Es begann mit Alpha 1
Geschrieben am 14.12.2021 von HNF
Mit Alpha beginnt das griechische Alphabet. Alpha 1 hieß der erste kleine Acht-Bit-Rechner aus Deutschland, der im Jahr 1977 entstand. Sein Hersteller, die Micronic Computer Systeme GmbH, saß in Berlin. Im Inneren steckte der Mikroprozessor MOS 6502. Den Alpha 1 gab es komplett und als Bausatz; in dieser Form kostete er weniger als tausend DM.
Wir haben es öfter im Blog erwähnt: 1977 rollte in den USA mit Modellen von Commodore, Apple und Tandy die Mikrocomputer-Welle an. Im gleichen Jahr waren in der Bundesrepublik Rechner mit Mikroprozessoren erhältlich, etwa der KIM-1 oder der SC/MP. Beide hatten amerikanische Wurzeln, es erschien aber auch ein System, das wir den ersten deutschen Kleincomputer mit einem Acht-Bit-Chip nennen können.
Der Alpha 1 stammte aus West-Berlin. Die Micronic Computer Systeme GmbH oder MCS saß im Stadtteil Lankwitz; sie wurde 1976 von drei Hochschulabsolventen gegründet, die ihre Elektronikbegeisterung vermarkten wollten. 1977 brachte MCS den erwähnten Rechner auf den Markt. Die Software schrieb der promovierte Physiker Bernhard Korsch, die Hardware entwickelte Bernd Strößner. Komplett kostete er 1.800 DM; als Bausatz gab es den Alpha 1 für unter tausend Mark. Er war später mit einem Plexiglas-Gehäuse erhältlich sowie in einer Variante, bei der die CPU-Karte in der Verkleidung blieb.
Beim Urmodell ragte sie, wie im Eingangsbild (Foto MCS ) zu sehen, oben heraus. Auf der Karte befand sich ein Acht-Bit-Prozessor des Typs 6502 von MOS Technology. 1977 gehörte der amerikanische Hersteller allerdings schon zur Firma Commodore. Der außerordentlich preiswerte Chip lief in den ersten Apple-Computern und ebenso im Einplatinenrechner KIM-1 und im Heimcomputer Commodore PET 2001. Die Alpha-1-Karte enthielt neben dem MOS 6502 noch den Chip für den Arbeitsspeicher mit einem Kilobyte. Ein zwei Kilobyte fassender Nur-Lese-Speicher steckte im Aluminium-Gehäuse.
Auf dem Gehäuse – vergleiche das Bild oben – entdecken wir rechts die Tastatur und das Display; sie gestatten die Ein- und Ausgabe von Hexadezimalzahlen. Einige Tasten dienen speziellen Computerbefehlen. Links liegen ganz unten ein Anschluss für ein Terminal oder einen Lochstreifenleser und darüber ein zweiter für einen Input-Output-Adapter, um Geräte zu steuern. Es folgen Schalter zur Wahl von Betriebsarten und einige Anzeigenleuchten. In der Mitte des Gehäuses konnte man Kassettenrekorder einstecken, einen zur Aufnahme und einen zur Ausgabe von Daten.
Der Alpha 1 besaß schon ein Betriebssystem mit dem Namen MONA. Beim Kauf wurde eine Daten-Kassette mitgeliefert; sie trug unter anderen die Spiele „Einarmiger Bandit“ und „Bauer Brösel“. Einzelheiten enthält das MCS-Handbuch vom Oktober 1977, das sich hier herunterladen lässt. Im September 1978 widmete das erste Heft des Magazins CHIP dem Computer einen großen Artikel; dort finden sich auch Fotos der Plexiglas-Version und des oben genannten Adapters. Im Juli 1979 brachte MCS ein weiteres Handbuch zur Sprache BASIC und zum Einsatz von Disketten heraus.
Unser Computer war kein Gerät für das Wohn- oder Jugendzimmer, sondern eher für den Bastelkeller, die Werkstatt oder das Labor. MCS bot ihn als Lernsystem an und verkaufte rund vierhundert Stück, dazu zahlreiche Bausätze. Ein Verwandter des Alpha 1 war das Modulsystem Beta 8; darüber steht hier etwas mehr. Die Broschüre Hobby Computer und das erwähnte CHIP-Heft sind eine Zeitreise in die westdeutsche Computerszene der späten 1970er-Jahre, der goldenen Ära der Einfachcomputer und Einplatinenrechner.
Der Alpha 1 und sein Vetter Beta 8 machten die Micronic Computer Systeme GmbH in der Branche bekannt; es gibt sie immer noch. Heute ist sie in Berlin-Tempelhof ansässig sowie in der Oberpfalz. Wir danken Michael Pfeil für die Fotos und Bernhard Korsch für historische Hinweise. Der letzte kommt zum Schluss: Nach der Physik studierte Dr. Korsch noch Zahnmedizin und praktizierte in Teilzeit in einer Gemeinschaftspraxis. Die Arbeit als MCS-Entwicklungsleiter wurde dann aber sein Hauptberuf.
Eine spannende, wenig bekannte West Berliner Wirtschaftsgeschichte. Vielen Dank für diesen interessanten Artikel. Vor allem sieht man hier sehr gut, wie nah „Computing“ in den 1970 er Jahren noch an der Elektrotechnik war.
Ich wäre da vorsichtig mit der Bezeichnung „erster deutschen Acht-Bit-Computer „.
Zum Beispiel hatte Triumph Adler ja bereits 1972 mit der TA 1000 einen TTL basierten 8-BIT Computer herausgebracht.
Und auch wenn es um 8-Bit MICRO-Computer gehen sollte kamen 1977 z.b. der i8080 basierte TA 20 ebenfalls von Triumph Adler heraus oder im selben Jahre der i8008 basierte Kienzle 2000…
Vielen Dank für die Hinweise! Wir haben entsprechend korrigiert.