Verschwörung im Weltraum?
Geschrieben am 11.06.2019 von HNF
Seit mehr als zwanzig Jahren beschert uns das Internet Berichte über angebliche Verschwörungen und gefälschte Nachrichten aller Art, auch Fake-News genannt. Am Donnerstag, dem 13. Juni 2019, spricht dazu im HNF der Psychologe Dr. Sebastian Bartoschek. Zur Einstimmung wollen wir die fantastischste Konspirationsthese überhaupt untersuchen. Sie besagt, dass die NASA ihre Mondlandungen im Fernsehstudio arrangierte.
Am 4. Juli eröffnet das HNF die Sonderausstellung Aufbruch ins All – Raumfahrt erleben. Ihr Anlass ist der 50. Jahrestag der Mondlandung von Apollo 11: Am 20. Juli 1969 betraten Neil Armstrong und Edwin Aldrin als erste Menschen einen fremden Himmelskörper und kehrten danach heil zur Erde zurück. Bis 1972 glückten der US-Raumfahrtbehörde NASA fünf weitere Flüge; insgesamt zwölf Astronauten spazierten über die Mondoberfläche.
Oder taten sie es nicht? Schon während des Apollo-Programms dachten viele Amerikaner, dass die Mondmissionen ein Schwindel wären. Eine lesenswerte Analyse ihres Glaubens lieferte 2010 der Raumfahrthistoriker Roger Launius. Im Jahr 1971 griff der James-Bond-Film Diamantenfieber die Idee auf. Wir sehen keine Kameras, doch der Gedanke drängt sich auf: In einem geheimen Studio tun Astronauten so, als wären sie auf dem Mond. Die übrige Welt schaut sich alles im Fernsehen an und nimmt es für bare Münze.
1976 erschien in den USA auch ein Buch zum Thema. Der ehemalige technische Redakteur Bill Kaysing (1922-2005) schilderte dort ein Apollo Simulation Project. Es findet nahe Las Vegas statt und besitzt ein Studio wie das in „Diamantenfieber“. Die drei Astronauten bleiben beim Start der Saturn-V-Rakete heimlich zurück. Die Rakete mit der Apollo-Kapsel entschwindet im All; vier Tage später laufen Armstrong und Aldrin im Raumanzug über den falschen Mond. Schließlich werden die Männer in eine zweite Kapsel gesetzt und aus einem Flugzeug ins Meer geworfen. Dort werden sie dann aufgefischt.
Details stehen in der Online-Ausgabe von Kaysings Werk – Achtung, dicke Datei! „We Never Went to the Moon“ war das erste von rund zwanzig Büchern, welche die Realität der NASA-Mondflüge abstritten; hinzu kamen diverse Fernsehfilme. In ihnen tauchen einige immer wiederkehrende Gegenargumente auf. Das populärste dürfte das mit den fehlenden Sternen sein: Warum blinken auf den Fotos der Apollo-Astronauten keine Lichtpunkte am Himmel? Die Bilder der UV-Kamera von Apollo 16, die Sterne enthalten, zählen hier nicht.
Der Grund für den schwarzen Himmel ist einfach: Die Belichtungszeiten der Hasselblad-Kameras waren zu kurz, um die schwach leuchtenden Sterne aufzunehmen. Auch die anderen Argumente der Mondlandungsleugner lassen sich leicht kontern – wir verweisen auf Wikipedia. Wir empfehlen außerdem die Apollo-Folge der amerikanischen Fernsehserie MythBusters von 2008. Und hier geht es zu einem Video, das die Rückkehr der Apollo-11-Kapsel am 24. Juli 1969 zeigt. Sie wurde also nicht aus dem Flugzeug geschubst.
Kontra-Argumente lassen sich widerlegen, doch gibt es Beweise, die im positiven Sinne für die Erfolge der NASA sprechen? Auf Fotos des Mondsatelliten LRO sind Hinterlassenschaften der sechs Landungen zu erkennen, zum Beispiel die Unterstufe der Mondfähre, die Neil Armstrong und Edwin Aldrin 1969 benutzten. Der Satellit stammt allerdings von der NASA, und die könnte – wir spielen einmal den advocatus diaboli – die Bilder gefälscht haben. Existieren vielleicht NASA-unabhängige Belege?
Die existieren tatsächlich. Die englische Wikipedia bringt eine lange Liste mit „Third-party evidence“ für die Mondlandungen. Sie führt unter anderem die Reflektoren auf, die die Astronauten von Apollo 11, 14 und 15 aufstellten. Sie spiegeln Laserstrahlen, die Forscher von der Erde abschicken. Die Photonen eines Strahls werden bei ihrer Rückkehr mit empfindlichen Instrumenten registriert. Die Ausbeute ist minimal – von einer Billiarde Photonen wird eines wieder aufgefangen – doch sie beweist das Vorhandensein des Spiegelsystems und menschliche Tätigkeit auf dem Mond.
Das Quarzglas der Reflektoren kam von der Firma Heraeus im hessischen Hanau; sie richtete auch eine Internetseite ein. Das Glas ist eines von zwei westdeutschen Produkten auf dem Erdtrabanten; das andere sind die Objektive der Hasselblad-Kameras. Sie fertigte die Carl Zeiss AG im schwäbischen Oberkochen. Unsere Suche nach Belegen für die Mondlandung führt uns aber noch nach Bochum. Die Sternwarte der Stadt war zur Apollo-Zeit das Tor Nordrhein-Westfalens ins All und ihr Chef Heinz Kaminski ein gefragter Experte.
Der Stolz der Sternwarte Bochum war und ist die Parabolantenne mit zwanzig Metern Durchmesser. Bei der Landung von Apollo 11 empfing sie die Funksprüche direkt von der Mondfähre – hier kann man Neil Armstrong und Edwin Aldrin live hören. (Die Stimme von der Bodenstation wurde nachträglich ergänzt.) Bei späteren Apollo-Missionen nahm das Team um Heinz Kaminski sogar Fernsehbilder der Astronauten von der Mondoberfläche auf. Sie sind nicht online, dieser Artikel bringt aber einen Screenshot.
Es waren also wirklich Menschen auf dem Mond. Mehr zu ihnen zeigt ab Juli das HNF im dritten Obergeschoss. Am Donnerstag, dem 13. Juni, klärt der Psychologe Dr. Sebastian Bartoschek über Fake-News und Verschwörungstheorien im Internet auf. Sein Vortrag beginnt um 19 Uhr, der Eintritt ist frei. Solche Theorien gab es natürlich schon vor der Erfindung des World Wide Web; das Kloster Dalheim in der Nähe von Paderborn präsentiert bis zum 22. März 2020 eine entsprechende Ausstellung.
Unser Eingangsbild entstand nicht im Rahmen einer Verschwörung, sondern im heutigen Lyndon B. Johnson Space Center das NASA in Houston. Wir sehen dort Neil Armstrong und Edwin Aldrin im April 1969 beim Training für die Mondlandung. Bei Thilo Elsner von der Sternwarte Bochum bedanken wir uns für das historische Foto und für die Auskunft zu den Aktivitäten rund um Apollo 11.