Auf den Spuren des Wang-PC
Geschrieben am 03.09.2024 von HNF
Die US-Firma Wang kennt man als Hersteller des Minicomputers Wang 2200 und als Pionier der Textverarbeitung. 1982 trat das Unternehmen in den Markt der Sechzehn-Bit-Rechner ein. Sein „Professional Computer“, abgekürzt PC, zielte natürlich auf den Namensvetter von IBM. In den zehn Jahren bis zur Insolvenz von Wang 1992 entstand eine kleine Familie von Personal Computern.
„Jetzt kann auch Wang einen Personal Computer liefern. Das vor rund einem Jahr angekündigte 16-Bit-Modell auf Basis des Intel 8086 ist nun in Deutschland verfügbar. Der Wang-PC ist nach Angabe seines Herstellers sowohl als multifunktionaler Personal Computer (Textverarbeitung, Finanzplanung mit Multiplan, Datenverarbeitung, DFÜ, Grafiken und Datenbank-Funktionen) als auch als normaler Bildschirm-Arbeitsplatz (durch Emulation) in Verbindung mit 2200-, OIS, Alliance- und VS-Systemen einsetzbar.“
Das meldete am 25. März 1983 die Computerwoche. Die Überschrift des Artikels lautete „Wang-PC heißt Professional Computer“ und verdeutlichte, dass der betreffende Hersteller das Kürzel PC anders las als die Firma IBM. Der professionelle Rechner der nahe Boston ansässigen Wang Laboratories konkurrierte ganz klar mit dem 1981 vorgestellten IBM PC, bei dem PC für Personal Computer stand. Der Mikroprozessor des Wang-PC, der obengenannte Intel 8086, war mit dem Intel 8088 verwandt, der im Personal Computer von Big Blue steckte.
In den USA wurde der PC von Wang im Mai 1982 angekündigt. Wie die Computerworld berichtete, hatte er einen Arbeitsspeicher von 128 Kilobyte und ein Laufwerk für eine Fünfeinviertel-Zoll-Diskette. In dem Computer unseres Eingangsbildes sitzt es im rechten Teil des Gehäuses. Die Grundversion kostete 2.695 Dollar, diejenige mit Monitor 3.395 Dollar; für die teuerste Ausführung musste man 8.945 Dollar bezahlen. Als Betriebssystem diente MS-DOS von Microsoft, doch war der Wang bei der Wiedergabe fremder Software nur beschränkt IBM-kompatibel.
Eine ausführliche und recht positive Besprechung des Wang-PC brachte im Juni 1983 das Magazin Computer persönlich. Ihr war zu entnehmen, dass der deutsche Preis 8.900 DM plus Mehrwertsteuer betrug. Dafür gab es eine Variante mit zwei Diskettenlaufwerken; mitgeliefert wurden die Sprache BASIC sowie Programme zur Tabellenkalkulation und zur Textverarbeitung. Der Artikel zeigte auch den Schwenkarm, der den Monitor frei im Raum platzierte, und die alternative Aufstellung des Gehäuses auf der Schmalseite. In Farbe konnte man das alles im Dezember 1983 in der Zeitschrift BYTE sehen.
Im August 1985 folgte auf den Professional Computer der Advanced Professional Computer; das schrieb dazu die „Computerwoche“. Der Wang APC benutzte den Chip Intel 80286, der Arbeitsspeicher von 512 Kilobyte ließ sich auf zwei Megabyte erweitern. Laut Firmenangabe war der Rechner doppelt so schnell wie der Konkurrent von IBM, das Modell PC/AT. Die Wang Laboratories sprachen von 600 verfügbaren MS-DOS-Anwendungen, außerdem akzeptierte der neue Computer 90 Prozent der für den IBM PC erstellten Programme.
In den späten 1980er-Jahren erschienen die Wang-Computer PC 240, PC 280 und PC 380; Interessenten können wir hier auf die Bitsavers-Seite verweisen. Eine Meldung zum Modell 380 stand 1990 auch in der Computerwoche. Demnach enthielt es einen 80386-Chip von Intel; die Grundversion mit einem 1-Megabyte-Speicher kostete 10.000 DM. Der Rechner war ausbaufähig bis zu einem Preis von 17.000 DM. Der Hersteller dachte an die Verwendung als Server und als Unix-Anlage sowie für CAD und zum Desktop-Publishing.
Ein Wang PC 350 fand 1991 den Weg nach Berlin. In ihm stecken eine Kopie des Intel 80386, die die kalifornischen Chipschmiede AMD anfertigte, zwei Disketten-Laufwerke und eine Festplatte. Der Arbeitsspeicher fasste drei Megabyte. Ein Jahr später, am 18. August 1992, meldeten die Wang Laboratories Insolvenz an. Die Firma erholte sich noch einmal, doch 1999 wurde sie von einem niederländischen Unternehmen übernommen.
Wir bedanken uns zum Schluss bei unserer Leserin Kerstin, die den Wang-PC als Blogthema vorschlug.
Wang produzierte zur Gunning IBM-Kampagne ein Video, das 1978 in der Werbepause des Superbowls gezeigt wurde (sagt Wikipedia). Die Resonanz war so katastrophal, dass es auf Intervention von Wang himself sofort abgesetzt wurde. Gilt als Musterbeispiel für eine Werbe-Panne.
Youtube sagt, dass es von 1985 ist. Damit ist sofort die Assoziation mit der Hubschrauberszene von „Apocalypse Now“ da.
https://www.youtube.com/watch?v=doaBK6ge9FU