Neu im HNF – Mikroelektronik
Geschrieben am 09.03.2021 von HNF
Mikroelektronik – immer kleiner, immer schneller. So lässt sich der Inhalt des neuen Bereichs im HNF beschreiben, der mit der Wiedereröffnung zugänglich wurde. Er zeigt die Technik, der wir Computer, Smartphones und andere praktische Dinge verdanken. Der Gang durch die Abteilung beginnt im nachgestellten Reinraum und endet beim Mikrochip, der weitreichendsten Erfindung des 20. Jahrhunderts.
Die Elektronik ist der Teil der Elektro-, Nachrichten- und Informationstechnik, in dem Bauelemente mit Elektronen eine Rolle spielen. 1947 erfanden die Amerikaner John Bardeen, Walter Brattain und William Shockley den Germanium-Transistor und bekamen den Nobelpreis. 1954 entstand der erste Transistor aus Silizium. Die Halbleiter ersetzten die zuvor benutzten Elektronenröhren und ließen technische Geräte schrumpfen. 1958 erstellte der Ingenieur Jack Kilby in Texas den ersten integrierten Schaltkreis.
Der amerikanische Physiker Robert Noyce schuf ein Jahr später den monolithischen Typ, der sich weltweit durchsetzte. In den späten 1950er- und frühen 1960er-Jahren Jahren enthielten die Computer noch einzelne Transistoren. Die integrierte Schaltung, kurz IC, verschmolz sie zu Siliziumchips, deren Bestandteile nur unter der Lupe oder im Mikroskop zu erkennen waren. Die weiter zunehmende Miniaturisierung machte die Elektronik zur Mikroelektronik. Unser Eingangsbild zeigt ihr wohl wichtigstes Erzeugnis, den Mikroprozessor.
Einen Einblick in die Mikroelektronik bietet die gleichnamige neue Abteilung des HNF. Die Produktion der Bauelemente findet in Reinräumen statt, in denen die Zahl der Staubkörner möglichst klein gehalten wird. Die dort tätigen Mitarbeiter tragen eine Schutzkleidung, in der nur das Gesicht freigehalten wird, und eine besondere Brille. Sie betreten den Reinraum durch eine Schleuse, in der ein Luftstrom die Partikel von der Kleidung bläst. Im HNF können die Besucher einen nachgestellten Reinraum erleben.
Hinter dem Eingang finden sie dann einen großen zylindrischen Silizium-Einkristall. Er weist eine regelmäßige Gitterstruktur auf und bildet die Grundlage aller integrierten Schaltungen. Die Einkristalle werden industriell erzeugt; meistens kommt das 1916 entdeckte Czochralski-Verfahren zum Einsatz. Der Einkristall wird in dünne Scheiben zersägt, die Wafer. Auf den einzelnen Abschnitten entstehen in optisch-chemischen Prozessen die gewünschten ICs. Anschließend wird jeder so bearbeitete Wafer in winzige Chips aufgeteilt.
Das ist also die Technik, die die moderne Welt ermöglicht. In der Retro-Mediathek der ARD stießen wir auf ein faszinierendes Filmdokument aus der Frühzeit der Mikroelektronik. Es führt ins Jahr 1961 und in das Halbleiterwerk, das die Firma Telefunken 1960 in Heilbronn eröffnete. Mehr als tausend Frauen saßen in einer riesigen Montagehalle und fertigten Silizium- und Germanium-Transistoren. Nach den Worten des Kommentators war die Luft zu 99,98 Prozent staubfrei; das entsprach den Bedingungen eines Operationssaals.
Zu Beginn zeigt der Film das Ziehen eines Einkristalls und das anschließende Zersägen in Wafer, oder wie man 1961 sagte, Kristall-Blätter. Sie besaßen natürlich nicht den heutigen Standard-Durchmesser von dreißig Zentimetern. Die dünnen Scheiben lieferten viele kleine Plättchen; aus ihnen wurden mehr oder weniger von Hand die Transistoren gemacht. Sie waren diskret, wie der Fachausdruck lautet, und steckten in Glasröhrchen – wir befinden uns noch nicht in der Ära der integrierten Schaltungen.
Gegen Ende geht der Kameramann hinunter in den Kesselraum des Werks, und wir sehen, dass Halbleiterproduktion auch viel mit Chemie zu tun hat. Mittlerweile sind sechzig Jahre vergangen, und Telefunken ist längst Geschichte. Der Telefunkenpark am Neckar existiert aber noch; der Industriekomplex soll sogar modernisiert werden. Auch zur Mikroelektronik-Ausstellung in Paderborn gibt es einen Film, der auf YouTube vorliegt.
Nach der neuen Allgemeinverfügung des Kreises Paderborn ist ein Besuch des HNF und der neuen Abteilung Mikroelektronik ohne Terminbuchung möglich. Erforderlich ist das Tragen einer FFP2-Maske oder eines vergleichbaren Schutzes.
Wunderbar, dass das Museum wieder offen ist! Ich bin gespannt auf die Ausstellung. Danke auch für das interessante Dokument, Highlight ist am Ende der Satz: „kleiner geht es wirklich nicht mehr“. Aber auch aus geschlechterhistorischer Perspektive eine spannende Quelle.