich für den Markterfolg des PC und den späteren Aufstieg von Microsoft waren weniger die technischen Eigenschaften des IBM-PC – der in vielerlei Hinsicht sogar einen Rückschritt darstellte. Wesentlich war die Tatsache, dass das IBM-Management die Zukunftsentwicklung falsch einschätzte und deshalb die Kontrolle über das System aus der Hand gab. Siehe hierzu:
    http://bit.ly/FAZ_95_CompInd
    (ab Seite 2, 3. Spalte). Vielleicht gibt’s zum 40-jährigen Jubiläum mal eine vollständigere Darstellung?

  2. HNF sagt:

    Vielen Dank für die Ergänzung! Auf das Thema der Kompatiblen waren wir hier eingegangen: http://blog.hnf.de/die-kompatiblen-kommen/

  3. Tom sagt:

    Schöner Artikel. Da kommt direkt alte Erinnerungen hoch. Es beibt abzuwarten in weit sich Microsoft gegen Apple die nächsten 10 Jahre noch durchsetzen kann. Mac-Pcs werden auch in den Firmen mehr und mehr eingesetzt. Ich selber bin jetzt auch ein totaler Mac-Fan geworden:-)

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