Die Lichtkanone fürs Wohnzimmer
Geschrieben am 02.10.2018 von HNF
Als Ende 1952 bei uns das Fernsehen startete, strahlte es nur ein Programm aus. Dafür reichte der Ein- und Ausschalt-Knopf. In den 1960er-Jahren kamen weitere Kanäle hinzu, und es wurde Zeit für die Fernbedienung. In den USA konnten die Zuschauer schon 1950 zappen. Es geschah zuerst per Kabel, dann mit normalem Licht, Ultraschall und Infrarot.
Am 21. August eröffnete das HNF eine neue Abteilung zur Mediengeschichte; natürlich spielt das Fernsehen dort eine große Rolle. Im 20. Jahrhundert war es das elektronische Medium, das die Herzen und Hirne der Menschen am meisten bewegte. Eine technische Zutat, die mit zunehmenden Programmen immer wichtiger wurde, war und ist die Fernbedienung.
Es gab sie schon in den 1930er-Jahren in den USA – für Radios. Mystery Control hieß die telefongroße Box, die die Firma Philco 1939 herausbrachte. Im Inneren steckte ein Sender, mit dem man den Rundfunkempfänger im Wohnzimmer drahtlos steuerte. Die Kanalwahl geschah mit einem Einstellrad. Andere Hersteller verkauften Geräte, von denen ein Kabel zum Radio lief. Ein eindrucksvolles Art-déco-Design zeichnete den Tunemaster der Firma Kadette aus. 1938 boten auch die deutschen Blaupunkt-Werke eine Fernbedienung an.
Nach dem Zweiten Weltkrieg ging in Amerika das privatwirtschaftlich organisierte Fernsehen auf Sendung. 1948 flimmerten im Land schon 800.000 TV-Empfänger. In jenem Jahr erschien auch das erste Gerät, um sie von der Couch zu bedienen. Der Tele-Zoom der Garod Radio Corporation vergrößerte das Bild auf der Mattscheibe, natürlich mit Verlusten am Rande. 1950 stellte die Firma Zenith die erste Fernbedienung zur Programmwahl vor. Sie trug den Namen Lazy Bones, zu Deutsch Faulpelz.
Tele-Zoom und Lazy Bones waren per Kabel mit dem Fernseher verknüpft; ähnlich operierten der Magic Brain von RCA, der Sentinel der Sentinel Radio Corporation und der preiswerte Blab-Off-Schalter. Er ließ den Ton verstummen und half die Werbespots zu ertragen. 1955 erfand der Zenith-Ingenieur Eugene Polley die drahtlose Fernbedienung. Die futuristische Flash-Matic war eine Lampe, mit der man vier Fotozellen am Bildschirm anstrahlte. Die Lichtimpulse schalteten die Kanäle rauf und runter oder den Fernseher aus und wieder ein.
Ein Kollege Eugene Polleys war der in Wien geborene Physiker Robert Adler. Er schuf 1956 die akustische Fernbedienung Space Command. Sie erzeugte durch Aluminiumstäbchen Töne im Ultraschallbereich. Sensoren im Fernsehgerät reagierten darauf und bewirkten die gewünschten Aktionen. Im Unterschied zur Flash-Matic brauchte das Space Command keine Batterie. In den 1960er-Jahren entwickelte Adler eine neue Generation mit Transistoren, die dann ebenfalls mit Batteriestrom lief.
In Deutschland gab es 1953 eine kabelgestützte Fernbedienung, die Lautstärke, Helligkeit und Kontrast des Fernsehers regelte. Die Firma Saba baute zu jener Zeit Fernbedienungen für Radios, ebenso die Firma Grundig. Aus dem Jahr 1956 stammt ein zwei Minuten langer Werbefilm für den Ferndirigenten – bitte auf das Kabel achten. Die Karlsruher Tonfunk GmbH fertigte damals den drahtlosen Zauberschalter. Eine integrierte Hundepfeife löste beim Zusammendrücken einen Ultraschall-Ton aus, der das Radio an- oder ausknipste.
Die Funkausstellung von 1959 – sie fand in Frankfurt am Main statt – zeigte eine Fernbedienung für Fernseher; sie benutzte Robert Adlers Ultraschall-Stäbe. 1962 brachte Loewe-Opta die akustische Fernbedienung Fst-1 auf den Markt. Grundig bescherte den deutschen Faulpelzen 1970 den Teledirigenten mit Ultraschall; auf ihn folgten diverse Telepiloten. Der Telepilot 21 war 1976 aber die erste deutsche Fernbedienung mit Infrarot-Signalen. Sie ging auf Forschungsarbeiten bei Siemens zurück.
Damit endet unsere kleine Geschichte der Fernbedienung. In den 1980er-Jahren profitierte die Technik von der Einführung des Privatfernsehens, in den Neunziger vom Aufstieg des Satellitenempfangs. 1989 treffen wir den ersten Zapper: Der SPIEGEL-Artikel von Peter Stolle ist ein Juwel des Technikjournalismus. Was wären wir nur ohne die Fernbedienung! Sicher schrecklich schlecht gelaunt, denn „Alle, alle, die nach neuen Frohsinnsschüben lechzen, sind ihr verfallen“.