Es geschah auf der CeBIT
Geschrieben am 17.03.2016 von HNF
Vor 30 Jahren begann die erste richtige CeBIT. Zuvor gehörte das „Centrum für Büroautomation, Informationstechnologie und Telekommunikation“ noch zur Hannover Messe. 1986 zog die CeBIT neben den Profis viele private Nutzer an, die unter anderem die neuen Rechner Amiga und Atari ST sahen. Überschattet wurde die Messe vom Tod Heinz Nixdorfs am 17. März 1986.
Lang, lang ist’s her. Die erste Hannover Messe startete am 18. August 1947, als Deutschland noch in Besatzungszonen aufgeteilt war und seine Einwohner mit Reichsmark zahlten. Kaufen durften zunächst nur ausländische Besucher. Als die Messe am 7. September schloss, lagen Exportverträge über insgesamt 31,5 Millionen Dollar vor.
Von den 1.300 Ausstellern kamen 39 aus der Bürobranche, und mindestens einer brachte Rechengeräte mit: Die Firma Addiator bot ihre Schiebe-Addierer an. In der Folgezeit stellten sich immer mehr Anbieter aus der Rechen- und Computertechnik ein. 1970 weihte die Messeleitung die neue Riesenhalle 1 als „Centrum für Büro- und Informations-Technik“ ein. Unser Eingangsbild zeigt Heinz Nixdorf 1985 auf dem Stand seiner Firma. Neben ihm erkennt man den baden-württembergischen Ministerpräsidenten Lothar Späth und Nixdorf-Vorstandsmitglied Horst Nasko.
An der Abtrennung des Computerbereichs von der normalen Industriemesse führte dennoch kein Weg vorbei. Am 12. März 1986 eröffnete die erste unabhängige CeBIT als „Centrum für Büroautomation, Informationstechnologie und Telekommunikation“ ihre Tore. Dahinter warteten auf mehr als 200.000 Quadratmetern die 2.142 Aussteller. Als die Messe am 19. März endete, hatten 334.400 Besucher die Stände in Augenschein genommen. Zur CeBIT des Jahres 2015 kamen nur 221.000 Interessenten.
30 Jahre nach der CeBIT 1986 ist ein umfassender Rückblick schwierig, doch liefern Zeitschriften von damals Informationen zu manchen Geräten. Die Stars bei den kleineren Rechner waren der Amiga und der Atari 1040 ST mit dem leistungsstarken 16-bit-Prozessor Motorola 68000. Der 1040 ST war eine Weiterentwicklung des Atari 520, der schon 1985 auf der Hannover Messe zu sehen war. Die Ataris kamen nach der Übernahme der Firma durch den früheren Commodore-Chef Jack Tramiel auf den Markt. Tramiel und sein Sohn Sam traten 1986 auch persönlich auf der CeBIT auf.
Philips installierte auf seinem Stand 8-bit-Rechner vom Typ VG-8235, an denen sich dann die Computerkids austobten. Auf unserem Foto – bitte anklicken – läuft gerade ein Tennisspiel. Der jugendliche Boris Becker, der 1985 in Wimbledon triumphiert hatte, bekam bei seinem CeBIT-Termin einen VG-8235 geschenkt. Der Konzern wollte mit dem Modell den aus Japan stammenden Heimcomputer-Standard MSX-2 durchsetzen, doch war dem Projekt hierzulande kein Erfolg beschieden.
Die Computerabteilung der Schneider Rundfunkwerke zeigte ihr Textverarbeitungssystem Joyce, die deutsche Version des Amstrad PCW 8256. Der französische Thomson TO9 begnügte sich gleichfalls noch mit dem 8-bit-Betrieb. Den mit 16 bit laufenden Personal Computer von IBM suchte man auf der CeBIT vergebens, dafür standen an allen Ecken und Enden die „IBM-Kompatiblen“, oft mit Preisen unterhalb von 3.000 DM. Der IBM PC kostete deutlich über 5.000 DM.
1986 kündigte sich in Hannover schon die vernetzte Computerwelt der Zukunft an – wir zitieren aus der Zeitschrift happy computer: „Datenfernübertragung wird sich in den nächsten Jahren zu dem Informationsmedium überhaupt entwickeln. Diese Prognose wurde in den Hallen 1,6 und 7 der CeBIT bestätigt, in denen Produkte rund um DFÜ ausgestellt wurde.“ Wie das Magazin schrieb, engagierten sich viele Hersteller beim Bildschirmtext, der damals 43.000 Teilnehmer zählte. Dass sich später eine ganz andere Technik durchsetzte, konnte der Autor noch nicht ahnen.
Selbstverständlich war die Nixdorf Computer AG auf der CeBIT mit einem größeren Stand vertreten, siehe das Foto oben. Außerdem befand sich auf dem Messegelände der „Nixdorf-Saloon“, wo sich Mitarbeiter, Kollegen, Kunden und Journalisten in lockerer Runde und zu Westernmusik trafen und das Tanzbein schwangen. Hier erlitt Heinz Nixdorf am Abend des 17. März 1986 einen Herzinfarkt, den er nicht überlebte. Neuer Vorstandsvorsitzender der NCAG wurde der 44-jährige Klaus Luft.
In ihrem Nachruf schrieb die ZEIT am 21. März 1986: „Der Tod des 60jährigen Gründers wird die Nixdorf Computer AG nicht in eine Existenzkrise stürzen. Heinz Nixdorf hat, anders als mancher Senkrechtstarter vor ihm, der Versuchung widerstanden, das eigene Lebenswerk untrennbar mit seiner Person zu verknüpfen.“ Die Computerworld bezweifelte jedoch, ob die Firma so weitermachen könne wie bisher und behielt damit Recht. 1990 fusionierte die NCAG mit der IT-Sparte von Siemens.
Die CeBIT expandierte von Jahr zu Jahr. Im Frühling 2001 strömten 8.015 Firmen und 830.000 Besucher in die Messehallen. Danach ging die Nachfrage zurück. Im Gegenzug stieg der Eintrittspreis. Zahlte man 1986 noch 8 DM, so kostet der Besuch 2016 im Vorverkauf 55 Euro und ermäßigt 25 Euro. Kinder und Jugendliche unter 16 haben, sofern sie die Schule schwänzen, freien Eintritt.
Ich war auf der 1. Cebit und kann mich noch an die Schweigeminute erinnern, ob Nixdorfs Tod. Danach ging die selbstentwickelte IT in Deutschland den Bach runter…