Ein Game feiert Geburtstag
Geschrieben am 21.10.2016 von HNF
„Tomb Raider“, zu Deutsch Grabräuber oder Grabräuberin, wird zwanzig. Am 25. Oktober 1996 kam das erste Abenteuer der jungen Engländerin Lara Croft als Computerspiel heraus. Das war am Tag nach der Eröffnung des HNF. Lara setzte Maßstäbe in der Computeranimation. Daneben schuf sie ein neues Bild der Archäologie und avancierte zur populärsten Videospielheldin der Technikgeschichte.
In der Frühzeit der Computerspiele waren die Helden vor allem eines: männlich. Man denke an den nimmersatten Pac-Man, die wagemutigen Mario-Brüder oder den unerschrockenen Link, der Prinzessin Zelda in der gleichnamigen Legende rettet. Heldinnen wie Ms. Pac-Man oder Samus Aram aus dem Spiel Metroid musste man mit der Lupe suchen. Dann aber kam Lara Croft.
Lara ist die Hauptperson von Tomb Raider. Das Spiel erschien am 25. Oktober 1996 in Europa für die Konsole Sega Saturn. In den USA lag Lara am 14. November auf CD-ROM, für die PlayStation von Sony und ebenfalls für Sega vor. In Japan war die Grabräuberin – was wohl die treffendste Übersetzung des Titels ist – Anfang 1997 erhältlich. Mit ihr hatte die Welt der Computerspiele eine Figur, die Gamer und Gamerinnen gleichermaßen ansprach und sich vielfältig weiterentwickeln ließ.
Lara ist 28 Jahre alt, durchtrainiert und reaktionsschnell. Sie trägt knappe Shorts, einen Tanktop und zwei Schießeisen mit unbegrenzter Munition. Als Archäologin erforscht sie düstere Geheimnisse und verlassene Kultstätten, wo an jeder Ecke wilde Tiere, Mumien, Mutanten, Dämonen und unangenehme Zeitgenossen lauern. „Tomb Raider“ beginnt mit einer Trainingsrunde in Laras Landsitz, die der Spieler auch überspringen kann. Ein Prolog führt ins Jahr 1945 und zum ersten Atombombentest der USA in Los Alamos. Danach geht es richtig los.
Im Kalkutta von 1996 erhält Lara von der Geschäftsfrau Jacqueline Natla den Auftrag, ein mysteriöses Objekt in Südamerika zu finden. Auf ihrer Reise gelangt unsere Heldin über Peru, Griechenland und Ägypten zu einer Insel im Atlantik. Diese ist der Überrest des Reiches von Atlantis. Hier klärt sich, sofern der Spieler die 15 Level von „Tomb Raider“ meisterte, alles auf. Frau Natla ist in Wirklichkeit eine böse Ex-Königin von Atlantis. Von ihren beiden guten Mitregenten wurde sie eingefroren, doch taute sie 1945 bei der Atomexplosion auf und will die Welt beherrschen.
Lara wäre eine schlechte Heldin, wenn sie das nicht verhindern würde. Die Insel und die fiese Herrscherin verglühen in einer weiteren Explosion. Lara Croft rettet sich aber auf ihre Motoryacht und fährt neuen Abenteuern entgegen. Bis jetzt gab es zehn Fortsetzungen, nicht mitgerechnet die Gameboy- und Handy-Versionen, zwei Kinofilme, sieben Romane sowie Lösungsbücher und Comics. Dazu mehrere Einträge ins Guinness-Buch der Rekorde: 2015 war Lara die kommerziell erfolgreichste Videospielfigur weiblichen Geschlechts.
In der Sprache der Computergamer ist „Tomb Raider“ ein Third Person Shooter und setzte Maßstäbe in dieser Kategorie. Der Spieler befindet sich meist in einem gewissen Abstand hinter oder neben der Aktionsfigur. Seine Perspektive erinnert an die Kamerafahrt in einem Kinofilm. Wer fünf Stunden und 22 Minuten Zeit hat, kann hier Lara Crofts Abenteuer ohne die Trainingsrunde nacherleben. Wer das Spiel lieber selbst ausprobieren möchte, findet es im Internet mit englischer Anleitung.
Lara ist zum einen die Tochter von Lord Henshingly Croft und zum anderen ein Kind des Spieleentwicklers Toby Gard. Dieser schuf sie als Mitarbeiter der Firma Core Design in der englischen Stadt Derby. Inspiriert wurde er durch das Computerspiel Prince of Persia und die Indiana-Jones-Filme, in denen Harrison Ford den bekannten Archäologen verkörpert. 3D-Szenen und okkulte Atmosphäre kennzeichnen auch 1992 das Spiel Alone in the Dark, dem aber das Tempo der Grabräuberin fehlt.
Unser Spiel ist also einzigartig und wird 20 Jahre nach dem Start zu Recht gefeiert. Inzwischen entsteht Lara Croft nicht mehr rein grafisch, sondern mit Hilfe von Motion Capturing. Dabei werden die Bewegungen einer Schauspielerin gefilmt und in Animationen übertragen. Im alten Stil erscheint die Archäologin in der neuen Spieleabteilung des HNF, wie das untere Bild zeigt (Foto: Jan Braun, HNF). Sie ist schon Besuchern zugänglich, wird aber am 29. Oktober zusammen mit drei anderen Bereichen aktionsreich eröffnet.