Microsoft Windows – Fenster zur Computerwelt
Geschrieben am 10.11.2023 von HNF
Die grafische Benutzeroberfläche oder GUI zählt zu den wichtigsten IT-Erfindungen der letzten fünfzig Jahre. 1983 gab es einige Computer, die sie verwendeten. Am 10. November 1983 kündigte die Firma Microsoft in New York eine Software an, die auch Programme im GUI-Format möglich machte. Sie trug den Namen Windows und führte schließlich zu den gleichnamigen Betriebssystemen.
Die Historiker sind sich nicht einig: Wurde Microsoft Windows im Helmsley Palace Hotel an der Madison Avenue oder im Plaza am Central Park angekündigt? Sicher ist nur, dass es am 10. November 1983 in New York geschah. Das erste Video zu der Software drehte IT-Pionier Dan Bricklin drei Wochen später in Las Vegas. Dort zeigte die Firma Microsoft Programme mit Windows auf der Computermesse COMDEX, bitte zu Minute 7:05 gehen. Nachrichten über das Produkt gelangten ebenso nach Hamburg. Ende November 1983 schrieb der SPIEGEL:
„Als ‚Meilenstein in der Software-Entwicklung‘ preist die amerikanische Firma Microsoft, Entwickler von Computer-Programmen, ihr neues System ‚Windows‘ an. Und mit einem Fenster namens ‚Visi On‘ will auch der Software-Anbieter VisiCorp Heimcomputer-Besitzern die Arbeit am Bildschirm erleichtern. Die beiden Systeme sollen den Computer-Bildschirm gleichsam in einen Schreibtisch verwandeln, auf dem mit mehreren Programmen gleichzeitig gearbeitet werden kann, wobei die Daten innerhalb der rechteckigen Graphik- und Textblöcke manipulierbar sind.“
Der Text enthielt die erste Nennung von Bill Gates‘ Unternehmen – 1981 hatte die Zeitschrift das Computerspiel Microsoft Adventure erwähnt. Neben Windows führte der SPIEGEL die Software Visi On der kalifonischen Firma VisiCorp auf. Beide Systeme ermöglichten das „Windowing“. Dabei werden mehrere Anwendungsprogramme auf dem Monitor angezeigt und bearbeitet. Visi On und Windows waren noch keine echten Betriebssysteme; Microsoft sprach von einer Erweiterung und Verbesserung des vom IBM PC bekannten MS-DOS.
Die Fenster-Technik schuf eine grafische Benutzeroberfläche, auf Englisch Graphic User Interface oder GUI. Wir finden sie 1973 im Computer Alto, der im Forschungszentrum PARC der Firma Xerox entstand, und 1981 im Xerox Star. Er brachte die oben zitierte Firma VisiCorp zur Software Visi On; vorgestellt wurde sie auf der Herbst-COMDEX 1982. Hier sah sie Bill Gates, und er ordnete die Entwicklung eines ähnlichen Programms an. Der Projektleiter war Scott McGregor; sein Marketing-Kollege Rowland Hanson hatte die Idee, den Arbeitstitel „Interface Manager“ durch „Windows“ zu ersetzen.
Am 10. November 1983 wurde Microsoft Windows in New York der Fachpresse präsentiert. Anwesend waren die Vertreter von 23 Computerfirmen. Alle gelobten, das Produkt auf ihren Rechnern anzubieten. Danach berichteten unter anderem die Magazinen InfoWorld, BYTE und Creative Computing. Vierzig Jahre später fallen vor allem zwei Eigenschaften der Software auf: Sie benötigte nur zwei Disketten und 192 Kilobyte freien Speicher, und sie platzierte die Fenster nebeneinander auf dem Bildschirm, also nicht überlappend.
In New York kündigte Bill Gates die Verfügbarkeit von Windows für den April 1984 an. Der Monat kam und ging und ebenso der nächste April. Dann dämmerte der 20. November 1985, und Microsoft brachte Windows 1.01 wirklich in den Handel. Das war die Pressemitteilung, das ist ein Ausschnitt aus der Einführungsparty. Diesmal wissen wir das Hotel: Alexis Park in Las Vegas. Die neue Software kostete 99 Dollar und brauchte 256 Kilobyte Speicherplatz, empfohlen wurden allerdings 512 Kilobyte und eine Festplatte. Im Mai 1986 erschien die Version Windows 1.02 für den europäischen Markt.
Bis April 1987 verkaufte Microsoft eine halbe Million Software-Pakete, was in der Branche als Flop galt. Das im Dezember 1987 vorliegende Windows 2.0 lief etwas besser, ein echter Hit war aber erst Windows 3.0 von 1990. In zwei Jahren wurden zehn Millionen Einheiten abgesetzt. Im Frühjahr 1991 berichtete des Schweizer Fernsehen über die Software und über Bill Gates. Mit Windows 95 befand sich Microsoft endgültig auf der Erfolgsstraße, und es stellte wahrscheinlich auch ein eigenständiges Betriebssystem dar.
Zum Schluss möchten wir noch auf den Rechtsstreit zwischen Microsoft und Apple zum Windowing eingehen. Er begann im Prinzip zwei Tage nach der Windows-Einführung. Am 22. November 1985 unterschrieben Bill Gates und Apple-Chef John Sculley eine Vereinbarung; sie erlaubte Microsoft die Nutzung und Weitergabe der Fenster-Technik, wie sie die Apple-Computer Lisa und Macintosh anboten. Der Nachfolger Windows 2.0 machte John Sculley allerdings nachdenklich, und im März 1988 erhielt Microsoft eine Copyright-Klage.
Das Verfahren endete am 19. September 1994 mit einem Sieg für Microsoft. Das Gericht entschied, dass bei der Übernahme von Bildschirm-Menüs nicht das Gefühl wichtig ist, sondern die Menge der Details, die von einem Programm ins andere gelangen; hier hatte sich Sculley 1985 von Bill Gates überlisten lassen. Apple-exklusiv blieb nur der Mülleimer, den Microsoft durch einen Papierkorb ersetzte. 1997 klärten die Firmen alle noch offenen juristischen Streitfragen und schlossen außerdem ein Patentabkommen.