Weltausstellung Wien – die Post ist da

Geschrieben am 05.05.2023 von

Am 1. Mai 1873 eröffnete Kaiser Franz Joseph I. die Wiener Weltausstellung, die bis zum 2. November lief. Tausende von Firmen zeigten ihre Produkte, darunter 8.000 aus dem 1871 gegründeten Deutschen Reich. Die Reichspost und zwei Telegrafenverwaltungen bauten eigene kleine Ausstellungen auf. Sie waren die vermutlich ersten über die Geschichte der Post und der Telekommunikation.

Das Riesenrad fehlte, doch die Weltausstellung des Jahres 1873 fand im Prater statt, der großen Grünanlage im Osten von Wien. Entlang der Donau bedeckte sie eine Fläche von 2,3 Quadratkilometern; zentrales Bauwerk war die mehr als hundert Meter breite Rotunde. Der Industriepalast daneben und weitere Hallen und Häuser boten Platz für 53.000 Aussteller – meist Firmen und Institutionen – aus 35 Ländern. Nationale Pavillons gab es noch keine, der deutsche Industrielle Alfred Krupp leistete sich aber ein Gebäude für seine Kanonen.

Eröffnet wurde die Schau am 1. Mai 1873 durch den österreichischen Kaiser Franz Joseph I.; anwesend war auch Kaiserin Elisabeth, besser bekannt als Sissi. Bis zur Schließung am 2. November kamen 7,25 Millionen Besucher. Man hatte mehr erwartet; die kleinere Pariser Weltausstellung von 1867 lockte 9,24 Millionen Menschen an. Doch schlechtes Wetter, ein Börsenkrach und ein Cholera-Ausbruch reduzierten die Nachfrage in Wien. Am Ende standen Ausgaben von über 19 Millionen Gulden gegen Einnahmen von nur 4,25 Millionen.

Die österreichische Abteilung für wissenschaftliche Instrumente  (Foto Wien Museum)

Inzwischen sind die Expo-Bauten weitgehend verschwunden; die Rotunde fiel 1937 einem Großfeuer zum Opfer. Zwei Pavillons stehen noch an der heutigen Wiener Trabrennbahn; sie sollen bis 2025 saniert werden. Zuvor arbeiteten darin bildende Künstler. Die gute Nachricht ist, dass die Weltausstellung von 1873 hervorragend dokumentiert wurde. Das Wien Museum stellte 2.500 Fotos und Grafiken ins Internet; auch das Eingangsbild entnahmen wir dieser Sammlung. Entworfen hat es der Lithograph Carl Waage. Online sind ebenso die amtlichen Berichte aus Österreich und aus Deutschland.

Ein Officieller Ausstellungs-Bericht, der 1874 in Wien erschien, führte die mathematischen Instrumente auf; dazu zählten die Rechenmaschinen. Einige kamen aus der Firma von Louis Thomas, ein Sohn des Arithmometer-Erfinders Charles Xavier Thomas de Colmar. Ganz ähnliche Geräte bauten in Wien Julius Masseur und Rudolf Dobesch; eins fand später den Weg in das Bonner Arithmeum. Zu sehen gab es außerdem den Calculator des Norwegers Axel Petersson mit einer zentralen Staffelwalze sowie Addiermaschinen von Petersson und von zwei Erfindern aus Ungarn.

Fliehkraft-Regler für Dampfmaschinen von einem Wiener Hersteller. Ihr Arbeitsprinzip ging später in die Wissenschaft der Kybernetik ein. (Foto Wien Museum)

Danach behandelte der Bericht Rechenschieber, Planimeter und Integratoren sowie Panto- und Ellipsographen. Sie bildeten vor 150 Jahren die Gruppe der analogen Rechengeräte. In Wien waren auch deutsche Hersteller präsent; der „Amtliche Katalog der Ausstellung des Deutschen Reiches“ nannte sie im Abschnitt über mathematische, astronomische und physikalische Instrumente. Ein immer noch bekannter Name ist Dennert & Pape aus Altona – 1873 gehörte der Ort zu Schleswig-Holstein. Das Unternehmen zeigte vermutlich seine Rechenstäbe, die es später unter der Marke Aristo anbot.

Ein anderer offizieller Bericht aus Wien widmete sich der Telegrafie. Er beschrieb genau die historische Ausstellung der kaiserlich deutschen Telegrafenverwaltung. Im Blog schilderten wir schon ein Exponat, den Nachbau der Anlage, die Carl Friedrich Gauß und Wilhelm Weber 1833 in Göttingen konstruierten. Daneben wurden elektromagnetische Relais gezeigt, das älteste stammte aus dem Jahr 1849. Die königlich bayerischen Telegrafisten richteten eine eigene Ausstellung ein. Lobend erwähnte der Bericht die Firma Siemens & Halske.

Irgendwas mit Medien: Zeichen- und Schreibgeräte von A. W. Faber (Foto Wien Museum)

Eine weitere Sonderschau steuerte die deutsche Reichspost bei. Sie war eine Idee des seit Anfang 1872 amtierenden Generalpostdirektors Heinrich Stephan; das „von“ erhielt er 1885. Er plante früh die Gründung eines Museums; erhalten ist ein Schriftstück vom 24. August 1872, in dem er die Beschaffung einer Feldpoststelle anordnete. Dort wies er ebenso auf die „internationalen Ausstellungen“ hin. Für diejenige in Wien ließ Stephan von einer Berliner Fabrik dreißig Modelle von Postkutschen und Eisenbahnwagen anfertigen.

Dazu kamen ein Gipsmodell der noch zu errichtenden Reichspost-Zentrale, Geräte für den Postbetrieb, Bücher und Karten sowie zwei lebensgroße Figuren von Postboten; die eine trug eine Gala-Uniform, die andere die normale Dienstkleidung. Die komplette Exponatliste ist überliefert, Fotomaterial offenbar nicht. In ihrer Gesamtheit lieferten die drei Ausstellungen aber die erste historische Betrachtung der Kommunikationstechnik. Ihre Objekte bildeten den Grundstock für das 1878 in Berlin eröffnete Postmuseum. Hier sitzt es noch immer, seit dem Jahr 2000 als Museum für Kommunikation.

Heinrich von Stephan, Schöpfer der modernen deutschen Post

Im Jahr 2023 wird in Wien natürlich an die Weltausstellung erinnert. Das ist eine Übersicht über laufende und geplante Projekte; im Prater eröffnet ein Panorama. Die Österreichische Akademie der Wissenschaften installierte schon 2013 eine umfangreiche Website. Einen historischen Roman verfasste 2020 der Schriftsteller Gerhard Loibelsberger. Die anlässlich der Weltausstellung entstandenen Musikstücke ersparen wir den Lesern, doch Spaß macht die Electro-magnetische Polka, die Walzerkönig Johann Strauß anno 1852 komponierte.

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