Kontron

PSI 80 – der mysteriöse Mikrocomputer

Geschrieben am 23.09.2025 von

Zu den ersten deutschen Acht-Bit-Rechnern gehörte der PSI 80 der Kontron Mikrocomputer GmbH; sie saß in Eching nahe München. Er besaß einen Prozessor von Zilog und kam 1979 heraus; der Preis lag bei 10.000 DM. Auf das Grundmodell folgten weitere PSI-80-Typen und andere Kontron-Modelle. Die Firma gibt es noch immer, und ihre Geschichte ist kompliziert.

In den 1970er-Jahren interessierten sich viele für Parapsychologie und für rätselhafte Talente des Geistes wie Hellsehen, Telepathie oder Telekinese. Sie wurden auch Psi-Phänomene genannt. Ebenso esoterisch war für viele Normalbürger der Digitalrechner und seine jüngste Inkarnation, der Mikrocomputer.

Aufklärung lieferte das Magazin CHIP. Das Juni-Heft 1979 brachte einen vier Seiten langen Artikel Der geheimnisvolle Münchner – PSI 80. Er behandelte natürlich einen kleineren Computer, der Titel stimmte aber nicht ganz. Im Namen des Geräts fehlte der griechische Buchstabe Ψ, und der Psi Ψ 80 kam nicht aus der bayerischen Metropole, sondern aus der Gemeinde Eching weiter nördlich und von der Kontron Mikrocomputer GmbH. Da Ψ wie „Psi“ ausgesprochen wird, möchten wir jedoch im Folgenden auf das Zeichen verzichten.

Branco Weiss (1929-2010), der Gründervater aller Kontron-Firmen (Foto Rainer Spitzenberger CC BY-SA 3.0 seitlich beschnitten)

Im Artikel beschrieb CHIP detailliert die Hard- und Software des Rechners. Er hatte einen Acht-Bit-Prozessor vom Typ Zilog Z80A und Speicherchips, die je nach Version zwischen 32 und 80 Kilobytes fassten. Das war 1979 eine ganze Menge. Die PSI-80-Varianten H, S, P und M unterschieden sich außerdem bei den Diskettenlaufwerken; die Grundversion verzichtete völlig darauf, der PSI-80 in unserem Eingangsbild hat zwei von ihnen. Alle Typen verfügten über einen Bildschirm von 25 Zeilen zu 80 Zeichen.

Mitgeliefert wurden ein Texteditor, ein BASIC-Interpreter, die Z80-Assemblersprache und ein Betriebssystem, das zwei Kilobyte füllte. Kontron sah als Einsatzfelder Lehren und Lernen, Büros, Bibliotheken und Datenbanken, technische Steuerungen und Datenerfassungen sowie Routineaufgaben im häuslichen und im privaten Bereich; auch „Spielzeuge“ vergaß man nicht. Laut CHIP sollte der PSI 80 den Mikrocomputer „entmystifizieren“ und ihn in den deutschsprachigen Ländern einem breiten Anwenderkreis zugänglich machen.

Ein PSI 80 mit Digitalisiertablett aus dem HNF

Im gleichen Heft fand sich eine dreiseitige – sic! – Kontron-Anzeige, doch weder sie noch der Artikel verriet den Preis des PSI 80. Ihn deutete erst die August-Ausgabe von 1980 an, die eine Übersicht über teurere Personal Computer brachte. Dort lag der Kontron-Rechner mit 10.000 DM ganz vorn. Es traten dann die marktüblichen Preissenkungen ein; im CC-Computerarchiv vom Juni 1982 kostete das billigste PSI-80-Modell nur noch 6.900 DM. Eine Broschüre zum Hardware-Angebot in den frühen 1980er-Jahren lässt sich hier abrufen.

Der Hersteller des PSI 80, die Kontron Mikrocomputer GmbH, startete im Jahr 1971 als eine Vertriebsfirma. Sie gehörte zu einem Firmengeflecht, das der Schweizer Chemieingenieur Branco Weiss 1960 ins Leben rief; seine ersten Produkte waren medizinische Geräte. 1974 übernahm der Basler Pharmakonzern Hoffmann-La Roche die Kontron-Gruppe, 1979 wurde Weiss hinausgedrängt. Der bayerische Zweig fertigte inzwischen Informationstechnik, etwa Z80-Platinen. Seit 1977 baute man auch einen kleinen Computer, ein Z80-Lernsystem.

Dieser PSI-80-Computer befindet sich im Depot des Computermuseums Kiel.

Mit dem PSI 80 und weiteren Systemen führte Firmenchef Elmar Zeising die Kontron-Filiale zu ungeahnten Höhen, worauf sie eine prächtige neue Zentrale bezog. 1985 kündigte Zeising aber. 1989 verkaufte Hoffmann-La Roche den Echinger Ableger – er beschäftigte zu jener Zeit 1.150 Menschen – an den Autobauer BMW. 1998 schloss BMW den Zukauf bis auf die Abteilung für eingebettete Systeme.  Sie ging an eine Münchner Firma namens Xtech; hinter ihr stand der Österreicher Hannes Niederhauser.

Im Jahr 2000 machte er Xtech zur Kontron Embedded Computers AG und leitete sie bis 2007. Danach widmete er sich der in Linz ansässigen S & T AG. 2016 übernahm diese die Kontron, die mittlerweile in Augsburg operierte; das Geld steuerte die Firma Ennoconn aus Taiwan bei. 2022 wurde aus S & T eine neue Kontron AG in Linz; ihr Chef ist, wie man sich denken kann, Hannes Niederhauser. 2024 setzte er knapp 1,7 Milliarden Euro um. Zum Schluss sei verraten, dass die bis 1996 gefertigten Kontron-Rechner im CC-Computerarchiv stehen.

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