Intel Pentium – falsch programmiert

Geschrieben am 22.03.2018 von

Am 22. März 1993 brachte die Intel Corporation den Mikroprozessor Pentium heraus. Wenig später konnten ihn die Technikfreunde auf der CeBIT bestaunen. Auf knapp drei Quadratzentimetern Fläche enthielt er drei Millionen Transistoren. 1994 entdeckte ein amerikanischer Mathematiker, dass sich der Chip ab und zu verrechnete. Der Fehler ging als „Pentium Bug“ in die IT-Geschichte ein.

Vor 25 Jahren war die CeBIT eine richtige Computermesse. Sie fand nicht im Juni, sondern im Frühjahr statt, ging über acht Tage und kostete nur 13 Mark Eintritt. Vom 24. bis 31. März 1993 kamen insgesamt 660.000 Besucher. Eröffnet wurde die Messe bereits am 23. März durch Bundeskanzler Helmut Kohl.

Eine der Hauptattraktionen war kein Rechner, sondern ein Mikroprozessor. Der kalifornische Chip-Hersteller Intel hatte Hannover gewählt, um den brandneuen Pentium vorzustellen. Freigegeben wurde er schon am 22. März 1993, doch sehen konnte man ihn erst auf der CeBIT; im Video erscheint er ab Minute 1:11. Dreimal täglich fand eine 45 Minuten lange Präsentation im Tagungszentrum der Messe statt, das auch unser Eingangsbild zeigt. Den launischen Bericht eines Zeitzeugen kann man hier nachlesen.

Mit dem Pentium läutete Intel eine neue Epoche der Chip-Vermarktung ein. Er folgte auf die 86er-Serie, also auf die Modelle 8086, 80186, 80286, 80386 und 80486. Den nächsten Prozessor nannte man nicht 80586, sondern folgte dem griechische Wort „pente“. Bei den Vorläufern brachte die Konkurrenz schnell Kopien mit vergleichbarer Leistung und ähnlichen Ziffern im Namen heraus. Intel konnte dagegen nichts tun, denn für Zahlen gibt es keine Copyrights. Ein neues Wort ließ sich dagegen gesetzlich schützen.

Ein Pentium mit der falschen Division (Foto Konstantin Lanzet)

Die Entwicklung des Pentium begann 1989, die Fertigung 1992. Auf einer Fläche von 294 Quadratmillimetern enthielt der Chip 3,1 Millionen Transistoren. Das war zweieinhalbmal so viel wie beim Vorgänger. Die Taktrate betrug je nach Modell 60 oder 66 Megahertz; soviel erreichte mancher 486er auch schon. Intern rechnete der Pentium mit 32 Bit, doch ließ er sich an Leitungen mit 64 Bit anschließen. Neu war, dass bestimmte Operationen parallel abliefen. Ein Nachteil war die Betriebsspannung von 5 Volt, die einige Wärme freisetzte.

Die Konkurrenz schlief natürlich nicht. Im Oktober 1993 kam der erste PowerPC auf den Markt, ein Joint Venture der Firmen IBM und Motorola. Der Typ 601 fasste 2,8 Millionen Transistoren auf nur 121 Quadratmillimetern, und er arbeitete flotter als der Pentium. 1993 setzte Intel eine halbe Million ab – man hatte mehr erwartet. Im Frühjahr 1994 nannte die ZEIT den Mikroprozessor einen „teuren Heizkörper mit Rechenschwäche: doppelter Preis, doppelter Stromverbrauch und im realen Betrieb halbe Leistung“.

Dennoch ging es Intel blendend; 1993 verdiente das Unternehmen 2,3 Milliarden Dollar und verdoppelte den Gewinn des Vorjahres. Zur CeBIT 1994 brachte Intel den schnelleren und auf 163 Quadratmillimeter geschrumpften Pentium-S heraus. Er benötigte dank einer auf 3,3 Volt reduzierten Spannung weniger Strom als das Urmodell und entwickelte auch weniger Wärme. Dies und eine 150-Millionen-Dollar-Werbekampagne sorgten dafür, dass sich die Neuauflage gut verkaufte.

Prozessor des Typs Pentium-S (Foto Pauli Rautakorpi CC BY 3.0)

Dann schlug jedoch das Schicksal zu. Der Mathematikprofessor Thomas Nicely widmete sich in einem College im Bundesstaat Virginia der Zahlentheorie und stellte deshalb mit mehreren Computern Berechnungen an. Im Juni 1994 bemerkte er Unstimmigkeiten bei den Resultaten. Durch detektivische Kleinarbeit fand er den Grund: Ein System mit einem Pentium-Chip gab für Kehrwerte von zwölfstelligen Primzahlen falsche Werte an. Der Fehler trat erst ab der 9. Dezimalstelle auf, ließ sich aber nicht zum Verschwinden bringen.

Am 24. Oktober 1994 wandte sich Nicely an den Intel-Kundendienst, doch blieb zunächst eine Rückmeldung aus. Am 30. Oktober benachrichtigte er Kollegen und auch Journalisten. Am 2. November meldete sich ein Intel-Manager und teilte mit, dass der Fehler in der Firma bekannt wäre. Am nächsten Tag brachte die Post zwei frische Pentiums. Der Mathematiker tauschte die alten gegen die neuen Chips aus, und die Kehrwerte stimmten wieder. Am 7. November erschien ein Artikel in der Fachpresse, zwei Wochen später berichtete CNN.

Nun nahm das Unheil seinen Lauf. Intel versuchte, den Fehler und die Zahl der betroffenen User kleinzureden, doch am 12. Dezember widersprach IBM. Nach einigen Tagen rang sich die Intel-Spitze dazu durch, alle mangelhaften Pentiums zu ersetzen, und so geschah es auch. Mitte Januar nannte das Unternehmen einen Betrag von 475 Millionen Dollar für die Austauschaktion. Das war ein gutes Drittel der Einnahmen des vierten Quartals 1994. Neben dem Schaden hatte der Chip-Gigant den Spott zu ertragen: „Pentium inside – can´t divide“ war nur einer der damals gängigen Späße.

Die Ursache des Fehlers lag in einer Divisionsmethode, die der Pentium nutzte. Sie griff auf 1.066 Konstanten zurück, Zahlen zwischen 2 und -2. Beim Programmieren mancher Chips wurden fünf der Werte statt auf 2 auf Null gesetzt: der „Pentium Bug“ war geboren. Er ist inzwischen Geschichte; die heutigen Pentium-Prozessoren haben mit den alten nur noch den Namen gemein. Auf der langen Softwarefehler-Liste des Münchner Informatikers Thomas Huckle belegt der Pentium aber den hervorragenden zweiten Platz.

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