
Die Genies aus Hongkong
Geschrieben am 11.07.2025 von HNF
In den frühen 1980er-Jahren gab es neben Apple, Commodore und Tandy eine vierte Marke, die im deutschen Mikrocomputer-Markt Erfolge feierte. Die Rechner Video Genie und Colour Genie kamen von der Firma EACA in Hongkong; der Importeur Fred Trommeschläger saß in Sankt Augustin bei Bonn. 1983 setzte aber der Abstieg ein, 1985 meldete er Konkurs an.
Die Stiftung Warentest war unerbittlich. Die Software des EACA Colour Genie stellte sie noch zufrieden, bei der Grafik, der Bildqualität und dem Kassettenbetrieb folgte ein „Mangelhaft“ auf das andere. Ein „Gut“ gab es nur für den Ton und für Schalter und Steckverbindungen. Im Vergleich von sieben Heimcomputern fiel auch das Gesamturteil negativ aus, man kann es in der Zeitschrift test vom Oktober 1984 lesen. Der Anbieter, die TCS Computer GmbH, schloss im August 1985.
Unsere Geschichte beginnt zehn Jahre vorher. 1975 gründete Eric Chung in Hongkong die Firma EACA International. Chung stammte aus der Volksrepublik China und war in die damals noch britische Kronkolonie geflohen; dort hatte er sich hochgearbeitet. EACA bot zunächst Pong-ähnliche Spiele an; 1980 folgte ein Heimcomputer namens Video Genie; er steht oben im Eingangsbild. Der Name erinnerte an den Dschinn, ein Geisterwesen aus der arabischen Mythologie. In Inneren des Rechners lief der Acht-Bit-Prozessor Zilog Z80.
Im selben Jahr war er in der Bundesrepublik erhältlich, das ist eine Anzeige im Magazin CHIP. Den Vertrieb erledigte die Trommeschläger Computerstudio GmbH aus Sankt Augustin östlich von Bonn. Der Video Genie kostete 1.395 DM, ein günstiger Preis für 1980. Das gleiche Heft enthielt einen durchweg positiven Test, bemängelt wurde nur die Bildqualität beim Anschluss an einen Fernseher. CHIP bemerkte die technische Ähnlichkeit und die Kompatibilität zum amerikanischen Heimcomputer TRS-80, fand das aber nicht schlimm.
Die Tandy Corporation, der Hersteller des TRS-80, sah das anders und verklagte EACA wegen Ideenklaus; man einigte sich außergerichtlich. Die Hongkonger Firma brachte in rascher Folge neue Modelle des Genie heraus, die sich in Amerika und Europa sowie in Australien, Neuseeland und Südafrika gut verkauften. Der Umsatz der deutschen EACA-Vertretung Trommeschläger stieg von knapp zwei Millionen DM im Jahr 1980 auf sieben Millionen im Folgejahr und gut zehn Millionen 1982. Zu jener Zeit entstand ein Foto der internationalen Genie-Gemeinde mit Zufriedenheit ausstrahlenden Gesichtern.
1982 erschien auch der Nachfolger des Video Genie; er trug den Namen Colour Genie. Die Zeitschrift CHIP bewertete ihn hervorragend, sie lobte speziell die Sound-Qualitäten. Die musikalischen Fähigkeiten des Rechners kann man hier und hier erleben, der erste Track ist von Ludwig van Beethoven, der zweite ein Rock-Song. 1983 wurde aber ein schweres Jahr für seinen Distributor und dessen Chef Fred Trommeschläger. Er machte fast 13 Millionen DM Umsatz, doch keinen Gewinn, und er verlor seinen Hauptlieferanten.
Im Oktober 1983 packte EACA-Direktor Eric Chung Geldscheine im Wert von zehn Millionen Dollar in einen Koffer und verschwand aus Hongkong. Sein Unternehmen steckte tief in den roten Zahlen – Chung hatte sich im Immobilienmarkt verspekuliert – und ging kurz darauf pleite. Fred Trommeschlägers Firma, die mittlerweile TCS Computer GmbH hieß, blieb im Geschäft. Sie bot auch Drucker und einen selbst entwickelten Rechner an, den Genie IIIs. Er arbeitete aber noch mit dem Zilog Z80 und fiel am Markt durch. Hier war die Konkurrenz von Commodore und Sinclair einfach zu stark.
Eine Chance sah die TCS in der Sechzehn-Bit-Welt. Ab Mai 1984 verkaufte sie den Genie 16A und 16B; sie basierten auf dem englischen Rechner Advance 86. Auch sie waren erfolglos. Die katastrophale Bewertung des Genie-Heimcomputers durch die Stiftung Warentest haben wir bereits erwähnt. Im August 1985 meldete Fred Trommeschläger schließlich Konkurs an. Er startete dann die Phoenix Computer GmbH & Co. KG, die Hardware aus dem fernen Osten importierte. Den Namen Genie behielt er bei, siehe die Anzeige für das Modell 16C.
Über sein weiteres Schicksal wissen wir leider nichts. Wer sich für die Geschichte der beiden Firmen EACA und TCS interessiert, findet im Internet die Diplomarbeit von Frank Seger und diese umfangreiche Dokumentensammlung. Hier geht es zu der Zeitschrift „Genie Data“, und das ist eine Genie-Seite aus Neuseeland.