
Eine kurze Geschichte der Floppy Disk
Geschrieben am 04.05.2021 von HNF
Früher war sie ein unverzichtbares Utensil für jeden User: die Floppy Disk. Die erste entstand 1971 für einen IBM-Computer. Sie hatte zwanzig Zentimeter Durchmesser und konnte nur gelesen werden. Die Floppys wurden vielseitiger und kleiner; 1976 schrumpfte der Durchmesser auf 13,3 Zentimeter. Vor vierzig Jahren erschien die weltweit benutzte Sony-Diskette, die nur dreieinhalb Zoll maß.
Unsere Geschichte beginnt – wieder einmal – bei IBM. Im Juni 1970 kündigte die Firma ihr System /370 an, ab Frühjahr 1971 gingen die Computer an die Kunden. Zur Peripherie gehörte ein Lesegerät mit der Bezeichnung 23FD. Gelesen wurden weder Lochkarten noch Magnetbänder, sondern mit Eisenoxid überzogene Plastikscheiben. Die biegsamen Platten rotierten, und auf der magnetisierbaren Oberfläche ließen sich 80 Kilobyte Daten speichern. Das waren die ersten Floppy Disks oder Disketten.
Ihr Durchmesser betrug acht Zoll oder zwanzig Zentimetern. Erfunden hatte sie der Ingenieur David Noble im kalifornischen IBM-Standort San José. Vielleicht kannte er das Diktiergerät Telefunken 707, das Folienscheiben mit einer magnetisierbaren Rille verwendete. Die IBM-Floppy konnte nur gelesen werden. David Nobles Vorgesetzter Alan Shugart änderte das. Er wechselte von IBM zu Memorex. Diese Firma brachte 1972 ein Diskettenlaufwerk heraus, das Floppy Disks sowohl las als auch neu beschrieb.
Shugart machte sich 1973 selbstständig. Ein Jahr später musste er die Leitung des von ihm gegründeten Unternehmens Shugart Associates wieder abgeben. Reich wurde er erst in den 1980er-Jahren als Hersteller von Festplatten. Seine frühere Firma vollzog 1976 den nächsten großen Schritt in der Disketten-Entwicklung. Auf Anregung des chinesisch-amerikanischen Computerfabrikanten An Wang brachte sie die Minifloppy heraus. Die Diskette maß 13,3 Zentimeter oder fünfeinviertel Zoll und eroberte rasch den Markt.
Die erste Version der Shugart Associats war einseitig beschreibbar und fasste 90 Kilobyte, kaum mehr als das Urmodell der IBM. Der Konkurrenzkampf der Hersteller führte zu technischen Verbesserungen, etwa zur Nutzung beider Diskettenseiten. In den frühen 1980er-Jahren nahm manche Floppy über ein Megabyte auf. Die Preise sanken schnell; die billigsten Scheiben gab es für anderthalb Dollar. Die Floppy Disk ermöglichte auch den Aufbau der Software-Branche, denn Programme konnten per Post verschickt werden.
Auf die Mini- folgte die Mikrodiskette. Ursprünglich war sie nur für einen Computer gedacht, das Textverarbeitungssystem „Series 35“ des japanischen High-Tech-Riesen Sony. Verkündet wurde das System im Dezember 1980, vorgezeigt wurde es vor genau vierzig Jahren auf der Nationalen Computer-Konferenz in Chicago. Die NCC war hauptsächlich eine Fachmesse und dauerte vom 4. bis 7. Mai 1981. Ein umlagertes Exponat war der visionäre Xerox Star. Die japanischen Aussteller, darunter Sony, saßen zumeist im Untergeschoss der Halle.

Speichern mit Nixdorf-Minifloppys und 96 Spuren auf einen Zoll. Die Worte „soft sector“ besagen, dass die Diskette nur ein einziges Loch zum Festlegen der Sektoren besitzt.
Was sahen die Besucher dort? Ein Foto der Serie 35 überliefert die Internet-Seite zur Sony-Geschichte – bitte bis zum Bild ganz unten scrollen. (Die Angabe „Series 30“ dürfte ein Tippfehler sein.) Das Gerät weist den bei Textsystemen gern benutzten Hochkant-Monitor auf. Hinter der Tastatur erkennt man zwei Schlitze zum Einstecken der Mikrodisketten. Der ebenfalls genannte Typecorder war eine kleine elektronische Schreibmaschine mit einem einzeiligen Display und einer winzigen Magnetband-Kassette.
Die neuen Floppys steckten in einer Hülle aus Hartplastik der Größe 9,4 mal 9 Zentimeter. Das Maß von dreieinhalb Zoll bezog sich auf die Breite; die Scheibe im Inneren hatte nur einen Durchmesser von 8,58 Zentimetern. Sie speicherte auf einer Seite 219 Kilobyte vor der Formatierung; danach passten 161 Kilobyte drauf. Auch jetzt stand der Fortschritt nicht still. So erschien 1987 die HD-Floppy für ein Megabyte. Die Schwestern im Eingangsfoto besaßen Double Sided Double Density mit 135 Spuren auf einem Zoll.

1982 brachte Sony für die kleinen Disketten den Mikrocomputer SMC-70 heraus. Er enthielt einen Z80-Prozessor. (Foto Computer History Museum)
Die Dreieinhalb-Zoll-Diskette blieb nicht auf Sony-Hardware beschränkt, sondern wurde bald separat angeboten. 1988 überholte ihr Absatz den der Fünfeinviertel-Zoll-Version. Das kleine Format etablierte sich als weltweiter Standard; in den Neunzigern fanden fünf Milliarden Scheiben jählich einen Käufer. Das Ende kam im 21. Jahrhundert durch CDs und DVDs. Die Sony-Floppy lebt aber weiter im Himmel der Ikonen: Das Speichern-Symbol ist aus ihr abgeleitet. Selbst die verschiebbare Schutzblende wurde nicht vergessen.
Habe zu dieser Zeit im Rechenzentrum einer Versicherung an einer IBM 370 gearbeitet. Dort haben wir die 8 Zoll Floppy eingeführt. Später habe ich dort meine Musikbibliothek, die zuvor auf Lochkarten gespeichert war, übertragen. Das Ganze war plötzlich sehr handlich. Auswertungslisten habe ich mit CA-Earl erstellt . Irgendwann konnte ich die Daten auf einen PC überspielen.
Richtig „wild“ waren die frühen 80er-Jahre und den ganzen CP/M-Rechnern: während es bei den 8″-Disketten im Prinzip eine Standardisierung der Formatierung(en) gab (Single- oder Double-Density, sowie ein- oder zweisetig), die Sektorgrösse und die Sektoren-Anzahl aber weitgehend einheitlich war, meinte irgendwie jeder Anbieter (egal, ob Weltfirma oder „kleine Klitsche“) bei 5,25″ unbedingt eine eigene Suppe kochen zu müssen (Sektorlängen von 256 Byte bis 1024 Byte, unterschiedliche Anzahl der Sektoren pro Spur, Interleave (Sektoren-Versatz) je nach Geschwindigkeit der Hardware…). Ergebnis: für „normale“ Anwender Chaos…
Unsere kleine Gruppe von „Verrückten“ in München (der Computer-Stammtisch im Osterwald-Garten) hatte aber einen „noch verrückteren“: Gerhand Bundle! Der schaffte es, ein BIOS für CP/M 2.2 zu schreiben, das die meisten Formatierungen selbst erkennen konnte bzw. bei „Konflikten“ zu ähnlicher Formate sehr leicht „überredet“ werden konnte. Damit konnten wir auf unseren Kisten (in der Regel auf ECB-Bus-Basis und µPD765-Floppy-Controller) problemlos so gut wie alles lesen und schreiben – etwas was weder Siemens, Kontron oder TA damals schafften.
Einzige grosse Ausnahme waren 5,25″-Disketten vom Apple II unter CP/M – da diese Kiste „kastrierte“ Laufwerke (ohne eigene Intelligenz und mit Hard-Sector – also zusätzlichen Löchern für jeden Sektor) besass. Da ging das nur über 8″-Laufwerke…
Anekdote 1 am Rande: als ich das erste Mal einen Apple II einschaltete, schaltete ich ihn sofort wieder aus! Denn die beiden 5,25″-Lauswerke machten Geräusche wie bei der Selbstzerstörung! Mein Geschäftspartner fing an zu lachen! Was ich damals nicht wusste: diese Laufwerke hatten keinen Endschalter für Spur 0 (hatte Wozniak eingespart), sondern setzten die Köpfe auf Spur 0 beim Einschalten durch 40 Befehle „home“ (bei 35 Spuren), somit rauschten die Köpfe einfach irgendwann gegen den Anschlag – und waren „zu Hause“. Seitdem habe ich einen gewissen Argwohn gegen alles mit einem „angebissenen Apfel“… 🙂
Anekdote 2: das spätere HD-Format des IBM PC mit 1,44MB auf 3,5″ war weitgehend identisch mit dem Format von 8″-Disketten in 2-seitig/DD (Unterschied nur 80 zu 77 Spuren). Daher habe ich später einmal einen meiner IBM ATs mit verbliebenen 8″-Laufwerken (simpler Kabel-Adapter reichte) ausgestattet und konnte sogar MS-DOS 2.0 von 8“-Disketten booten… An dieser Maschine hing auch eine Teletype zum Lochstreifen-Stanzen (wurde benötigt für die Bohrkoordinaten von Platinen-Layouts, die Platinen-Hersteller konnten im Umfeld ihrer „dicken“ Bohrmaschinen natürlich keine Disketten brauchen (Magnetfelder, Bohrstaub…)