Quanten im Museum

Geschrieben am 17.01.2025 von

Seit Sonntag besitzt das HNF als erstes Museum in Deutschland einen Bereich zum Thema Quantencomputer. Er zeigt Exponate zu ihren Grundlagen und ihrer Geschichte sowie einen Kryostaten; das Gerät zum Erzeugen tiefster Temperaturen symbolisiert häufig die Technik. Zu sehen gibt es auch Objekte aus der Forschung der Universität Paderborn und einen funktionsfähigen Quantencomputer aus China.

Offiziell starteten die Geburtstagsfeiern der modernen Quantentheorie – sie wurde 1925 vor allem von deutschen Physikern entwickelt – am Dienstag in Berlin. Das HNF war schneller und eröffnete schon am Samstagabend die Abteilung „Quantencomputer – Superrechner der nächsten Generation“; seit Sonntag ist sie im zweiten Obergeschoss allen Besucher zugänglich. Die Veranstaltung läutete zugleich das Jubiläumsjahr Nixdorf100 ein.

Die Quantenphysik ist also schon älter, Quantencomputer werden erst seit 1981 diskutiert. Damals prägte der Physik-Nobelpreisträger Richard Feynman den Begriff auf einer Tagung in den USA, an der auch Konrad Zuse teilnahm. Einen grundlegenden Aufsatz veröffentlichte 1985 der in Israel geborene englische Physiker David Deutsch. Der SPIEGEL erwähnte Ende 1997 zukünftige superschnelle Quantencomputer. Unser Blog schilderte den Zustand der Quantenrechentechnik im Februar 2018.

Ein Qubit-Modell im Foyer lockt die Besucher in die neue Abteilung des HNF. Dargestellt ist ein photonischer Quanten-Schaltkreis der Universität Paderborn.

Auf Details möchten wir verzichten, sondern nur hervorheben, dass die Quantencomputer eigentlich Analogrechner sind. Die Entsprechung zwischen der technischen Realität und einem mathematischen Problem basiert nicht auf Stromkreisen wie bei den Geräten, die in der Analogrechner-Abteilung des HNF stehen. Sie folgt aus den Grundlagen der Physik und aus Vorgängen auf der Ebene der Elementarteilchen. Der neue HNF-Bereich beginnt mit dem auf dem Boden angebrachten Spruch „Sie verlassen den binären Sektor!“ und dem Qubit.

Dieses ist, wie man mittlerweile weiß, das Quantencomputer-Gegenstück zum normalen Daten-Bit. HNF-Kurator Dr. David Woitkowski schuf für die Ausstellung die größten Qubits der Welt, zwei Modelle in Halbkugel- und Kugelform. Experten erkennen die Verwandtschaft mit der Bloch-Kugel, auf der sich Zustände eines Qubits geometrisch darstellen lassen; sie sitzen als Punkte auf der Oberfläche. Die Kugeln im HNF drücken ihre Befindlichkeit durch Lichtstärken und Farben aus. Die Zweierzahl deutet die Verschränkung von Qubits an, eine wichtige Operation in Quantenrechnern.

Dieser Kryostat („Kronleuchter“) arbeitete im Forschungszentrum Jülich.

Rechts hinter den Modellen steht die Vitrine mit dem „Kronleuchter“. Das Wort bezeichnet einen Kryostat, der Objekte auf Temperaturen nahe dem absoluten Nullpunkt abkühlt. Das ermöglicht den Einsatz von Chips mit Supraleitung, einer hoffnungsvollen Technologie des Quantenrechnens. Das Gerät entstand 2006 in den Niederlanden und kam in das Forschungszentrum Jülich; es untersuchte mit ihm Nanodrähte für die Nutzung in Qubits. Das Zentrum schenkte den Kryostaten und die dazugehörige Ausrüstung dem HNF, wofür wir uns an dieser Stelle herzlich bedanken.

Auf der linken Seite lernen die Besucher die photonischen Quantencomputer kennen. Sie werden auch in Paderborn erforscht. Für die Ausstellung des HNF entlieh das Zentrum für Optoelektronik und Photonik der Universität einen Chip, der einen lichtbasierten Quanten-Schaltkreis enthält. Mit Labor-Materialien stellte HNF-Kurator Dr. Woitkowski einen Versuch zusammen, der eine Quantencomputer-Aktion mit einem Laser realisiert, den Deutsch-Algorithmus. Dieser ermittelt, ob zwei Variable die gleichen Werte tragen.

Mit einem Baukasten der Thorlabs GmbH wurde der Deutsch-Algorithmus installiert.

Quantencomputer müssen nicht teuer sein. Das beweist im HNF der Gemini mini der Firma SpinQ; sie sitzt in der Stadt Shenzhen bei Hongkong. Der Gemini mini ist halb so groß wie ein Mikrowellenherd und und kostet etwa 8.000 Euro. Der kleine Rechner bringt zwei Qubits mit, die durch Kernspinresonanz erzeugt werden. In der Fachpresse heißt es gelegentlich, dass der Gemini mini kein echter Quantencomputer wäre; der Hersteller sieht ihn als Gerät für den Unterricht und für das Selbststudium.

Die historische Ecke der HNF-Ausstellung widmet sich dem wichtigsten deutschen Beitrag zur Quantencomputer-Technik, der Paul-Falle. Benannt ist sie nach ihrem Erfinder, dem Physiker Wolfgang Paul; er erhielt ebenfalls den Nobelpreis. Sie hält geladene Teilchen fest; Physiker in Innsbruck schufen mit ihr 2005 das erste Quantenbyte aus acht Qubits. Das HNF zeigt unter anderem einen Ionenkäfig, der in den 1980er-Jahren in der RWTH Aachen stand, und neuere Ionenfallen auf Chips aus Österreich. Wir danken den Stiftern Jürgen Friker und der Infineon Technologies Austria AG Villach.

Quantencomputer „zum Üben“ der chinesischen Firma SpinQ mit zwei Qubits

Hinter dem zentralen Rondell liegt ein Gang mit Stationen zu ausgewählten Themen des Quantencomputing. Die erste erläutert wieder einen Algorithmus, der nach dem indisch-amerikanischen Informatiker Lov Grover benannt wurde. Er zeigt, dass Quantenrechner schneller suchen können als digitale Elektronenhirne. Eine Multimedia-Präsentation liefert Informationen zur Geschichte der Quantenphysik und des Quantencomputers und klärt die Fragen, wie man ein solches Gerät baut und wo das erste in Deutschland operierte.

Ein Monitor am Ende des Gangs teilt Neuigkeiten zu Quantencomputern mit. Die Abteilung schließt wie sie beginnt, mit einem Spruch auf dem Boden: „Willkommen zurück!“ (in der digitalen Welt) Die nächste HNF-Veranstaltung zum Thema findet am 24. und 25. Februar statt. Es ist das diesjährige Heinz-Nixdorf-Kolloquium; es entführt die Teilnehmer aus dem zweiten Obergeschoss des Hauses in das „Universum der Quanten“.

Quanten, wo seid ihr? Das untersuchen HNF-Geschäftsführer Dr. Jochen Viehoff (links), Martin Nixdorf, Vorstandsvorsitzender der Stiftung Westfalen und der Heinz Nixdorf Stiftung, sowie Kurator Dr. David Woitkowski.

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