Zurück zum Mond
Geschrieben am 29.12.2020 von HNF
Bis zum 1. November 2020 zeigte das HNF die Sonderausstellung „Aufbruch ins All – Raumfahrt erleben“. Sie knüpfte an das erfolgreiche Apollo-Projekt der NASA an. Seit einiger Zeit arbeitet die Weltraumbehörde an einem neuen Programm für Mondflüge. Es trägt den Namen Artemis und soll einen Mann und auch eine Frau auf die Oberfläche des Erdtrabanten führen.
Wir hätten sie gern länger geöffnet, doch das war leider unmöglich. Am 1. November schloss die Ausstellung Aufbruch ins All – Raumfahrt erleben im 3. Obergeschoss des HNF, und sie musste geschlossen bleiben. Insgesamt kamen 96.000 Besucher; das war HNF-Rekord für eine Sonderschau, und wir danken allen Raumfahrtfans. Zum Jahresende möchten wir noch einmal ins All zurückkehren und die Zukunftspläne der NASA skizzieren.
Ein Schwerpunkt des „Aufbruch ins All“ war die Mondlandung. Im Rahmen des Projekts Apollo betraten von 1969 bis 1972 zwölf NASA-Astronauten den Erdtrabanten, allen voran Neil Armstrong und Edwin Aldrin. Danach ging die NASA andere Ziele an. Erst in den 2000er-Jahren verfolgte sie das Projekt Constellation, das neue Flüge zum Mond vorsah; es wurde von Präsident Barack Obama eingestellt. Ab 2012 entwickelte die Behörde Konzepte für eine mondumkreisende Raumstation. Eine Mondlandung wurde noch nicht angestrebt.
Das änderte sich unter seinem Nachfolger Donald Trump. Im Dezember 2017 unterschrieb er ein Dokument, das die Rückkehr von Menschen zum Mond zur langfristigen Forschung und Nutzung forderte. Die NASA begann nun mit Planungen für einen Flug im Jahr 2028. Dabei sollte die lunare Raumstation als Ausgangsbasis dienen. Im März 2019 gab Vizepräsident Mike Pence im Raumfahrt-Zentrum Huntsville einen neuen Auftrag: die Landung eines Amerikaners und einer Amerikanerin nahe dem Südpol des Mondes bis 2024. Die NASA musste also das Programm revidieren.
Der letzte Stand wurde vor drei Monaten veröffentlicht; hier kann man den 36 Megabyte schweren ARTEMIS PLAN herunterladen. Der Name stammt wie Apollo aus dem griechischen Mythos: Artemis ist die Zwillingsschwester Apollos und außerdem die Göttin des Mondes. Zu den NASA-Aktivitäten kommen Missionen privater Firmen hinzu, die wichtige Hardware beisteuern, etwa die Mondlandefähre. Der ehrgeizige Zeitplan wird wohl unter Präsident Joe Biden etwas entspannt. Wir möchten aber noch den Stand von 2020 zugrunde legen und stets den „best case“ ohne technische Probleme annehmen.
Der erste Artemis-Start findet Ende 2021 im Weltraumbahnhof Cape Canaveral statt. Die Mondrakete SLS oder Space Launch System trägt eine Orion-Kapsel und ihr Servicemodul Richtung Mond; die Gesamthöhe beträgt 98 Meter. Eine Besatzung ist nicht an Bord; die Oberstufe der Rakete bringt aber noch dreizehn kleine Satelliten ins All. Nach zweimaligem Umkreisen des Erdtrabanten – die Animation zeigt das sehr schön – fliegt die Kapsel zur Erde und landet am Fallschirm im Pazifik. Das Unternehmen dauert drei Wochen.
Die von der Firma Lockheed Martin gebaute Orion führte am 5. Dezember 2014 bereits einen Testflug mit zwei Erdumkreisungen aus. Mit einem Durchmesser von fünf Metern ist sie eine größere Nachfolgerin der Apollo-Kapsel; im Inneren haben bis zu sechs Menschen Platz, es gibt sogar eine Toilette. Noch unerprobt sind das vier Meter lange Servicemodul, das die Airbus-Raumfahrtabteilung fertigt, und die Superrakete SLS, ein technischer Abkömmling der Space Shuttle.
2023 startet mit einer noch zu bestimmenden Rakete die Mini-Raumstation PPE-HALO. Die Kürzel stehen für „Power and Propulsion Element“ und „Habitation and Logistics Outpost“. Die Station umkreist den Mond alle sieben Tage auf einer elliptischen Bahn, die zwischen 3.000 und 70.000 Kilometern vom Trabanten entfernt liegt. Raumschiffe, die die Station anfliegen oder verlassen, benötigen dank des ungewöhnlichen Orbits weniger Treibstoff als bei einer Kreisbahn. Außerdem ist PPE-HALO fast immer im Sonnenlicht und in Erdsicht.
Ebenfalls 2023 hebt das Space Launch System zur Mission Artemis II ab. Jetzt sind vier Astronauten oder Astronautinnen an Bord; der zehn Tage dauernde Flug führt sie hinaus ins All, um den Mond und zurück zur Erde. Die Kapsel landet wieder im Pazifik. Ein weiterer Flug im Jahr 2023 befördert das automatische Mondfahrzeug VIPER – „Volatiles Investigating Polar Exploration Rover“ – in die Südpolregion des Mondes. Das rollende Chemielabor baut die Firma Astrobotic Technology; es soll vor allem nach Wasser im Mondboden suchen.
Das entscheidende Jahr ist 2024. Zunächst muss die NASA eine Mondlandefähre zur Station PPE-HALO schaffen. Im April wählte die Ramfahrtbehörde Hersteller aus, die Konzepte für ein solches Fahrzeug entwickeln: die Dynetics Inc. aus Huntsville, SpaceX von Elon Musk und das National Team, ein Firmenverbund mit Blue Origin an der Spitze. Das ist bekanntlich das kosmische Unternehmen von Amazon-Milliardär Jeff Bezos. Weitere Mitglieder des Teams sind Lockheed Martin, Northrop Grumman und die Firma Draper aus Massachusetts.
In den nächsten Monaten wird sich die NASA für ein Konzept entscheiden. Wenn alles fertig ist, senden private Raumfahrtanbieter eine Landefähre zur lunaren Raumstation. Nun kann Artemis III starten. Vier Menschen setzten sich in die Orion-Kapsel und fliegen mit der SLS-Rakete zu jener Station. Dort steigen ein Astronaut und eine Astronautin in die Fähre um und gehen am Südpol des Mondes nieder. Die beiden erforschen fünf Tage lang die Umgebung des Landeplatzes und starten dann wieder zur Station. Von dort kehren sie mit den Kollegen im Raumschif Orion zur Erde heim.
Das ist aber erst der Anfang. Auf die tastenden Schritte des Mannes und der Frau im Mond folgt der Aufbau des Artemis Base Camp mit Mondhaus und zwei Mondautos für kürzere und für längere Fahrten. Parallel dazu wird die Station PPE-HALO zum lunaren Gateway erweitert. Gegenwärtig sammelt die NASA Unterschriften für die Artemis Accords, einen Vertrag für die internationale Erschließung des Erdtrabanten. Die Zukunftsplaner der Raumfahrtbehörde haben derweil das nächste Ziel im Visier: die Landung auf dem Mars.
Drücken wir der NASA die Daumen, dass sie ihre großen Vorhaben realisieren kann. Und vielleicht wird auch einmal ein deutscher Raumfahrer den „small step“ auf den Mond vollziehen. Unseren Leserinnen und Lesern wünschen wir einen guten Rutsch ins neue Jahr; der nächste Blogbeitrag erscheint in einer Woche. Das Eingangsbild oben kommt von der Firma Dynetics und zeigt ihr Human Landing System. Natürlich gibt es dazu auch ein Video – ad astra!