Taschenrechner made in Germany

Geschrieben am 17.05.2022 von

Im Jahr 1972 kamen die ersten Taschenrechner heraus, die man als deutsche Produkte bezeichnen kann. Das waren der GT 530 der Hunte electronic GmbH, der Multiplus der Firma FG Elektrogeräte, der W200 der Walter Dittel GmbH und ein Gerät der Luther-Elektronik in Berlin. Aus ihm entstand in der Folgezeit der Aristo M27 und eine Taschenrechner-Serie.

Der elektronische Taschenrechner ist eine amerikanische Erfindung; das Urmodell schuf im Jahr 1967 der Physiker Jack Kilby von Texas Instruments. Marktfähige Versionen entstanden 1970 in Japan; der HANDY-LE des Herstellers Busicom war 1971 der erste wirklich kleine Rechner. In der Bundesrepublik wurden die schlauen Maschinchen ab 1972 gefertigt, mit Ausnahme des Mikroprozessors im Inneren. Der kam in der Regel aus den USA.

Der Multiplus aus Rückersdorf zählte zu den ersten westdeutschen Taschenrechnern.

Beginnen wollen wir mit dem GT 530, Deutschlands erstem Taschenrechner. Das sagt die Internet-Seite zur Geschichte der Hunte electonic GmbH & Co. KG, kurz Helec. Gegründet wurde die Firma 1970 in Huntlosen südlich von Oldenburg. Zwei Jahre später lag ihr „tip-in“ vor, das deutet auch der Umsatzsprung von 400.000 DM (1971) auf 2.400.000 DM (1972) an. Auf den GT530 folgten die Nummern 534, 535 und 536 sowie die Versionen, die das Versandhaus Quelle unter der Marke Privileg anbot. Der Quelle-Preis betrug 248 DM.

Für Traditionsbewusste gab es das Schrägpult CS 972, das den Taschen- zum Tischrechner machte. Im Inneren des GT 530 steckte ein Mikroprozessor von Texas Instruments, der seit 1971 erhältliche TMS0105. Der Taschenrechner aus dem Oldenburger Land hat noch seine Fans; das ist eine Website mit vielen Bildern und Details. Später entwickelte Helec den Zollimeter, einen Entfernungsmesser mit Ultraschall-Tönen. 1994 ging das Unternehmen in der Bremer A+B Electronic auf, die Fertigungsstätte in Huntlosen existiert noch.

Der MBO JUNIOR und der TRIUMPH 80 waren 1972 in der Bundesrepublik erhältlich, kamen aber wohl beide aus dem Fernen Osten. Das legen die englischen Worte nahe.

Der Chip aus Texas trieb auch den Taschenrechner Multiplus der FG-Elektrotechnik GmbH an. Sie wurde 1962 von Gerda und Franz Grigelat gegründet und saß in Rückersdorf östlich von Nürnberg. Der Multiplus war ab September 1972 und zum Preis von 339 DM als Bausatz erhältlich; vielleicht erschien anschließend eine fertig montierte Ausführung. Überlebt hat zum Rechner eine Broschüre mit technischen Einzelheiten. Vor zwei Jahren wurde die Herstellerfirma von der Sasse Elektronik GmbH aus Schwabach übernommen.

Nur wenig wissen wir über die Taschenrechner der Walter Dittel GmbH. Von 1959 an baute das Unternehmen in Landsberg am Lech Funkgeräte für Flugzeuge; 1962 kamen elektrische Umformer und 1980 Geräte der Messtechnik hinzu. Seit 2012 gehört Dittel einer Firma in Italien. Der Rechner W200 erschien im Sommer 1972 mit dem Mikroprozessor TMS0105; in den Jahren danach kamen weitere Modelle heraus. Angeblich wurde auch der MBO JUNIOR aus München in Landsberg gefertigt, er dürfte aber eher aus Asien stammen.

Der ARISTO M 64 wurde 1973 vom gleichnamigen Rechenschieber-Hersteller entwickelt.

Gut dokumentiert ist die Karriere des ersten Taschenrechners der Marke Aristo. Die 1862 in Hamburg gegründete Dennert & Pape Aristo-Werke KG machte sich einen Namen durch ihre Rechenschieber. Im April 1972 erwarb Aristo sämtliche Rechte an einem anonymen Rechner aus Berlin-Spandau; der Berufsschullehrer Hilmar Bentert schuf ihn für die Firma Luther-Elektronik. Die Serienversion trug ab Herbst 1972 den Namen ARISTO M27 – die Nummer 27 ergab sich durch einen Zahlendreher der 72.

Der M27 kostete bei der Markteinführung 466 DM, beim Kauf von mehreren Exemplaren sank der Preis bis auf 320 DM. Im Herbst 1973 brachte Aristo den selbst entwickelten M 64 heraus. Während der erste Rechner den TMS0105-Chip benutzte, operierte der Nachfolger mit einem Prozessor von General Instruments. Die beiden Modelle bildeten den Beginn einer Taschenrechnerserie, zu der 1978 ein aus Japan bezogener Tischrechner stieß. Anfang 1979 beendete Aristo die digitale Produktion; Rechenschieber wurden nur bis 1978 gefertigt.

1973 lag auch der PC 2008 der Kölner Interton-Electronic GmbH vor.

Eine Übersicht über die Aristo-Familie liefert dieser Artikel. Über den Rechner-Markt im November 1972 schrieben SPIEGEL und ZEIT. Die Wochenschau über die Hannover Messe 1973 zeigt bei Minute 3:40 amerikanische Bowmar-Taschenrechner. Im Film zur Frankfurter Frühjahrsmesse 1976 sehen wir jedoch Aristo-Produkte (Minute 0:50), ebenso im Bericht aus Hannover von 1977 (Minute 1:40). Schließen möchten wir mit einem Link zum ersten DDR-Taschenrechner minirex 73, auf den wir in einem späteren Blog-Beitrag eingehen, und einem Lied von einer bekannten Gesangsgruppe. Frohes Addieren und Subtrahieren!

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