Die erste Firma für Elektronengehirne

Geschrieben am 14.02.2023 von

Am 15. Februar feiern Freunde historischer Hardware den World Computer Day, in diesem Jahr zum dritten Mal. 2023 ist das Thema die Eckert-Mauchly Computer Corporation. Von Dezember 1947 bis zum Februar 1950 war sie die erste Firma in der Welt, die sich einzig und allein mit Elektronenrechnern befasste. Im Blog suchen wir nach ihren Spuren.

Die erste Computerfirma war sie nicht, denn vorher gab es das Ingenieurbüro von Konrad Zuse, das in Berlin die Z3 und Z4 hervorbrachte. Die Eckert-Mauchly Computer Corporation oder EMCC kann aber „world’s first all-electronic computer company“ genannt werden, der erste Hersteller von Elektronenrechnern und ausschließlich von ihnen. Genau das feiert der diesjährige World Computer Day am 15. Februar 2023.

Die Weltcomputertage von 2021 und 2022 behandelten wir schon im Blog und ebenso die Geschichte der EMCC. Die Firma wurde am 22. Dezember 1947 vom Physiker John Mauchly und dem Ingenieur Presper Eckert in Philadelphia gegründet. Sie hatten den Großcomputer ENIAC entwickelt und 1946 eine Personengesellschaft für den Bau weiterer Rechner gebildet. Die Electronic Control Company saß im Zentrum der Stadt in der Walnut Street. Eckert und Mauchly erhielten Aufträge von der Volkszählungsbehörde in Washington und von Northrop, einem Flugzeugbauer in Kalifornien.

Presper Eckert mit einem Quecksilber-Verzögerungsspeicher für den Computer BINAC  (Foto Hagley Digital Archives 1985231_001_003_001 islandora:2620150)

Nach dem Start der Eckert-Mauchly Computer Corporation richteten die Namensgeber 1948 eine Fertigungsstätte im Nordwesten von Philadelphia ein. Das Gebäude war einst eine Textilfabrik und füllte sich nun mit Ingenieuren, Technikern und Bürokräften. Sie arbeiteten parallel am Volkszählungsrechner UNIVAC und am BINAC für Northrop. Der „Binary Automatic Computer“ ging im Spätsommer 1949 nach Kalifornien. Die EMCC war jedoch finanziell am Ende und wurde im Februar 1950 vom Remington-Rand-Konzern übernommen. Dort lebte sie als UNIVAC-Abteilung weiter.

Soweit die kurze und traurige Geschichte der Eckert-Mauchly Computer Corporation. Uns interessieren nun ihre Hinterlassenschaften; wir beginnen die Suche im Computer History Museum im kalifornischen Ort Mountain View. Dort liegen eine Broschüre und Bilder zum BINAC, darunter auch zwei vom Auftraggeber Northrop. Auf YouTube findet sich ein Clip, der ebenfalls den BINAC bei Northrop zeigt, und das ist ein Bericht über seine Aktivitäten. 1954 kam der Rechner nach Los Angeles zur Universität von Kalifornien. Sein weiteres Schicksal ist ungeklärt.

Der Computer BINAC bei der Erprobung  (Foto Hagley Digital Archives 1985231_001_005_001 islandora:2620147)

1949 filmte John Mauchly mit einer 16-mm-Kamera die Menschen und Maschinen in seiner Firma. Das gedrehte Material ist 43 Minuten lang und auf dem YouTube-Kanal seines Sohnes Bill Mauchly einsehbar. Leider verzog sich der Film im Lauf der Jahre; lange Abschnitte sind unscharf. Man erkennt aber die wichtigsten Produkte der EMCC wie den fast fertigen BINAC, den im Entstehen begriffenen ersten UNIVAC und die UNISERVO-Magnetbandlaufwerke. Wir sehen die Belegschaft bei einem Betriebsausflug und John Mauchlys Ehefrau Kay Mauchly. Sie hatte wie einige andere EMCC-Kolleginnen schon den ENIAC programmiert.

Viele Akten der Eckert-Mauchly Computer Corporation landeten in der Hagley-Bibliothek in Wilmington südwestlich von Philadelphia. Sie sammelt Dokumente über die amerikanische Wirtschafts- und Industriegeschichte. Die Bibliothek verwahrt Fotos aus der Firma – einige sind im Netz – und die Unterlagen des Gerichtsverfahrens über das Patent für den ENIAC. Es dauerte von 1971 bis 1973 und behandelte auch Vorgänge in der EMCC. Am Ende erklärte der Richter das ENIAC-Patent von John Mauchly und Presper Eckert für ungültig. Studieren kann man die Prozessunterlagen allerdings nur in den USA.

Ein UNIVAC mit Konsole und UNISERVO-Bandlaufwerken. Hinten erhebt sich die CPU.

Online-Historiker müssen aber nicht verzweifeln. Eine kleine aber feine Sammlung von EMCC-Dokumenten hütet das Archiv der Smithsonian Institution. Sie gehören zum Nachlass der Software-Pionierin und Flottillenadmiralin Grace Hopper; sie trat 1949 in die Firma ein und blieb nach der Übernahme durch Remington Rand. Ihre Papiere wurden zum größten Teil gescannt, und man kann sie sich im Internet anschauen. Wir empfehlen auch einen Blick in die „Press Clippings“ und die „Humor File“.

Unser letzter Fund folgt unten. Das Foto zeigt das Gebäude der Eckert-Mauchly Computer Corporation im Dezember 1948, bevor die Firma einzog. We thank Karen Kirsheman and the Free Library of Philadelphia for the permission to use the photo in our blog. Das Haus gibt es noch, und eine Tafel weist auf den BINAC und den UNIVAC hin. Unser Eingangsbild oben stammt aus einer EMCC-Broschüre in den Hagley Digital Archives (Nr. 1985231_001_007_001 islandora:2620153). Es deutet an, wie sich Eckert und Mauchly 1948 den UNIVAC vorstellten. Er sah später anders aus, aber das kann bei Start-ups passieren.

(Courtesy of the Free Library of Philadelphia, Print and Picture Collection)

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Ein Kommentar auf “Die erste Firma für Elektronengehirne”

  1. Herbert Bruderer sagt:

    Eckert und Mauchly haben Schweizer Wurzeln.

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