Asteroiden im Anflug
Geschrieben am 14.11.2019 von HNF
Wie einst das Raumschiff Orion schützt er die Erde vor Bedrohungen aus dem All: Der einsame Sternenkreuzer, der gefährliche Asteroiden abschießt. Vor vierzig Jahren, am 17. November 1979, nahm er in amerikanischen Arkaden den Betrieb auf. Er machte das Videospiel „Asteroids“ zu einem Superhit. Hersteller Atari verkaufte 70.000 Stück und sammelte 150 Millionen Dollar ein.
Asteroiden sind Felsen, die wie Planeten um die Sonne kreisen. Der dickste trägt den Namen Pallas und misst 546 Kilometer, die kleinsten haben einen Durchmesser von einem Meter. Manchmal dringen Asteroiden in die Lufthülle der Erde ein und verglühen am Nachthimmel. Andere schlugen kleinere und größere Krater. Zuletzt passierte das vor 50.000 Jahren in Arizona, als ein Fünfzig-Meter-Brocken den 1,2 Kilometer weiten Barringer-Krater schuf.
Früher interessierten sich nur Astronomen und Science-Fiction-Leser für Asteroiden. Das änderte sich vor vierzig Jahren. Am 17. November 1979 wurden in den Spielhallen der USA die ersten Videoautomaten mit dem Programm Asteroids installiert. Es entwickelt sich zu einem der größten Erfolge in der goldenen Zeit der Arkaden. Sein Hersteller Atari setzte insgesamt 70.000 Einheiten ab; sie erbrachten 150 Millionen Dollar. Dazu kamen die Einkünfte durch Spielkonsolen und Heimcomputer.
Der Weltraum war kein neues Thema für digitale Spiele. Das allererste, Spacewar!, fand 1962 im All statt, wo sich zwei Raumschiffe mit Torpedos duellierten. Die Münzautomaten-Version Computer Space scheiterte 1971 am Markt. Ihr Entwickler Nolan Bushnell startete danach die Firma Atari; ihr Spiel Pong begründete die Videospielbranche. Auf Minicomputern verbreitete sich damals auch das Lunar Landing Game. 1978 eroberten die Space Invaders erst die Automaten Japans und anschließend die der USA.
Im Vergleich zu den Space-Aliens waren die Atari-Asteroiden hochwissenschaftlich. Sie flogen mit konstantem Tempo durchs All und zerplatzen, wenn sie der Laserstrahl traf. Der Raumkreuzer hatte vorn eine Kanone und hinten ein Triebwerk; damit bewegte er sich über den Bildschirm. Im Notfall konnte er auch Sprünge vollziehen. Gelegentlich kam aus den Tiefen des Raumes ein schießwütiges UFO. Ein Gefühl für das Spiel vermittelt die Version für den Browser: die Leertaste feuert, die Links- und Rechtspfeile drehen das Raumschiff, der Pfeil nach oben schaltet das Triebwerk ein.
Das Grundkonzept von Asteroids stammte vom Atari-Manager Lyle Rains und den beiden Spieleentwicklern Edward Logg und Dominic Walsh. Sie übernahmen Designelemente von „Spacewar!“ und dem im August 1979 erschienenen Arkade-Automaten „Lunar Lander“. Für die Elektronik war der Ingenieur Howard Delman zuständig. Sie enthielt den Mikroprozessor 6502 der Firma MOS und den Atari-Chip QuadraScan. Er erzeugte die Vektorgrafiken auf dem Bildschirm. Delman konzipierte für ihre Darstellung außerdem analoge Schaltkreise.
In den späten 1970er-Jahren lagen Vektorgrafiken bei der Bildqualität noch vorn. Bei Asteroids spielte die Technik ihre Vorzüge voll aus. Der Elektronenstrahl der Bildröhre zeichnete schöne helle Linien auf schwarzem Untergrund; das Raumschiff rotierte gleichmäßig. Wer das Spiel später für die Heimkonsole Atari 2600 erwarb, sah auf dem Fernseher dicke Pixelgrafiken und leicht abgehackte Bewegungen. 1982 erschien auch eine Vektorkonsole für zuhause. Sie hieß Vectrex und bot unter anderem eine Asteroids-Kopie namens Mine Storm an.
Das Atari-Original machte aber Automatengeschichte. Nun daddelten nicht nur die Teenager und College-Studenten, sondern ebenso die Manager in Manhattan, wie das Herrenmagazin Esquire im Februar 1981 bemerkte. Im August schrieb der SPIEGEL über den Niedergang der deutschen Flipperkultur und den Aufstieg der Elektronik. Zwei Jahre später kündigte sich die große Krise der Videobranche an, die aber nicht das Ende der Computerspiele bedeutete. „Asteroids“ überlebte; seit 2007 ist es für die Xbox von Microsoft verfügbar.
Unser Eingangsbild zeigt eine künstlerische Darstellung des Doppel-Asteroiden Antiope (Foto ESO CC BY 4.0). Er wurde 1866 von einem Beobachter in Düsseldorf entdeckt, sein Begleiter im Jahr 2000 von einem Observatorium in Hawaii. Der Hauptkörper hat einen mittleren Durchmesser von 87,8 Kilometer; er ist weit weg und ungefährlich.