Computer im Museum (III)
Geschrieben am 18.06.2019 von HNF
Es ist Juni, und nach und nach setzen die Sommerferien ein. Deshalb möchten wir wieder Reiseziele vorstellen, an denen man etwas über die Geschichte des Computers erfahren kann. Schon zweimal schilderten wir im Blog entsprechende Museen, einmal ging es um Musikautomaten. Heute widmen wir uns neu eröffneten Sammlungen sowie solchen, die noch im Verborgenen blühen.
„Wer kennt nicht jene Sehnsucht, wer kennt sie nicht?“ So sang 1975 die Münchner Love Generation. Freunden alter Computer ist das Gefühl vertraut: der Drang nach unbekannter Hardware oder solcher, die bekannt ist, aber noch in der Sammlung fehlt. Da hilft der Rat, den das Lied gibt: Ja, wir verreisen! Schon 2016 und 2017 stellten wir Stätten historischer Rechentechnik vor, im Jahr 2018 kamen die Musikautomaten dran. Jetzt geht es erneut auf Entdeckungsfahrt, wie üblich nach Postleitzahlen geordnet.
01189 Dresden. Einst war es der von der Kopfzahl größte deutsche Computerhersteller: das 1969 gegründete Kombinat Robotron. Die Zentrale saß zuerst in Radeberg, dann in Dresden. Dort finden wir auch das im April gestartete Robotron Museum. Im Süden der Stadt belegt es hundert Quadratmeter. Neben Rechnern gibt es Hörstationen mit Zeitzeugen-Berichten; das Archiv verwahrt schriftliche Dokumente zur Betriebsgeschichte. Interessierte Gruppen können Führungen buchen, am 7. Juli ist der nächste Tag der offenen Tür.
02625 Bautzen. Das Zuseum an der Taucherstraße bietet vielfältige Projekte für junge Leute an; einen Schwerpunkt bilden Kurse zur Rechentechnik. Zuseumsleiter Andreas Samuel trug in den letzten Jahren eine umfangreiche Sammlung von Rechenmaschinen, Computern und Funktionsmodellen zusammen. Dazu zählen eine Zuse Z22, eine Z25 und ein Graphomat, dazu westliche und östliche Personal Computer. Sie können nach Vereinbarung besichtigt werden. Auf Wunsch fährt im Garten auch die Eisenbahn.
02977 Hoyerswerda. An diesem Ort erlebte Konrad Zuse in den Goldenen Zwanzigern die Teenagerjahre; Anfang 2017 wurde das Zuse-Computer-Museum ZCOM neu eröffnet. Zuvor befand es sich am Stadtrand. Im Blog stellten wir das ZCOM und seine Exponate bereits ausführlich vor. Besonders hervorheben möchten wir heute das Engagement des „Počítačové muzeum Konráda Zuseho“ für seine tschechischen Freunde und Besucher.
10551 Berlin. In Moabit, in einem unauffälligen Mietshaus, verbergen sich die Schätze von Rainer Siebert. Sie umfassen hauptsächlich Mikrocomputer, mittlere Datentechnik und elektronische Musikinstrumente. Die Sammlung ist nicht öffentlich, sie kann aber nach Anmeldung besucht werden. Die Kontaktdaten stehen auf dieser Seite. Rainer Siebert würde seine Objekte gern normal-museal ausstellen; falls also ein Leser eine helle, geräumige und bezahlbare Räumlichkeit weiß, bitte melden.
22527 Hamburg. Verborgen blüht das Computermuseum der Universität Hamburg: es ist im Keller von Haus C des Fachbereichs Informatik. Einst bildeten die Gebäude am Tierpark Hagenbeck das Halbleiter-Forschungszentrum von Philips. Professor Horst Oberquelle hütet primär kleinere Systeme und ihre Peripherie; viele sind hier beschrieben – unten auf der Seite sind Links zum Blättern. Sein besonderer Stolz ist eine Rollkugel von Telefunken. Die Besuchszeiten seines Museums verrät die oben verlinkte Homepage.
27374 Visselhövede. Die Kleinstadt zwischen Bremen und der Lüneburger Heide beherbergt das gleichnamige Computermuseum; es befindet sich in einer früheren Zündholzfabrik an der Celler Straße 1. Eigentlich ist es noch „under construction“, aber die Mitglieder des Forums für Computergeschichte e. V. treffen sich jeden Samstag um 14 Uhr; Gäste sind willkommen. Laut Prospekt reicht die Bandbreite der Sammlung vom Heim- bis zum Supercomputer; hinzu kommen Peripheriegeräte jeder Art und Größe.
33689 Bielefeld. Im ländlichen Süden der ostwestfälischen Metropole, zwischen Senne und Eckardtsheim, liegt das Museum für Computer. Es umfasst vierhundert Quadratmeter und zeigt das Beste aus der 8- und 16-Bit-Ära, außerdem Spielhallengeräte und Fernsehkonsolen sowie mehr als tausend Tisch- und Taschenrechner. Geöffnet wird einmal im Monat; den Tag bitten wir der Homepage des Hauses zu entnehmen. Es darf natürlich gespielt werden.
38678 Clausthal-Zellerfeld. Die Technische Universität von Clausthal im Harz kennen die IT-Historiker als die Geburtsstätte eines Computerwurms, der im Dezember 1987 das Internet lahmlegte. Seit fünf Jahren baut TU-Programmierer Axel Ehrich eine Sammlung historischer Hardware auf; sie ist auf seiner Website dokumentiert – bitte etwas scrollen. Auf der Seite der Uni sieht man ihn auch im Video. Teile seiner Harzretro-Kollektion können auf Anfrage besichtigt werden.
63065 Offenbach am Main. Im Oktober öffnete in der Fußgängerzone der Stadt ein Museum für digitale Kultur, der Digital Retro Park. Auf zweihundert Quadratmetern zeigt er Systeme aus der goldenen Ära der Mikrocomputer, von etwa 1975 bis in die frühen Neunziger. Alles funktioniert und steht zum Spielen bereit. Zugänglich ist das Museum vam Samstag von elf bis fünf Uhr.
65307 Bad Schwalbach. Unsere Deutschlandreise stoppt im Taunus. Nordwestlich von Wiesbaden liegt Bad Schwalbach; dort stellte der Informatikprofessor Bernd Ulmann eine einzigartige Sammlung von elektrischen Analogrechnern zusammen. Die meisten von ihnen sind lauffähig. Vieles erfährt man schon auf der Homepage und über Youtube; für eine Besichtigung einfach eine E-Mail an ulmann@analogmuseum.org schicken.
76185 Karlsruhe. Seit 2002 studiert der Verein RetroGames die Videokultur. Im Haus an der Gablonzer Straße 11 warten über achtzig Arcade-Automaten, zehn Flipper sowie Heimcomputer und Videospielkonsolen. Geöffnet ist aber nur samstags von 15 bis 22 Uhr.
Über das technikum29 in Kelkheim, nicht weit weg von Bad Schwalbach, berichteten wir 2016 in der ersten Folge. Der Gründer und Leiter Heribert Müller starb 2018, danach war das Computermuseum geschlossen. Inzwischen werden wieder Führungen angeboten – diese Seite enthält die Adresse. Unser Eingangsbild oben zeigt einen CTM 9016, gebaut von der bekannten Firma in den 1980er-Jahren. Er steht in der Sammlung von Rainer Siebert.
Auch hier sei der Vollständigkeit halber das Oldenburger Computer Museum genannt.
Das hat es auch verdient! Wir hatten es bereits im ersten Teil der kleinen Serie erwähnt: https://blog.hnf.de/computer-im-museum/
Und wer schon einmal in Berlin ist, kann auch gern mal im Signallabor der HU-Medienwissenschaft vorbeischauen. Alles Handson dort!
Das war in unserem zweiten Teil der Reihe Thema: https://blog.hnf.de/computer-im-museum-ii/