Herzlichen Glückwunsch, Jürgen Schmidhuber!
Geschrieben am 17.01.2023 von HNF
Am 17. Januar 1963 wurde er in München geboren. Dort studierte er auch Informatik und Mathematik; seine Promotion behandelte neuronale Netze. 1995 ging Jürgen Schmidhuber in die Schweiz, von 2003 bis 2021 lehrte er in Lugano. Heute arbeitet er in Saudi-Arabien. Mit seinem Studenten Sepp Hochreiter erfand er 1997 eine revolutionäre Technik des maschinellen Lernens.
Die Forschung zur Künstlichen Intelligenz in Deutschland startete in den 1960er-Jahren mit Karl Steinbuchs Lernmatrix. Ab 1975 etablierte sich die KI in einigen Hochschulen. In den Achtzigern erschienen die Wissensverarbeitung und die Expertensysteme. Auch die Nixdorf Computer AG besaß damals eine Arbeitsgruppe, die solche Programme entwickelte.
Im gleichen Jahrzehnt studierte Jürgen Schmidhuber Mathematik und Informatik an der Technischen Universität München. Er kam am 17. Januar 1963 in der bayerischen Landeshauptstadt zur Welt; schon als Teenager träumte er von einem Computerprogramm, das klüger als er selbst ist. Ab 1985 gab es an der TUM einen Lehrstuhl für Theoretische Informatik und Grundlagen der Künstlichen Intelligenz; hier erstellte Schmidhuber 1987 seine Diplom- und 1991 seine Doktorarbeit. Sie beschrieb Lernprobleme von neuronalen Netzen und ist eine schöne Darstellung des Fachgebiets in den späten 1980er-Jahren.
1990 und 1991 erlebte Jürgen Schmidhuber ein „Wunderjahr“ oder annus mirabilis, wie die Lateiner sagen. Nähere Einzelheiten liefert seine Website. Unter die Wunder nahm er auch – siehe Nummer 3 – die Diplomarbeit des von ihm betreuten Mitstudenten Sepp Hochreiter auf. Gemeinsam entwickelten die beiden das Long Short-Term Memory oder LSTM. Das „Lange Kurzzeitgedächtnis“ für neuronale Netze wurde 1997 veröffentlicht; in den 2010er-Jahren revolutionierte es die Welt des maschinellen Lernens und fand viele Anwendungen in der Spracherkennung und der Sprachübersetzung.
1993 schloss Jürgen Schmidhuber in München seine Habilitation ab, danach arbeitete er dort als Oberassistent und Privatdozent. Im März 1995 übernahm er die wissenschaftliche Leitung des Schweizer KI-Forschungszentrums IDSIA in Lugano; ab 2003 lehrte er außerdem an einer Fachhochschule im Nachbarort Manno. Von 2004 bis 2009 war er Professor für kognitive Robotik in der TU München, anschließend wurde er Ordinarius für Künstliche Intelligenz an der Universität Lugano. Dabei fand er noch Zeit, 2014 eine Firma für neuronale Netze zu gründen und bis 2017 zu leiten.
Zwischen 2009 und 2013 gewannen Programme von Schmidhuber und seinen Mitarbeitern neun internationale Wettbewerbe für Muster- und Schrifterkennung. Ehemalige Studenten von ihm erhielten verantwortliche Positionen in KI-Firmen – zu nennen ist hier DeepMind – und Uni-Instituten. Ende 2021 trat Jürgen Schmidhuber selbst eine neue Stelle an. Er wurde Direktor der KI-Initiative der KAUST alias König-Abdullah-Universität für Wissenschaft und Technik. Die 2009 gegründete Hochschule liegt an der Ostküste des Roten Meeres und ist eine Oase der Liberalität im ansonsten ultrakonservativen Saudi-Arabien.
Neben der Künstlichen Intelligenz und der Robotik interessiert sich Jürgen Schmidhuber noch für viele anderen Themen; wir empfehlen ein genaues Studium seiner Homepage und seiner Publikationen. Die Beschäftigung mit der Geschichte führte ihn zu „Schmidhubers Gesetz“, nach dem technische Durchbrüche seit der Steinzeit in immer kürzeren Abständen erfolgten. Das gilt ebenso für die Informatik. Nach dieser Auflistung endet die Entwicklung der Computer um das Jahr 2040 herum – lassen wir uns also überraschen.
Schmidhuber ist auch ausgebildeter Grafiker und formulierte eine Theorie der Schönheit. Einen guten Überblick über sein wissenschaftliches Werk liefert ein Vortrag von 2016. Den Turing Award, den Nobelpreis der Informatik, wird er wahrscheinlich nicht mehr gewinnen, da er sich einige Male mit den Großen des Fachs anlegte, doch er ist sicher der kreativste und originellste deutsche Denker in der KI. An seinem heutigen 60. Geburtstag wünschen wir Jürgen Schmidhuber alles Gute und noch weitere erfolgreiche Forscherjahre.