Schnitzeljagd mit Satelliten
Geschrieben am 02.10.2020 von HNF
1978 starteten die USA den ersten Satelliten des militärischen Positionssystem GPS. Ab dem 2. Mai 2000 konnten auch Zivilisten seine volle Leistung nutzen. Einen Tag später versteckte der Amerikaner Dave Ulmer einen Plastikeimer und gab die GPS-Koordinaten bekannt. So begann die Kunst des Geocaching. Heute vor zwanzig Jahren wurde der erste Geocache in Deutschland angelegt.
Der Raumfahrt verdanken wir dramatische Geschichten, tolle Fotos, Wettervideos aus dem All, Fernsehen vom Satelliten und das Globale Positionssystems GPS. Es umfasst ungefähr dreißig Trabanten, die Signale zur Erde schicken; ein Empfangsgerät kann daraus seinen Ort mit einer Genauigkeit im Meterbereich berechnen.
Die Satelliten des GPS gehören dem US-Militär und werden seit 1978 gestartet; über die europäische Konkurrenz Galileo haben wir im Blog berichtet. Ein besonderes Datum für die Besitzer von GPS-Empfängern war der 2. Mai 2000. Damals schaltete die amerikanische Regierung die eingebaute Ungenauigkeit der Signale ab. Sie betraf die nichtmilitärischen Nutzer, die zuvor die Position nur mit einem Fehler von 100 Metern berechnen konnten. Über Nacht erhielten sie Ortsangaben mit einer Genauigkeit von zehn Metern oder besser.
Das brachte Dave Ulmer auf eine Idee. Der studierte Ingenieur und freiberufliche Technik-Philosoph wohnte in Portland im US-Bundesstaat Oregon. Er nahm einen handelsüblichen Eimer aus Kunststoff und füllte ihn mit mehreren Objekten einschließlich vier Dollarnoten. Man kann alles in diesem Video sehen. Er fügte einen Text hinzu und vergrub den „GPS Stash“ – das heißt so viel wie Versteck – am 3. Mai 2000 auf Position 45° 17.460 N 122° 24.800 W. Eine alternative Schreibweise ist 45° 17′ 27,6″ N, 122° 24′ 48″ W.
Danach setzte Ulmer eine Nachricht ins Internet. Binnen eines Tages wurde der Eimer von einem anderen GPS-Nutzer gefunden. Mittlerweile ist kaum etwas von ihm übrig, seit 2001 ruht vor Ort aber ein Gedenkstein. Dave Ulmer hat später in einem englisch-französischen Interview seine Aktion geschildert. Mit ihr setzte er die globale Bewegung des Geocaching in Gang; der Begriff erschien am 30. Mai 2000 in einer Newsgroup. „Cache“ entspricht dem deutschen Versteck oder Depot; im Computer ist er bekanntlich der Zwischenspeicher.
Die Grundregel des Geocaching stammt von Dave Ulmer: Take something, leave something, nimm etwas mit, tu etwas hinein. Von ihm kam auch die Idee des Logbuchs, in dem sich ein Besucher verewigt. Unverzichtbar sind die Hinweise im Netz. Bei uns gibt es unter anderem die Seiten geocaching und opencaching. Beim Erlernen der Kunst helfen das Cachewiki und Wikipedia. Heute ähnelt sie der Schnitzeljagd: an der ersten Station muss der Geocacher ein Rätsel lösen, das zur zweiten führt, wo das nächste Rätsel wartet und so weiter. Alle Wege führen aber zu einem mehr oder weniger formschönen Behälter in verschiedenen Größen.
Den ersten in Deutschland deponierte ein junger Mann namens Ferenc am 2. Oktober 2000. Die Koordinaten lauten 52°13.5333 N 013°40.6833 E – das liegt in Brandenburg südlich von Königs Wusterhausen. Hier steht mehr dazu, und hier kann man sich ein Video anschauen. Mittlerweile stecken im deutschen Boden und in deutschen Bäumen 280.000 Geocaches. Mehr verzeichnen nur die Vereinigten Staaten. Weltweit kletterte die Zahl der Depots im Jahr 2017 über die Drei-Millionen-Grenze.
Geocaches gibt es auch in Paderborn, die Stadt richtete einen Lehrpfad ein. In der Region befinden sich über siebzig Verstecke. Darunter ist auch ein sehr beliebter Cache im HNF, der zurzeit aufgrund der Corona-Pandemie leider deaktiviert ist. In der Raumfahrtausstellung des HNF erfährt man mehr zum erwähnten Satellitensystem Galileo; die Schau im dritten Obergeschoss ist noch bis Januar geöffnet. Den Geocache im Eingangsfoto nahm J.-H. Janßen auf, die dazu gehörenden Koordinaten sind 51° 56′ 37.34″ N, 14° 19′ 57.33″ E.