Happy birthday, Stiftung Warentest!
Geschrieben am 06.12.2024 von HNF
Nach dem 100. kommt ein 60. Geburtstag. Am 4. Dezember 1964 hob Wirtschaftsminister Kurt Schmücker die Stiftung Warentest aus der Taufe. Seit 1966 untersucht sie in Berlin die Qualität von vielen Artikeln sowie von Dienstleistungen und Finanzprodukten. Die Resultate veröffentlicht sie in einer Zeitschrift. Wir schauten uns einmal an, wie sie Computer und Computerprogramme bewertete.
Fangen wir mit der schlechten Nachricht an. Das erste Produkt mit einem Nixdorf-Label, das die Stiftung Warentest bewertete, war der Taschen-Sprachcomputer LK-3000; die Firma bezog ihn aus Amerika. Wie in Heft 12/1981 der Zeitschrift „test“ nachzulesen, heimste er ein „sehr mangelhaft“ ein. Die vier Konkurrenten – das mag die Paderborner getröstet haben – trugen dasselbe Prädikat. Die Künstliche Intelligenz musste eben noch dazulernen.
Die Zeitschrift berichtete jeden Monat über die Arbeit der in Berlin-Charlottenburg tätigen Organisation. Ihre Geschichte begann in den frühen 1960er-Jahren. Warentests waren damals ein viel diskutiertes Thema in Presse und Politik; im September 1961 erschien das Magazin DM, das sich mit ihnen befasste. Es dauerte noch etwas, bis sich Vater Staat der gleichen Aufgabe annahm, doch am 4. Dezember 1964 vollzog Bundeswirtschaftsminister Kurt Schmücker die Gründung der Stiftung Warentest.
Ihre Mitarbeiter saßen im Bendlerblock, der einstmals das Oberkommando der Wehrmacht beherbergte. Später erhielten sie eine Adresse am Lützowplatz. Die Warenprüfungen, die oft externe Partner vornahmen, starteten 1965/66; Ende März 1966 lag das erste „Der Test“-Heft mit Resultaten vor. Aus „Der Test“ wurde bald „test“. Im Oktober 1968 führte die Stiftung ein System mit Bewertungen ein: sehr gut, gut, zufriedenstellend, mangelhaft und – siehe oben – sehr mangelhaft. Ab 1974 untersuchte sie auch Dienstleistungen, 1991 brachte sie die Zeitschrift „Finanztest“ heraus.
In den 1960er-Jahren gab es für Konsumenten keine Computer, aber Schreibmaschinen. Im Mai 1969 analysierte „test“ elf Modelle normaler Größe („Kleinschreibmaschinen“), im Juni folgten sieben Reiseschreibmaschinen. Zwölf elektrische Maschinen waren im September 1972 an der Reihe. Das zweite Dutzend kam im März 1979 dran, siebzehn Typen schlossen im Dezember 1983 das elektromechanische Zeitalter ab. Im Februar 1987 traten dann acht elektronische Schreibmaschinen gegeneinander an.
„test“-Heft 10/1975 enthielt die Ergebnisse von siebzehn Taschenrechnern der mittleren Preisklasse. Die besten drei stammten von Commodore, SERD (Sanyo Elektronik-Rechner Deutschland) und dem australischen Lieferanten Hanimex. Das Kürzel stand für Hannes Import Export; Gründer Jack Hannes war ein deutsch-jüdischer Einwanderer. Der nächste Test führte 21 Taschenrechner im Januar 1980 zusammen; fünf kassierten allerdings wegen mathematischer Schwächen das Urteil „mangelhaft“.
Das Computerzeitalter begann in der Stiftung Warentext mit den Telespielen. Im Oktober 1978 nahm sie Produkte von Interton, Neckermann, Quelle, Luxor und Saba unter die Lupe; die beiden letzten basierten auf dem System Fairchild Channel F. Die Tester unterschieden dabei Ball-, Schieß- und Computer-Spiele. Die Zukunft der Technologie sahen sie skeptisch: „Ein Verkaufsschlager sind Bildschirmspiele noch nicht, eher das Gegenteil.“ Eine weitere Prüfung fand im März 1984 statt. Von den acht Games schnitten die Konsole Atari 2600 und Mattels Intellivision am besten ab.
Schachcomputer waren ein Thema im „test“-Heft 8/1981. Der Cheftester Herbert Bruderer vergab sechzehnmal ein „mangelhaft“ oder „sehr mangelhaft“. Gut erschien ihm nur der Boris 2.5 ARB, ein „zufriedenstellend“ gab es für den Mephisto. Details stehen hier, bitte etwas scrollen. Der erste richtige Computertest erfolgte im Oktober 1984, was wir schon im Blog erzählten; der Sieger hieß Commodore C64. Nummer 1/1986 der Zeitschrift brachte die Resultate einer englischen Testrunde. In der Spitzengruppe von siebzehn Heimcomputern befand sich ein Alphatronic PC von Triumph-Adler.
1987 legte sich „test“ eine eigene Rubrik Informationstechnik zu. Heft 1/1987 verglich acht Personal Computer, darunter die „Maus-orientierten“ Rechner Apple Macintosh und Atari 520ST. Sie machten den besten Eindruck zusammen mit dem heute ziemlich vergessenen Philips :YES. Ab 1988 testete die Berliner Stiftung, was der Computermarkt hergab. Im Jahr 1991 ergatterte der Nixdorf-Laptop 8810/10 das Prädikat „zufriedenstellend“. Er ist oben in unserem Eingangsbild zu sehen. 1993 wurden auch wieder Sprachcomputer geprüft; von den sechzehn Geräten bekamen sieben ein „gut“ und eines sogar ein „sehr gut“.
Neben der Hard- wurde die Software nicht vergessen, und unsere Zeitschrift publizierte immer wieder Ranglisten von Textverarbeitungsprogrammen. Wir beenden den Rückblick im Jahr 2000. Damals standen im „test“-Kalender Scanner, Handheld-Computer, Multimedia-PCs, MP3-Player, Internet-Auktionshäuser und Suchmaschinen sowie Abenteuer- und Jump-and-Run-Spiele. 2024 gratulieren wir der Stiftung Warentest herzlich zum sechzigsten Gründungstag und wünschen ihr für die Zukunft alles Gute.
Sowohl bei den Schachcomputern als auch bei den Sprachcomputern herrschte damals eine Goldgräberstimmung. Bei den Schachcomputern gab es in Deutschland unzählige Gerichtsverfahren zwischen den verschiedenen Wettbewerbern. Mit Sprachcomputern erhofften sich blauäugige Anbieter mit Wort-für-Wort-Uebersetzungen Millionengewinne. Die Testergebnisse waren jedoch verheerend. Ein Beispiel: Der Satz „Ich weiss es nicht“ wurde zu „I white it not“ und zu „Je blanc ca pas.“ Zum Trost: Die Programme von Google und DeepL übertragen heute Texte zwar in deutlich höherer Qualität, aber sie verstehen den Inhalt nach wie vor nicht. In den Prüfinstituten der Stiftung Warentest beurteilten jeweils fünf Mitarbeitende die Geräte und Programme.