Ich bin der Avatar

Geschrieben am 16.01.2024 von

Avatare gibt’s nicht nur im Kino. Seit zwanzig Jahren lebt der im Computer erzeugte MAX im zweiten Obergeschoss des HNF. Er ist ein virtueller Agent, wie die Fachleute sagen, und kann sich mit Besuchern unterhalten. Die Existenz von MAX begann 1999 in der Universität Bielefeld. Entwickelt wurde er vom KI-Forscher Ipke Wachsmuth und seinen Studenten.

Wer die zweite Etage des HNF erkundet, findet die Abteilung Mensch, Roboter! mit vielen Attraktionen. Links von den Robotervitrinen liegt ein kleinerer Bereich zum maschinellen Denken und Planen. Er umfasst die Labyrinthmaus und die ultimative Maschine von Claude Shannon, eine Anzahl Schachcomputer, das Spiel „Vier gewinnt“ und auf einem Monitor den künstliche Menschen MAX.

MAX ist ein virtueller Agent, eine computeranimierte Figur. Er reagiert auf die Eingaben, die ein Besucher in die Tastatur – siehe Foto unten – vor dem Bildschirm eintippt. MAX gibt Auskunft über sich, über Paderborn und Heinz Nixdorf, zum HNF und zu der Ausstellung drumherum. Er beherrscht Smalltalk, spielt „Tiere raten“ und löst mathematische Aufgaben. Weitere Inputs erhält er über eine Kamera, die den vor ihm stehenden Besucher erfasst. Auf Wunsch schickt MAX per E-Mail ein von der Kamera aufgenommenes Foto zu.

MAX und die Tastatur, mit der man ihn anspricht.

Fragt man ihn nach dem Alter, dann sagt er: „Mein genaues Geburtsdatum ist unbekannt, aber ich bin irgendwann Ende 99 geboren.“ Das geschah nicht im HNF, sondern in der Universität Bielefeld. Dort lehrte der 1950 geborene Ipke Wachsmuth als Professor für wissensbasierte Systeme; er ist der Vater von MAX, aber nicht der einzige. Der Avatar entstand in der Arbeitsgruppe für Künstliche Intelligenz der Hochschule; wichtige Beiträge zur Software leisteten die Studenten Stefan Kopp und Christian Becker-Asano und ihre Kommilitonin Nadine Pfeiffer-Leßmann.

Zu Beginn war MAX ein computeranimiertes Strichmännchen aus virtuellen Knochen und Gelenken. Danach kam die Haut hinzu. Anno 2000 hatte MAX schon ein Gesicht und seinen lila Pullover. Ein Jahr später konnte er das Gesicht bewegen, und mit drei Jahren sprach er die Worte „Hallo, ich bin Max“. Durch Tonfall, Mimik und Wortwahl drückte er sogar Gefühle aus. Voll entwickelt verfügte er über 68 Segmente, 57 Gelenke und 21 Gesichtsmuskeln und beherrschte mehr als 1.600 Dialog- und Verhaltensregeln.

Wie viele Jungs spielte er mit einem Baukasten; das ist ein Film dazu, der in der Universität entstand. Auch der Name MAX bezieht sich auf eine solche Aktivität, denn er ist das Kürzel von „Multimodaler AssemblierungseXperte“. Als DFG-gefördertem Forschungsprojekt führte MAX zu diversen wissenschaftlichen Publikationen. Sein Haupterfinder Ipke Wachsmuth verfasste 2013 – wir greifen etwas vor – ein Buch über ihn. Die Öffentlichkeit erfuhr von MAX im Juli 2002 an einem Tag der offenen Tür; damals rückte ebenso das Fernsehen an.

Ipke Wachsmuth (rechts) mit MAX und einem Kollegen (Foto Universität Bielefeld)

Ein Besucher an jenem Tag war Dr. Stefan Stein, Kurator des Heinz Nixdorf MuseumsForums. Ihm gefiel MAX, und er engagierte ihn für Paderborn. Am 16. Januar 2004 eröffnete das HNF nach einem Update sieben neue Ausstellungsbereiche; in den zur Künstlichen Intelligenz und Robotik zog der Avatar ein. Dort hatte er noch keinen Bildschirm, sondern wurde auf eine Projektionsfläche gebeamt. In der Folgezeit traf MAX prominente Besucher, zum Beispiel Bundespräsident Horst Köhler und Bundeskanzler Gerhard Schröder.

HNF-Geschäftsführer Dr. Jochen Viehoff gratuliert MAX zu seinem Jubiläum mit einer Torte.

2009 feierte MAX den zehnten Geburtstag, 2011 erschien ein Fachartikel über sieben Jahre im MuseumsForum. Seit Oktober 2018 bewohnt der virtuelle Agent den Monitor in der Abteilung „Mensch, Roboter!“; das HNF hofft auf weitere gute Zusammenarbeit. Für alle MAX-Fans gibt es hier und hier Videos aus seinen Kinderjahren in der Universität Bielefeld. Wer mehr über virtuelle Agenten und Avatare wissen will, findet es in der deutschen und der englischen Wikipedia.

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Wir stellen diese Frage, um Menschen von Robotern zu unterscheiden.