IBM PS/2 – der verflixte Mikrokanal

Geschrieben am 05.04.2022 von

Vor 35 Jahren stellte die Firma IBM das „Personal System“ PS/2 vor. Es sollte den 1981 eingeführten IBM PC ablösen. Er prägte die Welt der kleinen Computer, doch verlor IBM Marktanteile, denn andere Hersteller brachten schnell Nachbauten heraus. Mit dem PS/2 wollte Big Blue wieder an die Spitze kommen, doch ging die Sache gründlich schief.

Der SPIEGEL war, wie so oft, schneller als die Realität. Am Montag, dem 30. März 1987, meldete er, dass die IBM am Donnerstag eine neue Computerfamilie enthüllen würde. Die Codenamen lauteten Flashlight, Rough Rider, Trail Boss und Wrangler, doch das Magazin verriet auch die wahre Bezeichnung: Personal System 2 oder kurz PS/2. Die kompakten Kleinrechner für den Schreibtisch wären „Ultra-Super Sahne“.

Selbige wurde dann in der Tat am 2. April 1987 in Miami und New York vorgestellt. Auf der Pressekonferenz in Manhattan trat der Chef des IBM-Bereichs für Einstiegssysteme auf, der 46 Jahre alte William Lowe. Er hatte sieben Jahre zuvor den IBM PC auf den Weg gebracht, der 1981 eine neue Ära der Mikrocomputer startete. Der Personal Computer war ein großer Erfolg, er führte aber auch zu billigeren und oftmals besseren Kompatiblen, die Big Blue Marktanteile wegnahmen. Mit dem Personal System wollten Lowe und sein Arbeitgeber den verlorenen Boden zurückgewinnen.

Mit dem IBM PS/2 kam auch eine neue Maus heraus. (Foto Computer History Museum)

Die PS/2-Modelle bildeten eine grundsolide und äußerlich ansprechende Rechnerfamilie. Im April 1987 erschienen die Typen 30, 50, 60 und 80; die ersten zwei waren Desktops, die beiden anderen besaßen Turm-Design. Im August folgte mit Nummer 25 wiederum ein Desktop-System – hier sieht man es zusammen mit William Lowe. Später kamen zu den Tisch- und Turm-Modellen noch Portables und Notebooks hinzu; eine Übersicht über die Baureihe steht hier. Die Mikrochips im Inneren lieferte wie beim IBM PC die Firma Intel.

Die Typen 25 und 30 enthielten den vom PC bekannten Prozessor Intel 8086, die Nummern 50 und 60 verwenden den daraus abgeleiteten Intel 80286. Das Grundmodell PS/2 30 besaß einen Arbeitsspeicher von 640 Kilobyte und nahm noch eine 20-Megabyte-Festplatte auf. Im PS/2 80 saß ein neuerer Chip, der vom Intel-Ingenieur John Crawford und seinem Team entwickelte 80386. Der Dreisechsundachtziger erschloss Mikrocomputern die 32-Bit-Welt; der erste Einsatz geschah im Herbst 1986 im Deskpro 386 des Herstellers Compaq.

Die Preise der im April 1987 vorgestellten IBM-Computer gingen von 2.595 bis 10.895 Dollar; der PS/2 25 vom August des Jahres kostete ebenfalls 2.595 Dollar. Deutsche Käufer mussten für das Modell 30 stolze 5.675 DM bezahlen. Als Betriebssystem brachte die PS/2-Familie das erprobte PC DOS mit. Ende 1987 bot Big Blue die erste Version des neuen Operating System/2 an; ein Jahr später lag eine Ausführung mit grafischer Benutzeroberfläche vor. Das OS/2 entsprang der – nicht sehr harmonischen – Kooperation zwischen IBM und Microsoft. Auf Details sei verzichtet; wer sie wissen will, möge dieses Buch lesen.

Der IBM PS/2 70 von 1988 war ein portables Modell. Die Perspektive täuscht etwas. Es handelte sich nicht um einen Laptop. Neben dem Monitor sitzt das Diskettenlaufwerk.

Eine Überraschung in der PS/2-Familie waren die Diskettenlaufwerke im Format dreieinhalb Zoll; wir schilderten sie letztes Jahr im Blog. Die kleinen Floppys gab es schon seit 1981, sie hatten sich aber noch lange nicht durchgesetzt; viele User bevorzugten nach wie vor die Plastikscheiben mit Durchmesser fünfeinviertel Zoll. Die zweite Überraschung fand sich in den PS/2-Modellen 50, 60 und 80. Sie hieß Micro Channel, zu Deutsch Mikrokanal, und war der Computer-Bus, das System für die interne Datenübertragung.

Seine Ursprünge verlieren sich im Dunkel der Technikgeschichte; angeblich soll das Motiv der Entwicklung die Funkentstörung gewesen sein. Der neue Mikrokanal machte den Bau kompatibler Computer ohne Einverständnis der IBM unmöglich; er blockierte zudem den Einsatz von älteren Erweiterungskarten. Big Blue hoffte jedenfalls, einen eigenen Standard zu schaffen und auf diesem Weise den Markt zu kontrollieren. Die Konkurrenz reagierte. Unter Führung von Compaq taten sich mehrere Firmen zur Neuner-Bande zusammen und entwarfen 1989 einen alternativen Bus namens EISA.

Die IBM kehrte bald zum alten Standard zurück; der Traum von der neuen Marktdominanz war ausgeträumt. Der PS/2 wurde hauptsächlich von Firmenkunden angeschafft; in den ersten zwei Jahren setzte Big Blue etwa vier Millionen Stück ab. Mit ihm begann aber auch der Niedergang der Mikrocomputer-Produktion; sie endete 2004 durch den Verkauf der PC-Sparte nach China. PC- und PS/2-Vater William Lowe verließ seine Firma schon 1988; er starb 2013. Im HNF überlebten vier Personal Systems; das Eingangsbild zeigt das Modell 50.

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