Vom Computer zum Communicator
Geschrieben am 26.04.2016 von HNF
1992 zeigte die IBM auf einer Computermesse in Las Vegas den Angler, eine Kombination aus Handy und Handcomputer. Er kam zwei Jahre später als Simon auf den Markt. 1996 erschien der Communicator 9000 von Nokia, mit dem man im Internet surfen konnte. Mit ihm begann die Karriere des Smartphones, wie wir es kennen und lieben.
Es gab eine Zeit, da standen junge Leute einfach an der Ecke und schauten in die Gegend. Da gingen Menschen über den Bürgersteig, um von einem Ort zum anderen zu gelangen. Da lasen Fahrgäste im Bus ein Buch oder die Zeitung oder spielten mit dem Gameboy, falls sie jünger waren. Das hat sich geändert, dank der Smartphones, die man in der Hand hält und auf denen immer etwas passiert. Wir überspringen das Wie und Warum und fragen stattdessen: Seit wann? Und wer hat’s erfunden?
Die Antwort lautet: Frank Canova und Kollegen der IBM, die am 13. November 1992 ein Patent für einen Personal communicator apparatus anmeldeten und es einige Jahre später erhielten. Das war ein Gerät, das die Funktionalität eines Personal Computers mit den Kommunikationsmöglichkeiten eines Mobiltelefons verband und „sophisticated computing as well as communication functions“ besaß. Es konnte also die Aufgaben eines Computers erfüllen wie auch Texte verschicken und empfangen.
Wenig später zeigte Frank Canova die Erfindung auf der Computermesse COMDEX in Las Vegas. Der Prototyp trug den Namen Angler, der sich wohl nicht auf Fische bezog, sondern auf das Ausrichten, auf Englisch to angle. Ab dem 16. August 1994 brachte die Firma BellSouth Cellular, ein Ableger der Telefongesellschaft BellSouth, das Gerät für 899 Dollar in Umlauf. Dazu kam ein Zweijahresvertrag für den Anschluss. Ohne Vertrag kostete Simon, wie der Apparat jetzt hieß, 200 Dollar mehr.
Das 20 Zentimeter lange und ein Pfund schwere Superhandy wurde bei Mitsubishi in Japan gefertigt. Es hatte ein Touchscreen-Display und ein Modem, um per Kabel ins Internet zu gehen; außerdem ließen sich Programme nachladen. Nach Verkauf von 50.000 Exemplaren nahm BellSouth Cellular ihren Simon aber wieder vom Markt. Die Zeit war noch nicht reif für ein solches Multifunktionsgerät, und die Käufer machten sich gerade erst mit den PDAs oder persönlichen digitalen Assistenten vertraut.
Den zweiten Versuch in Sachen Smartphone startete die finnische Firma Nokia auf der CeBIT 1996. Ihr Communicator 9000 wog 397 Gramm und sah wie ein Handy mit Display aus. Wenn man ihn aufklappte und um 90 Grad drehte, hatte man einen kleinen Computer mit Fenster und Tastatur, mit dem man sogar im World Wide Web surfen konnte. Das Gerät kam am 15. August 1996 auf den Markt. Für das nächste Jahr plante der schwedische Ericsson-Konzern das ganz ähnliche Smart Phone GS 88, zog es jedoch vor dem Verkaufsstart zurück. Immerhin ging die Bezeichnung in die Geschichte ein.
Das Prinzip Aufklappen-Drehen-Surfen stammt allem Anschein nach vom Berliner Designer Hans-Peter Constien. Sein „Tragbarer Computer mit Telekommunikationseinrichtung“ wurde am 2. Juni 1995 zum Patent angemeldet. Constien informierte darauf die von ihm geschätzte Firma Nokia, und Mitarbeiter besuchten ihn Anfang 1996. Laut Constien bot Nokia für die Erfindung 200.000 DM, die er ablehnte. Nach Markteinführung des Communicator 9000 verklagte Constien die Finnen, verlor aber vor Gericht. Unser Eingangsbild stammt aus seiner Patentschrift.
Die Episode verdeutlicht die Rolle, die die Mechanik in der Frühzeit des Smartphones spielte. Zur Jahrtausendwende und danach existierten aufklappbare, aufschiebbare und aufdrehbare Modelle sowie solche, bei denen man Display und Input trennen konnte. Bekannt sind die Geräte des kanadischen Herstellers BlackBerry mit ihren prominenten Nutzern, allen voran Barack Obama, und den kleinen Drucktasten. Die schlechte Nachricht ist, dass BlackBerrys Einkünfte ihre besten Zeiten hinter sich haben.
2007 stellte Steve Jobs das iPhone vor, dessen Design Maßstäbe setzte. Das typische Smartphone ist seitdem viereckig, leicht und flach und hat eine Touchscreen-Scheibe, die mitunter Sprünge aufweist. (Was aber am Benutzer liegt.) Hinzu kommen Sensoren, GPS-Empfang und Kameras. Unterschiede gibt es bei den Betriebssystemen, wo Apples iOS gegen Googles Android steht. Als letzte Erkenntnis bleibt, dass das Smartphone drauf und dran ist, zur nächsten Stufe der Evolution des Computers zu werden, der längst kein „Rechner“, sondern vor allem ein „Kommunikator“ ist.
Bei den Smartphones nicht vergessen: Die Geräte von Palm und Handspring – mit Touchscreen usw. + Mobilfunk waren sie Vorläufer des iPhone …