30 Jahre Photoshop

Geschrieben am 18.02.2020 von

Am 19. Februar 1990 brachte die Firma Adobe Systems das Programm Photoshop heraus. Es diente zur Bearbeitung von Digitalfotos; zunächst lief es nur auf Apple-Computern. Die Software stammte von den Brüdern Thomas und John Knoll. In wenigen Jahren wurde sie zum Marktführer und Industriestandard. Das Wort „photoshoppen“ ging wie „googeln“ in die deutsche Sprache ein. 

Vor einem Jahr, am 9. Februar 2019, nahmen Thomas Knoll, John Knoll und Mark Hamburg einen Technik-Oscar der amerikanischen Filmakademie entgegen. Es war nicht die höchste Kategorie; es gab für jeden nur eine Plakette. Die Drei freuten sich trotzdem und erhielten eine stehende Ovation. Der Preis belohnte die Entwicklung von Photoshop. Die Software, die digitale Fotos schöner macht, kam vor dreißig Jahren auf den Markt.

Ihr Haupterfinder war Thomas Knoll, ausgesprochen „Noll“. Geboren wurde er am 14. April 1960 in Ann Arbor im US-Bundesstaat Michigan. Vater Glenn Knoll lehrte Kerntechnik und Strahlenforschung an der örtlichen Universität. 1987 studierte Thomas Knoll dort Informatik. Für die Doktorarbeit befasste er sich mit maschinellem Sehen. Daneben erstellte er ein Programm, das Digitalfotos mit Grauwerten auf den Monitor seines Computers brachte. Das war ein Apple Macintosh plus ähnlich dem im Eingangsbild; den netten Herrn auf dem Bildschirm stellten wir bereits im Blog vor.

Das Programm – Thomas Knoll nannte es „Display“ – erregte die Aufmerksamkeit seines Bruders. John Knoll, zwei Jahre jünger, hatte schon einen festen Job. Er arbeitete in Kalifornien im Special-Effects-Studio Industrial Light & Magic. Er stachelte den älteren Bruder zu Erweiterungen seines Programms an und schrieb auch selbst einige Teile. Die einfache Bilddarstellung verwandelte sich in eine umfassende Bildbearbeitung. Anfang 1988 brach Thomas Knoll die Dissertation ab und widmete sich nur noch „ImagePro“, wie die Software inzwischen hieß. Im Sommer war sie fertig.

Der Diascanner der Firma Barneyscan wurde 1989 mit dem noch anonymen Programm Photoshop verkauft. (Foto Computer History Museum)

Parallel dazu fuhr John Knoll durchs Silicon Valley, um Abnehmer zu finden. Er holte sich Absage auf Absage, bis endlich ein Unternehmen anbiss, die Barneyscan Corporation in Berkeley. Sie wollte das Programm mit ihrem Diascanner ausliefern; zweihundert Systeme wurden ab 1989 verkauft. Da hatten die Knoll-Brüder aber schon das große Los gezogen. Nach einer Vorführung im September 1988 erwarb die Softwarefirma Adobe ihr Produkt. Der Kauf wurde per Handschlag vereinbart; im April 1989 folgte ein formaler Vertrag.

Thomas Knoll zog nach Kalifornien und wurde Chefentwickler von „Photoshop“ – der Name war endlich gefunden. Im September 1989 zeigte Adobe die Software auf einer Designer-Konferenz in San Antonio. In den Handel kam sie am 19. Februar 1990. Sie kostete 895 Dollar und lief vorerst nur auf Apple-Rechnern. Zweiter Entwickler war ab 1990 Mark Hamburg, den wir bei den Oscar-Plaketten erwähnten. Die Version Photoshop 2.5 von November 1992 konnten dann auch Besitzer von Windows-basierten Computern nutzen.

Bei der Markteinführung hatte Photoshop noch Konkurrenz. Dieser Artikel aus dem Januar 1990 vergleicht es mit dem Color Studio von Letraset; damals galt ein Programm, das einen Speicher mit zwei Megabyte benötigte, als „fairly big“. Color Studio war doppelt so teuer und bot viele „high-end features“. Photoshop holte aber schnell auf und brachte mit jeder neuen Version mehr Funktionen. Adobe akzeptierte außerdem Erweiterungen, die von externen Entwicklern kamen. Auf diesem Wege entstand eine eigene Software-Branche.

Die Erstausgabe im kalifornischen Computer History Museum. Das Programm passte auf eine 800-Kilobyte-Diskette.

Nicht vergessen sollten wir die exzellente Marketing-Abteilung von Adobe. Zu einem frühen Photoshop-Kurs lud sie den bekannten Maler und Fotografen David Hockney ein, der mit zwei Dackeln anrückte. Im Foto sieht man ihn mit einem seiner Lieblinge. Das Resultat all dieser Aktivitäten ist bekannt: Photoshop wurde zum Marktführer und Industriestandard in der digitalen Bildbearbeitung. Schon in den 1990er-Jahren drang das Verb „to photoshop“ in die englische Sprache ein. Das deutsche Gegenstück „photoshoppen“ erschien kurz nach der Jahrtausendwende.

Hockney beklagte später die künstlerischen Folgen des Photoshop-Einsatzes. Schon 1990 ertönten Stimmen, die auf die Gefahr digitaler Fälschungen hinwiesen. Manipulationen von Lichtbildern sind alt; der Retuschierpinsel gehörte einst zur Standardausrüstung eines Fotostudios. Die Digitalisierung schuf aber völlig neue Möglichkeiten; vielleicht gehen wir einmal in einem Blogbeitrag darauf ein. Echt ist dieses Video: Es beweist, dass John Knoll auch einen Kino-Oscar gewann. Es gab ihn 2007 für die Tricks von „Fluch der Karibik 2“.

Zum Schluss sei erwähnt, dass das Computer History Museum in Kalifornien vor sieben Jahren den Quellcode der Photoshop-Urfassung veröffentlichte. Im Museum läuft seit Anfang 2017 eine Ausstellung über Software; ein Abschnitt behandelt die Geschichte von Photoshop. Hier geht es zur Internet-Ausgabe. Es folgt ein Foto aus der Museumsabteilung; wie das Foto oben nahm es HNF-Geschäftsführer Dr. Jochen Viehoff vor Ort auf. Der Herr im Monitor ist Photoshop-Schöpfer Thomas Knoll, damals noch mit Bart.

 

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