Frauen und Computer

Geschrieben am 01.09.2015 von

Als sich in den 1980er Jahren kleine Computer für private Nutzer ausbreiteten, kamen viele Bücher heraus, die ihren Lesern die neue Technologie erklärten. Wir haben uns einmal zwei angeschaut, die sich speziell an Leserinnen wandten: „Das Computerbuch für Frauen“ (1985) von Christine Kerler und „Go Stop Run – Das Frauen Computer Lehrbuch“ (1988) von Deborah Brecher.

Die gute alte Zeit, sprich die 1980er Jahre in der Bundesrepublik Deutschland, bescherte uns den Commodore C64, den IBM PC, den Apple Macintosh und viele andere Mikrocomputer und parallel dazu eine Fülle von Büchern und Zeitschriften zur jeweils aktuellen Hard- und Software. Speziell die großen Taschenbuchverlage brachten jeden Monat neue Titel über Maschinentypen, Betriebssysteme und Anwendungsprogramme heraus.

1985 präsentierte der Münchner Wilhelm Heyne Verlag ein Paperback, das vom gewohnten Standard abwich. „Das Computerbuch für Frauen“ bezog sich nicht auf eine bestimmte Technik, sondern auf eine besondere Zielgruppe, und es wurde von einer Frau verfasst, was bei Computerbüchern vor dreißig Jahren  selten vorkam. Es stammte von der Sachbuchautorin Christine Kerler, die außerdem Gattin von Richard Kerler war, dem Chefredakteur des 1978 gegründeten Magazins CHIP.

Laut Untertitel liefert das Werk einen „Einstieg in die (noch) männliche Welt der Mikrocomputer“. Es ist in der Tat eine flott geschriebene und weitgehend geschlechtsneutrale Einführung in die IT-Welt der Achtziger. Die Gender-Thematik taucht erst gegen Ende auf, in den Kapiteln „Computer-Machos auf Kreuz legen“ und „Acht Gebiete, auf denen Frauen besser sind“. Der Abschnitt „Was Frauen mit dem Computer verdienen“ beschränkt sich auf Gehaltszahlen von IT-Frauen – hier ging man also einem Vergleich mit Computermännern aus dem Weg.

Im gleichen Jahr wie „Das Computerbuch für Frauen“ erschien in den USA „The Women’s Computer Literacy Handbook“, das der Informatik-Pionierin Ada Lovelace gewidmet ist. Die Autorin Deborah Brecher kannte die DV-Branche und arbeitete in einer 1982 in San Francisco eröffneten Schule, die Frauen die Grundlagen der Computertechnik und des Programmierens vermittelte. Die deutsche Ausgabe „Go Stop Run – Das Frauen Computer Lehrbuch“ erstellte 1988 der Orlanda Frauenverlag in Berlin.

Wie man sich denken kann, ist „Go Stop Run“ feministischer ausgerichtet als das Heyne-Buch. Deborah Brecher nahm an, dass Frauen und Männer unterschiedlich an den Computer herangingen. Während die Herren der Schöpfung freudig drauflos tippen, würden Frauen aus Angst, etwas kaputt zu machen, zunächst die Bedienungsanleitung studieren. In ihrer Einleitung heißt es aber, dass auch Männer, die Zugang zur Computer-Technologie suchen, das Buch lesen sollten.

„Go Stop Run“ enthält etwa doppelt so viel Text wie „Das Computerbuch die Frauen“. Die Leserinnen und Leser erfahren eine ganze Menge über die Hardware, die Software und die Anwendung von Mikrocomputern. Wobei die Verfasserin gelegentlich die Hauswirtschaft zu Hilfe nahm: So verglich sie ein Programm mit einem Kochrezept und einen Pufferspeicher mit einer Badewanne. Trainierte Hausmänner dürfte das aber nicht weiter schrecken.

In einem Punkt war „Go Stup Run“ seiner Zeit weit voraus, nämlich beim Internet. Deborah Brecher hatte schon 1981 eine feministische Mailingliste – im wesentlichen ein langes Adressenverzeichnis – installiert, auf die man/frau über das landesweite US-Computernetz zugreifen konnte. In ihrem Buch erläuterte sie deshalb auch die Funktion und den Einsatz von Modems, natürlich ohne zu wissen, dass solche Geräte im Reich der Deutschen Bundespost misstrauisch beäugt und streng reglementiert wurden. Die Zeiten haben sich zum Glück geändert.

„Go Stop Run“ enthält noch ein informatives Nachwort der Berliner Politologin Renate Wielpütz zum Thema Frauen und neue Technologien, das unter anderem auf einen zeitgenössischen SPIEGEL-Artikel hinweist. Dreimal darf man raten, wer mit dem „Gockel am Gerät“ – so der Titel – gemeint ist. Aber auch diese Zeiten haben sich wohl geändert.

 

 

 

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